Finanzkennzahlen richtig interpretieren: So steigen Sie schnell in die betriebswirtschaftliche Beratung ein

Kennzahlen sind für Ihre betriebswirtschaftliche Beratung das A & O. Denn sie geben einen schnellen Überblick über mögliche Stärken und Schwächen im Unternehmen und damit gute Ansatzpunkte für weitergehende Beratungen. Traditionell am bedeutendsten sind Finanzkennzahlen.

Sie fließen häufig in das Rating eines Betriebs ein und spielen bei Kreditverhandlungen eine Rolle. Was diese aussagen und vor allem wie Sie diese interpretieren und einordnen können, zeigen wir am Beispiel der Finanzkennzahl „Gesamtkapitalrendite“.

Aussagekraft und Berechnung der Gesamtkapitalrendite

Mit Rentabilitätskennzahlen werden Aussagen darüber getroffen, wie es um die Ertragskraft eines Unternehmens bestellt ist. Die Gesamtkapitalrentabilität oder -Rendite (GK-Rendite) bzw. Unternehmungsrentabilität drückt aus, wie sich das gesamte in einem Unternehmen eingesetzte Kapital verzinst. Es wird folgende Frage beantwortet:  „Wie effizient hat ein Betrieb mit dem von ihm insgesamt eingesetzten Kapital gearbeitet?“  Mit der Gesamtkapital-Rendite werden die Interessen aller Kapitalgeber eines Betriebes berücksichtigt.

Zur Berechnung: Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen, wird der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag nach Steuern um Zinszahlungen erweitert. Die Zinsen als „Gewinnanspruch“ der Fremdkapitalgeber müssen zum Gewinn, der Vergütung für die Eigenkapitalgeber, addiert werden. Denn sie wurden im gleichen Zeitraum erwirtschaftet, aber bereits vom Gewinn abgezogen. Im Vergleich mehrerer Jahre lässt sich somit gut erkennen, wie leistungsfähig das Unternehmen ist und ob es in der Lage ist, diese Leistungsfähigkeit auszubauen. Außerdem sind relativ gute Vergleiche mit anderen Betrieben möglich.

GK-Rendite = (Gewinn + Fremdkapitalzinsen) • 100
Gesamtkapital (Eigen- + Fremdkapital)

Beispiel: Ein Unternehmen erzielt einen Gewinn von 100.000 € und muss 20.000 € Zinsen bezahlen. Das im Betrieb gebundene Gesamtkapital beläuft sich auf 1 Mio. €. Damit beträgt die GK-Rendite 12 %.

Vor- und Nachteile

Die Kennzahl GK-Rendite ist mit einigen Vor- und Nachteilen verbunden:

Vorteile:

  • Gute Aussagekraft hinsichtlich der Verzinsung des letzten Gesamtkapitals.
  • Berücksichtigt die Interessen aller Kapitalgeber eines Unternehmens.
  • Gute Vergleichbarkeit innerhalb der Branche (zum Teil auch branchenübergreifend) möglich.
  • Relativ einheitliche Zusammensetzung der Kennzahl mit nur wenigen „Varianten“.
  • Bessere Aussagekraft als Eigenkapitalrentabilität, da diese umso größer ist, je niedriger der Eigenkapitalanteil ist. Für gute Rating-Noten werden von Investoren aber Eigenkapitalanteile ab ca. 20 % bis 25 % erwartet.

Nachteile:

  • Kennzahl kann durch Bilanzpolitik gezielt beeinflusst werden, z. B. durch die Wahl von Abschreibungsmethoden und Nutzungszeiten einzelner Güter.
  • Aussagekraft vor allem bei Wachstumswerten und Dienstleistern oft eingeschränkt, wenn diese weniger Werte haben, die nicht in der Bilanz aktiviert werden müssen, sondern als Aufwand in der GuV erscheinen. Unternehmen mit einem typischerweise hohen notwendigen Anlagevermögen (u. a. allgemein verarbeitendes Gewerbe, Industrie) werden tendenziell benachteiligt, da sie nur wenige Möglichkeiten haben, die Kapitalbindung (Gesamtkapital) zu reduzieren.
  • Bei Bilanzierung nach HGB und IFRS kann es unter Umständen zu unterschiedlich hohen Gesamtkapitalrenditen kommen.

Interpretation und Einordnung

Mit der GK-Rendite wird ausgedrückt, wie viel Prozent oder Euro Rendite erzielt werden, wenn man dem Unternehmen Kapital zuführt.

