Online-Nachricht - Donnerstag, 06.02.2020

Umsatzsteuer: Gesamtumsatz des Kleinunternehmers bei Differenzbesteuerung (BFH)

Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) ist bei einem Händler, der der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) unterliegt, nicht auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne), sondern auf die Gesamteinnahmen abzustellen (BFH, Urteil v. 23.10.2019 - XI R 17/19 (XI R 7/16); veröffentlicht am 6.2.2020).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger ist Gebrauchtwagenhändler. Seine in 2009 und dem Streitjahr 2010 ausgeführten Umsätze betrugen bei einer Ermittlung nach vereinnahmten Entgelten 27.358 € bzw. 25.115 €. Die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage ermittelte der Kläger gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach dem Differenzbetrag (Handelsspanne) mit 17.328 € (2009) bzw. 17.470 € (Streitjahr). Er nahm in seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr deshalb an, dass er Kleinunternehmer i.S. von § 19 Abs. 1 UStG sei.

Das FA versagte dagegen die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, da der Gesamtumsatz des Klägers in dem vorangegangenen Kalenderjahr 2009 gemessen an den vereinnahmten Entgelten über der Grenze von 17.500 € gelegen habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (FG Köln, Urteil v. 13.4.2016 - 9 K 667/14, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.7.2016).

In der darauffolgenden Revision setzte der BFH das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob für die Kleinunternehmerregelung in Fällen der sog. Differenzbesteuerung auf die Handelsspanne abzustellen ist (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 13.6.2018).

Der EuGH urteilte, dass zur Ermittlung des maßgeblichen Umsatzes für die Kleinunternehmeregelung bei Wiederverkäufern nicht auf die Handelsspanne, sondern auf die vereinnahmten Gesamtbeträge abzustellen ist (EuGH, Urteil v. 29.7.2019 - C-388/18, s. auch Oldiges, NWB 36/2019 S. 2614 sowie Walkenhorst, USt direkt digital 16/2019 S. 11).

Hierzu führten die Richter des BFH nunmehr weiter aus:

  • § 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG sind unionsrechtlich nicht dahingehend auszulegen, dass zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen bei einem Fall wie dem vorliegenden auf die Summe der Differenzbeträge i.S. des § 25a Abs. 3 UStG abzustellen ist, unabhängig von der Höhe der vereinnahmten Entgelte.

  • Nach Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL setzt sich der Umsatz, der bei der Anwendung der Sonderregelung für Kleinunternehmen zugrunde zu legen ist, aus dem Betrag ohne Mehrwertsteuer der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammen, soweit diese besteuert werden.

  • Im vorliegenden Fall hat der EuGH zu Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL festgestellt, dass sich der Umsatz des Steuerpflichtigen schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung aus dem Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer der besteuerten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammensetzt, wobei sich das Wort "besteuert" aber nicht auf das Wort "Betrag", sondern auf "Lieferungen" oder "Leistungen" bezieht.

  • Er hat entschieden, dass eine wörtliche Auslegung von Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL deshalb impliziert, dass der Gesamtbetrag der von den steuerpflichtigen Wiederverkäufern ausgeführten Lieferungen und nicht deren Handelsspanne den Umsatz darstellt, der für die Anwendbarkeit der Sonderregelung für Kleinunternehmen zugrunde zu legen ist.

  • Diese Auslegung wird - wie der EuGH ferner festgestellt hat - durch die Systematik, die Entstehungsgeschichte und die Zielsetzung der Mehrwertsteuerrichtlinie bestätigt.

  • Danach ist der Umsatz, der i.S. von Art. 288 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL für die Anwendbarkeit der Sonderregelung für Kleinunternehmen auf einen i.S. von Art. 315 MwStSystRL der Differenzbesteuerung bei steuerpflichtigen Wiederverkäufern unterliegenden Steuerpflichtigen zugrunde zu legen ist, auf der Grundlage aller von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne Mehrwertsteuer zu ermitteln, unabhängig von den Modalitäten, nach denen diese Beträge tatsächlich besteuert werden (vgl. EuGH, Urteil v. 29.7.2019 - C-388/18, Rz 36 ff.).

 
Quelle: NWB Datenbank (il)

 

 

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