Online-Nachricht - Donnerstag, 29.10.2020
Lohnsteuer | Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern (BFH)
Der Arbeitgeber als Halter eines Kfz leistet die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer erteilten Verwarnung (Parkverstoß) auf eine eigene Schuld. Die Zahlung führt daher nicht zu Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers (BFH, Urteil v. 13.8.2020 - VI R 1/17; veröffentlicht am 29.10.2020).
Sachverhalt: Das klagende Unternehmen betreibt einen Paketzustelldienst. Es hat in mehreren Städten (kostenpflichtige) Ausnahmegenehmigungen erwirkt, die ein kurzfristiges Halten der Auslieferungsfahrzeuge zum Be- und Entladen in Halteverbots- und Fußgängerzonen gestatten. Sofern eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich ist, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Interesse der Kunden hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten. Das Unternehmen trägt die dem Fahrer gegenüber festgesetzten Verwarnungsgelder. Das beklagte FA behandelte die Übernahme der Verwarnungsgelder - einer geänderten Rechtsprechung des BFH folgend - als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn der Fahrer (s. unsere Online-Nachricht v. 19.1.2017).
Das FG Düsseldorf, Urteil v. 4.11.2016 - 1 K 2470/14 L hatte darauf abgestellt, dass es bereits an einem Zufluss von Arbeitslohn auf Seiten der Arbeitnehmer fehlt. Denn die Klägerin erfüllt mit der Zahlung der Verwarnungsgelder lediglich eine eigene Verbindlichkeit. Zwar haben die Fahrer die Ordnungswidrigkeit begangen, die Verwarnungsgelder sind jedoch unmittelbar gegenüber dem Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt worden.
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
- Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Zahlung des Verwarnungsgeldes auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Die Klägerin als Betroffene hat die Verwarnung durch Zahlung des Verwarnungsgeldes sich gegenüber wirksam werden lassen.
- Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem BFH, Urteil v. 7.7.2004 - VI R 29/00 zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn dort wurde bindend festgestellt, dass die Klägerin die Zahlung von Verwarnungsgeldern übernommen hatte, die von den bei ihr beschäftigten Fahrern wegen Verletzungen des Halteverbots erhoben worden waren. Auch im BFH, Urteil v. 14.11.2013 - VI R 36/12 ging es um die Übernahme von gegen die Arbeitnehmer verhängten Bußgeldern.
- Der Erlass einer Forderung (§ 397 Abs. 1 BGB), die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, kann Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen (BFH, Urteil v. 27.3.1992 VI R 145/89 und BFH, Urteil v. 24.5.2007 VI R 73/05). Einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt es auch dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt (BFH, Urteil v. 27.3.1992 - VI R 145/89 und BFH, Urteil v. 24.5.2007 - VI R 73/05).
- Der BFH verweist zurück an das FG: Es kann nicht abschließend geprüft werden, ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass es am Zufluss eines geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern der Klägerin fehlt. Dass es sich bei den zugrundeliegenden Parkverstößen um Ordnungswidrigkeiten im absoluten Bagatellbereich handelt, spielt nach dem BFH für die Beurteilung, ob Arbeitslohn vorliegt, keine Rolle.
Quelle: BFH Pressemitteilung v. 29.10.2020, BFH, Urteil v. 13.8.2020 - VI R 1/17; NWB Datenbank (JT)