Die Zuständigkeiten der Finanzämter

Das Grundgesetz bestimmt, welche Finanzbehörde welche Steuerarten verwaltet. So obliegt gem. Art. 108 Grundgesetz der Bundesfinanzbehörde z. B. die Verwaltung der Zölle, Verbrauchsteuern sowie der Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft und der Landesbehörde die bundes- und landesgesetzlich geregelten Besitz- und Verkehrsteuern. Dabei sind die Länder befugt, örtliche Verbrauchs- oder Aufwandsteuern, die den Gemeinden zufließen, auch durch diese verwalten zu lassen. Weil die verschiedenen Behörden sowohl das Recht als auch die Pflicht haben, die ihnen zugewiesenen Aufgaben auszuführen, ist die Zuständigkeit der Finanzbehörden nach sachlichen und örtlichen Aspekten aufgegliedert. Neben dem Grundgesetz sind hierbei das Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG) als auch die Abgabenordnung (AO) zu beachten.

Die sachliche Zuständigkeit

Die Tätigkeitsbereiche der einzelnen Finanzbehörden werden entsprechend der zuvor genannten Rechtsvorschriften und des § 16 AO der Sache nach aufgeteilt. Daraus ergibt sich für die Hauptzollämter als örtliche Bundesbehörden u. a. die Verwaltung der Zölle und der Einfuhrumsatzsteuer, die zollamtliche Überwachung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs oder die Bekämpfung der Schwarzarbeit (§ 12 Abs. 2 FVG). Den Finanzämtern als örtliche Landesbehörden wird hingegen i. S. d. § 17 Abs. 2 FVG die Verwaltung der Steuern mit Ausnahme der Kraftfahrzeugsteuer, wie Besitzsteuern (z. B. Einkommen- oder Körperschaftsteuer) und Verkehrsteuern (z. B. Umsatzsteuer) zugesprochen.

Beachte

Ein Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit kann bei schwerwiegenden Fehlern zur Nichtigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes (§ 125 AO) führen.

Beispiel

Die Gemeinde erlässt einen Körperschaftsteuerbescheid. Der Körperschaftsteuerbescheid wurde von einer nicht sachlich zuständigen Behörde erlassen. Folglich ist der Verwaltungsakt gem. § 125 Abs. 1 AO nichtig und lt. § 124 Abs. 3 AO unwirksam.

Die örtliche Zuständigkeit

 Eine Vielzahl an Finanzämtern sind in der Lage auf denselben Abgabengebieten Steuern festzusetzen, zu erheben und zu verwalten. Hier erfolgt lt. §§ 17 ff. AO und einigen Sonderbestimmungen in den Einzelsteuergesetzen eine räumliche Abgrenzung in den Tätigkeitsfeldern der gleichartigen Finanzbehörden. Jeder Finanzbehörde wird ein Bezirk zugeordnet, für den es tätig wird. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich folglich u. a. nach dem Wohnsitz des Steuerpflichtigen, dem Ort der Geschäftsleitung, der Lage des Steuergegenstandes oder dem Ort der Einkünfteverwaltung. Dabei ist zu unterscheiden, ob Steuererklärungen für eine Steuerart oder Feststellungserklärungen über Besteuerungsgrundlagen beim zuständigen Finanzamt einzureichen sind.

Die Zuständigkeit der Finanzämter nach der Steuerart

Die Zuständigkeit für die Einkommensteuer

Für die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen ist nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich das Wohnsitzfinanzamt örtlich zuständig, das nach dem Wohnsitz (§ 8 AO) oder dem gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO ) bestimmt wird.

Beispiel 1

Der Angestellte A. Schreiber wohnt in einer Eigentumswohnung in Erfurt.

Herr Schreiber hat seinen Wohnsitz (§ 8 AO) in Erfurt. Er reicht seine Einkommensteuererklärung beim Wohnsitzfinanzamt Erfurt lt. § 19 Abs. 1 Satz 1 AO ein.

