Online-Nachricht - Donnerstag, 30.06.2022

Umsatzsteuer | Zuordnung einer gemischt genutzten Photo­voltaik­anlage (BFH)

Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH, Urteil v. 7.7.2011 - V R 42/09, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich. Liegen innerhalb der Dokumenta­tionsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhalts­punkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden. Die Tatsache, dass im Lauf des Jahres, in dem eine Photov­oltaik­anlage erworben wurde, ein Vertrag mit dem Recht zum Weiter­verkauf des gesamten von der Anlage erzeugten Stroms zuzüglich Umsatz­steuer abgeschlossen wurde, ist ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die Photo­voltaik­anlage dem Unternehmen voll zugeordnet hat (BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 29/21 (XI R 7/19); veröffentlicht am 30.6.2022).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beteiligten streiten über den Vorsteuer­abzug aus der Errichtung einer Photovoltaik­anlage. Der Kläger hatte im Streitjahr 2014 eine Photovoltaikanlage erworben. Den erzeugten Strom nutzte er zum Teil selbst, zum Teil speiste er ihn bei einem Energie­versorger ein. Der Einspeisevertrag mit X vom 25.09.2014 sieht für den gelieferten Strom eine Vergütung pro kWh zuzüglich Umsatzsteuer vor. Am 29.2.2016 gab der Kläger die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2014 ab und machte Vorsteuerbeträge i. H. von rund 1.500 € geltend. Vor der Abgabe seiner Umsatz­steuer­erklärung hatte der Kläger gegenüber dem FA keine Angaben zu der Photovoltaik­anlage gemacht. Das FA versagte den Vorsteuerabzug aus der Rechnung über die Lieferung der Photovoltaik­anlage, weil der Kläger die Zuordnungs­entscheidung nicht rechtzeitig getroffen habe. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 12.9.2018 - 14 K 1538/17, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 18.11.2019).

Der BFH setzte das Verfahren mit Beschluss v. 18.9.2019 - XI R 7/19 aus und legte dem EuGH diverse Fragen zur unionsrechtskonformität der Ausschlussfrist für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmens­vermögen zur Vorabentscheidung vor (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.1.2020 m. Anm. Nacke).

Der EuGH entschied in seinem Urteil v. 14.10.2021 - Rs. C-45/20 "E" und C-46/20 "Z", dass es grundsätzlich nicht unionsrechtswidrig sei, dem Steuerpflichtigen eine Frist für die Dokumentation seiner Zuordnungs­entscheidung zu setzen und, sofern die Finanzverwaltung bis zum Ablauf dieser Frist nicht in die Lage versetzt wird, eine solche Zuordnung festzustellen, den Vorsteuer­abzug zu verwehren. In diesen Fällen könne dann unionsrechtskonform von einer Zuordnung des Gegenstands zum Privatvermögen ausgegangen werden. Allerdings stellt der EuGH klar, dass diese Vorgaben an die Dokumentation einer Zuordnung nur dem Grundsatz nach unionsrechts­konform seien, im Hinblick auf deren Verhältnis­mäßigkeit aber einer weiteren Überprüfung durch die nationalen Gerichte bedürften (s. hierzu Masuch, NWB 45/2021 S. 3296 sowie Walkenhorst, USt direkt digital 22/2021 S. 11).

Nach Ergehen des EuGH-Urteils v. 14.10.2021 - Rs. C-45/20 "E" und C-46/20 "Z" führen die Richter des BFH nunmehr weiter aus:

  • Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH, Urteil v. 7.7.2011 - V R 42/09, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich.
  • Liegen innerhalb der Dokumen­tationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.
  • Die Tatsache, dass im Lauf des Jahres, in dem eine Photovoltaikanlage erworben wurde, ein Vertrag mit dem Recht zum Weiterverkauf des gesamten von der Anlage erzeugten Stroms zuzüglich Umsatzsteuer abgeschlossen wurde, ist ein Indiz dafür, dass der Steuerpflichtige die Photovoltaik­anlage dem Unternehmen voll zugeordnet hat.

 
Hinweis: Ebenfalls mit Urteil v. 4.5.2022 hat der XI. Senat des BFH zur Zuordnung eines in Bauplänen mit "Arbeiten" bezeichneten Zimmers zum Unternehmen entschieden. Lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.6.2022).

Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 29/21 (XI R 7/19); NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Prof. Dr. Alois Nacke gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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