Die wichtigsten Kennzahlen für Ihre Steuerberatungskanzlei

Als betriebswirtschaftlicher Berater kennen Sie viele Kennzahlen und setzen diese bei Ihren Mandanten zur Unternehmenssteuerung ein. Doch machen Sie das auch in Ihrer eigenen Kanzlei?

Die Inzidenzen steigen wieder, und die Kanzleiführung schiebt immer noch Berge an Arbeit vor sich her! Ordnung im Arbeitsablauf in der gewohnten Form gibt es noch lange nicht. Die zusätzlichen Aufgaben in der Corona-Pandemie haben unweigerlich zu Rückständen in der Abarbeitung der Aufträge bei Steuerberatungskanzleien geführt. Auch der übliche Rechnungsausgang ist ins Stocken geraten. Es stellt sich die Frage, ob die zusätzlich zu erledigenden Aufgaben den gleichen Deckungsbeitrag und die gleiche Liquidität erreichen wie die bisherigen. Umso mehr gewinnt das Controlling an Bedeutung. In der Steuerberatungskanzlei (ebenso wie in anderen vergleichbaren beratenden Berufen) spielen andere Kennzahlen eine Rolle als üblicherweise in den Auswertungen verfügbar sind (Kennzahlen zur Erfolgs-, Ertrags- und Liquiditätslage). Die BWA spiegelt nicht immer das wider, was in der täglichen Arbeit passiert. Die Kanzleiführung, die sich lediglich darauf verlässt, dass die Entnahmen gedeckt sind, erkennt die Problematik sicher zu spät.

Wenige, aber passgenaue Kennzahlen

Im Ergebnis kommt es auf die Kennzahlen an, die die eigene Leistungserbringung maßgeblich widerspiegeln. Diese sind nicht immer im Rahmen der EDV-Systeme schnell verfügbar. Dennoch sollten sie der erfolgsorientierten Kanzleileitung bekannt sein, um wenigstens quartalsweise die Leistungskraft zu kontrollieren.

Praxishinweis: Eine Beschränkung ist in der aktuell ohnehin knappen Zeit unumgänglich. Es kommt nicht auf möglichst viele Werte an. Fünf bis sechs Kennzahlen reichen i. d. R. aus.

Welche Kennzahlen sollten Sie sich anschauen?

  • Produktionsquote: Die Produktionsquote ist das Verhältnis der abgerechneten zu den als Arbeitsleistung geschuldeten Zeiten: Output zu Input unter ausschließlicher Betrachtung des Personaleinsatzes. Welcher Wertschöpfungsprozess betroffen ist, spielt keine Rolle. Alles, was im Rahmen der Rechnungsstellung verarbeitet wird, sind Produktivzeiten – der Rest sind nicht verrechnete bzw. unproduktive Zeiten.
  • Nicht verrechnete Zeiten: Die nicht zu verrechnenden Zeiten (dies sind keine Fehlzeiten wie Feiertage, Urlaub oder Krankheit, da diese nicht verrechnet werden können) sind das Korrelativ zur Produktionsquote. Während die Produktionsquote kanzleibezogen zu bewerten ist, sind nicht verrechnete Zeiten eher auf Gruppen- oder Mitarbeiterebene zu prüfen. Hier kommt es darauf an, genau hinzusehen und insbesondere die Kontierung zu prüfen.
  • Halbfertige Leistungen: Soweit die halbfertigen bzw. unfertigen Leistungen sogar monatlich gebucht werden, liegt ausreichendes Zahlenmaterial vor. I. d. R. werden bei vielen Kanzleien aber nur offene und abgerechnete Zeiten bekannt sein, die noch zu bewerten sind. Dann stellt sich die Frage nach dem richtigen Stundensatz.
  • Fertigstellungsquote: Bei den Jahresabschlussarbeiten erreicht die Fertigstellungsquote ihre hohe Bedeutung. Im Rahmen der Fortschrittskontrolle ist sie aufgrund des Umsatzvolumens aber die entscheidende Kennzahl.
  • Rechnungsausgang: Der Rechnungsausgang zeigt die zukünftige Liquidität. Managementinformationssysteme bilden i. d. R. die drei Säulen Auftragseingang, Rechnungsausgang und abgerechnetes Ergebnis ab. Der Auftragseingang ist in Steuerberatungskanzleien relativ konstant und muss nicht laufend überwacht werden. Wenn ein Mandat verloren oder gewonnen wird, muss die Kanzleiführung sich das mitarbeiterbezogen ansehen. Die BWA wird von der Führung i. d. R. immer kontrolliert. Oft wird jedoch der Rechnungsausgang vergessen. Mit ihm kann die künftige Liquidität überwacht werden – solange die Forderungsausfallquote gering bleibt.
  • Kanzleiresiduum: In der Steuerberatung wird meist die Differenz zwischen Gebühren und den mit Stundensatz bewerteten Produktivzeiten als Deckungsbeitrag verstanden. Wenn der Stundensatz nach Vollkosten oder differenzierter berechnet wurde und ein Gewinnzuschlag einbezogen ist, hat dies mit der ursprünglichen Definition des Deckungsbeitrags nicht mehr viel zu tun. Es geht dann nicht mal mehr um den Nettoerfolg, sondern um die verbleibende Über- oder Unterdeckung. Wir nennen es Kanzleiresiduum, das nicht mit dem Residualgewinn verwechselt werden darf, da dieser Begriff anders definiert ist.

Fazit

Aktuell muss die Kanzleiführung die Kennzahlen mehr als sonst im Blick haben, Abweichungen identifizieren und die Richtungsänderung unterstützen. Insbesondere die stark gestiegenen Beratungszeiten sind laufend zu prüfen. Wenn nötig, sind kurzerhand Abschlagsrechnungen zu erstellen, um die Liquidität sicherzustellen, auch wenn das in der Kanzlei sonst nicht üblich ist.

Die Fertigstellungsquote muss im Auge behalten werden, da die Zusatzzeit für den VAZ 2020 nicht gerade üppig ist und der Rückstand irgendwie aufgeholt werden muss. Rechtzeitig ist zu prüfen, ob mit der vorhandenen Kapazität das Ziel 31.5.2022 erreichbar oder einfach nicht zu schaffen ist. Dann gilt es, Handlungsspielräume zu eruieren und Lösungen zu erarbeiten.

Bis neue Mitarbeiter gefunden werden und eingearbeitet sind, vergeht leider zu viel Zeit. Umso wichtiger ist die rechtzeitige zielweisende Entscheidung für Umorganisation oder Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Weitere Hinweise zu den einzelnen Kennzahlen und zu ihren anzustrebenden Idealwerten lesen Sie im Beitrag von Weber, NWB-BB 10/2021 S. 295, NWB SAAAH-89866.

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