Beispiel 2

Der polnische Gastarbeiter Miron wohnt bei einer befreundeten Familie in Aachen, da er noch keine eigene Wohnung innehat, aber schon über einen einjährigen Arbeitsvertrag bei einem Bauunternehmer in Aachen verfügt.

Weil sich Miron über einen zusammenhängenden Zeitraum von mehr als 6 Monaten in Aachen aufhält, begründet er einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO ) in Deutschland. Für seine Einkommensteuererklärung ist das Wohnsitzfinanzamt Aachen lt. § 19 Abs. 1 Satz 1 AO zuständig.

Verfügt ein Steuerpflichtiger über mehrere Wohnsitze, so ist nach § 19 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. AO für die örtliche Zuständigkeit der Wohnsitz entscheidend, an dem sich der ledige Steuerpflichtige überwiegend aufhält; bei verheirateten oder in einer Lebenspartnerschaft lebenden Steuerpflichtigen, die nicht dauernd getrennt leben, der Wohnsitz, an dem sich die Familie regelmäßig befindet (§ 19 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. AO).

Ist eine natürliche Person beschränkt einkommensteuerpflichtig, weil sie weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland vorweisen kann, aber inländische Einkünfte gem. § 49 EStG erzielt, so ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das Vermögen bzw. der wertvollste Teil des Vermögens befindet (§ 19 Abs. 2 Satz 1 AO).

Beispiel 3

Der Schweizer Unternehmer Urs betreibt in Leipzig eine Flugzeuggesellschaft und in Nürnberg ein Autohaus. Das Betriebsvermögen des Autohauses beträgt 2 Mio. € und der Flugzeuggesellschaft 10 Mio. €.

Örtlich zuständig ist lt. § 19 Abs. 2 Satz 1 AO das Finanzamt Leipzig, weil sich dort der wertvollste Teil des Vermögens befindet.

Das Wohnsitzfinanzamt ist örtlich nicht zuständig, wenn sich innerhalb der Wohnsitzgemeinde mehrere Finanzämter befinden und der Steuerpflichtige mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ) zwar innerhalb der Wohnsitzgemeinde, aber in einem Bezirk eines der anderen Finanzämter tätig ist. Zuständig ist dann gem. § 19 Abs. 3 Satz 1 AO das Finanzamt, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seine Gewinneinkunftsart ausübt.

Beispiel 4

Der Unternehmer Frank Nadelöhr betreibt seine Schneiderei im Bezirk des Finanzamtes Berlin-Charlottenburg. Er bewohnt im Bezirk des Finanzamtes Berlin-Spandau ein Einfamilienhaus und ist Kommanditist an der Design-KG. Die KG hat ihren Sitz im Bezirk des Finanzamtes Berlin-Wedding.

Grundsätzlich ist das Wohnsitzfinanzamt Berlin-Spandau lt. § 19 Abs. 1 Satz 1 AO örtlich zuständig. Mit der Schneiderei erzielt Nadelöhr Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Diese Gewinneinkünfte fallen lt. Sachverhalt im Bezirk des Finanzamtes Berlin-Charlottenburg an. Damit ist das Finanzamt Berlin-Charlottenburg nach § 19 Abs. 3 Satz 1 AO örtlich zuständig. Die Beteiligungseinkünfte finden hier hinsichtlich der räumlichen Einordnung keine Beachtung, weil sie gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 AO nicht die einzigen Gewinneinkünfte sind.

Erzielen Ehegatten, bei denen das Ehegattenwahlrecht i. S. d. § 26 EStG zutrifft, mehrere Einkünfte in verschiedenen Finanzamtsbezirken einer Wohnsitzgemeinde, ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Gewinneinkünfte bezogen werden. Die Ehegatten werden wie ein Steuerpflichtiger behandelt (§ 19 Abs. 4 AO).

Den vollständigen Beitrag finden Sie unter KIEHL GAAAH-52732 in der NWB Datenbank.

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