Beispiel:  Beläuft sich die GK-Rendite auf 10 %, werden 10 € Gewinn erzielt, wenn man dem Betrieb zuvor 100 € Kapital zugeführt hat.

Interpretation aus Investorensicht

Aus Sicht von Banken und Investoren gelten folgende Orientierungswerte für gute bzw. weniger gute Ausprägungen, z. B. im Rahmen der Unternehmensbewertung für ein Rating oder in Kreditverhandlungen:

   Orientierungswerte für die GK-Rendite (eigene Erfahrungen) 

   Einordnung 

   Werte 

 sehr gut

 > 15 %

 gut

 > 12 %

 mittel

 > 8 %

 schlecht

 > 3 %

 ungenügend

 <3 %

Berücksichtigen Sie, dass es sich bei den o. g. Angaben um Richtwerte handelt, die sich von Bank zu Bank unterscheiden können. Es empfiehlt sich daher, dass Ihr Mandant mit seiner Bank bzw. seinen Instituten rechtzeitig Kontakt aufnimmt, um deren Einordnungen in Erfahrung zu bringen.

Interpretation aus Unternehmersicht

Aus unternehmerischer bzw. betriebswirtschaftlicher Sicht sollte die GK-Rendite über mehrere Jahre gesehen größer sein als der Zinssatz, den man für risikoarme Anlagen plus einem Risikozuschlag erhält (Mindestrendite). Gängige Werte für Mindestrenditen liegen aktuell bei rund 6 - 10 %.

  • Fällt die GK-Rendite dauerhaft unter diese Werte, ist es zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht theoretisch besser, das Unternehmen zu verkaufen und das Geld z. B. am Aktienmarkt zu investieren.
  • Liegt die GK-Rentabilität umgekehrt über den Fremdkapitalzinsen, so wird ein höherer Gewinn erreicht, als an Fremdkapitalgeber zu zahlen ist.
  • Bewegt sich die GK-Rentabilität längerfristig auf oder gar unter dem Niveau des Fremdkapitalzinses, heißt das für Eigentümer, dass sie ihr unternehmerisches Risiko nicht adäquat bezahlt bekommen. Für Fremdkapitalgeber bedeutet eine derart niedrige GK-Rendite, dass sie stets das Risiko eingehen, dass die erwirtschafteten Gewinne noch nicht einmal genügen, um die Kreditzinsen aus dem laufenden Geschäft zu bezahlen.

Branchenspezifische Unterschiede

Bei der GK-Rentabilität gibt es Branchenunterschiede, wobei die Einteilung meist recht grob ist. Beispiele  (Durchschnittswerte, Quelle: Handelskammer Hamburg):

  • Handel: etwa 8,5 %,
  • Verkehrs- und Lagerwesen: knapp 5 %,
  • Dienstleistungen: ca. 7,5 %,
  • verarbeitendes Gewerbe: rund 7 %.

Die durchschnittliche GK-Rentabilität im deutschen Mittelstand liegt bei etwas über 10 % und hat im Laufe der letzten Jahre leicht zugenommen  (Quelle: statista.com).

Ausgewählte Verbesserungsmöglichkeiten

Die GK-Rendite lässt sich u. a. mit folgenden Maßnahmen verbessern:

  1. Steigerung des Jahresüberschusses:  z. B. durch Umsatzwachstum (u. a. neue Produkte, Erschließung neuer Märkte, Kundengruppen und/oder Vertriebskanäle), Kostenreduzierungen (u. a. Materialsubstitution, Preisverhandlungen, stärkere Nutzung Teilzeitkräfte, Leiharbeiter, Fremdarbeiten) oder Produktivitätssteigerungen wie Ablaufverbesserungen und Einsatz modernerer IT/EDV.
  2. Reduzierung der Kapitalbindung:  z. B. durch Abbau von Forderungen und/oder Vorräten. Auch eine Reduzierung des Anlagevermögens erfüllt diesen Zweck (u. a. Verkauf nicht mehr benötigter Güter oder Auslagerung von Tätigkeiten mit hoher Kapitalbindung).
  3. Reduktion der Zinsen:  z. B. durch Umschuldungen, härtere Verhandlungen, Bankenwechsel.
NWB Betriebswirtschaftliche Beratung | Der digitale Werkzeugkasten für Berater.
Für jede Steuerkanzlei die passende Datenbank!

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.