Antrag auf schlichte Änderung zur Korrektur von Steuerbescheiden
Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO können Steuerbescheide zum Vorteil des Steuerpflichtigen nur aufgehoben oder geändert werden, wenn dieser vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zustimmt oder einen Antrag auf Änderung stellt.
Die Aufhebung und Änderung zum Vorteil des Steuerpflichtigen ist möglich bei
- Bezeichnung „Antrag auf schlichte Änderung“,
- Erfassung materieller Fehler,
- Zustimmung oder Antrag auf Änderung durch den Steuerpflichtigen vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist (i. d. R. ein Monat).
Zum Nachteil des Steuerpflichtigen ist eine Änderung auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist möglich, wenn dieser dem zustimmt oder dies beantragt. Warum aber sollte ein Steuerpflichtiger einer nachteiligen Änderung zustimmen? Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige in der Zukunft Vorteile von der Änderung zu erwarten hat.
Die Aufhebung und Änderung zum Nachteil des Steuerpflichtigen ist möglich,
- unabhängig von der Rechtsbehelfsfrist,
- bei Vorliegen eines Antrags oder Zustimmung des Steuerpflichtigen,
- vor dem Ablauf der Festsetzungsverjährung.
Hinweis: Der Antrag auf schlichte Änderung kann formlos erfolgen, z. B. durch Telefonat, muss aber einen Mindestinhalt haben.
In der Steuerberatungspraxis ist es nicht unüblich, dass Einsprüche mit dem Hinweis, die Begründung des Einspruchs erfolge später, erhoben werden. Zweck ist, dass die Einspruchsfrist von einem Monat nach dem Tag der Bekanntgabe eingehalten wird. Beim Antrag auf schlichte Änderung muss die Begründung mitgeliefert werden, sonst ist der Antrag wegen Unbestimmtheit unwirksam.
Hinweis: Eine klare Bezeichnung im Anschreiben (Einspruch, Antrag auf schlichte Änderung) verhindert die Auslegung durch das Finanzamt und schafft Rechtssicherheit.
Die Unterscheidung zwischen „Antrag auf schlichte Änderung“ und „Einspruch“ ist somit aufgrund der Folgewirkungen wichtig.
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Antrag auf schlichte Änderung |
Einspruch |
Formfreiheit |
Formlos, Protokollpflicht im Finanzamt |
Schriftform, E-Mail |
Begründung nach Einspruchsfrist führt zur |
Unwirksamkeit des Antrags |
Wirksamkeit des Einspruchs (keine Beeinträchtigung) |
Verböserung möglich? |
Antragswidrige Verschlechterung nicht möglich |
Verschlechterung möglich. Aber Einspruchsführer kann Einspruch zurücknehmen, wenn das Finanzamt pflichtgemäß die Verböserung angedroht hat. |
Bei Untätigkeit des Finanzamts |
Untätigkeitseinspruch |
Untätigkeitsklage |
Aussetzung der Vollziehung möglich? |
Nein, lediglich Stundung |
Ja, nur im Zusammenhang mit einem Einspruch |
Erweiterung möglich, wenn der Steuerpflichtige eine weitere Änderung begehrt? |
Nein, da nur die ursprüngliche Änderung berücksichtigt werden kann. Allerdings ist eine Mitberichtigung nach § 177 AO durch das Finanzamt immer möglich (Berichtigung materieller Fehler) |
Ja, da der gesamte Fall beim Einspruch betrachtet wird |
Hinweis: Einspruch und schlichte Änderung haben Vor- und Nachteile. Als großer Vorteil der schlichten Änderung ist oftmals zu lesen, dass der komplette Fall durch das Finanzamt nicht aufgerollt wird und es zu keiner Verböserung kommen kann. Eine Verböserung kann jedoch auch durch Rücknahme des Einspruchs abgewendet werden. Das Finanzamt hat auf die Verböserung hinzuweisen.
Stimmt das Finanzamt nur einem Teil des Änderungsantrags zu, darf es dennoch keinen Teiländerungsbescheid erlassen. Zur Wahrung der Rechte des Steuerpflichtigen ist daher der Einspruch das richtige Mittel.
Hinweis: Nacherklärungen nach § 153 AO, die Abgabe der Steuererklärung nach einem Schätzbescheid oder Selbstanzeigen (§§ 371, 378 AO) stellen keinen Antrag auf schlichte Änderung dar.
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