Online-Nachricht - Donnerstag, 28.01.2021

Verfahrensrecht | Gemeinnützigkeit und politische Betätigung (BFH)

Einflussnahme auf politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist kein eigenständiger gemeinnütziger Zweck i.S. von § 52 AO. Dies hat der BFH im zweiten Rechtgang als Folgeentscheidung zum sog. "attac-Urteil" (BFH, Urteil v. 10.1.2019 - V R 60/17) entschieden (BFH, Beschluss v. 10.12.2020 - V R 14/20; veröffentlicht am 28.1.2021).

Bisheriger Verfahrensverlauf: Zunächst hatte der 4. Senat des Hessischen FG im ersten Rechtsgang die Gemeinnützigkeit bejaht. Der BFH hatte das Urteil aufgehoben und die Sache an das Hessische FG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. In seinem Urteil (BFH, Urteil v. 10.1.2019 - V R 60/17) hatte der BFH insbesondere ausgeführt, das Hessische FG habe die Begriffe der „Volksbildung“ (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO), worunter auch die politische Bildung fällt, und des „demokratischen Staatswesens“ (§ 52 Abs. 2 Nr. 24 AO) zu weit ausgelegt. Mit der Entscheidung vom 26.2.2020 hat das FG Hessen nun unter Beachtung der vom BFH aufgestellten Kriterien die Gemeinnützigkeit verneint und die Klage abgewiesen (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 27.2.2020).

Der BFH wies die Revision zurück und führte aus:

  • Er verweist zunächst auf die aus § 126 Abs. 5 FGO folgende Bindungswirkung des in dieser Sache bereits ergangenen BFH-Urteils für den zweiten Rechtsgang.
  • Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine gemeinnützige Körperschaft unter Inanspruchnahme der steuerrechtlichen Förderung der Gemeinnützigkeit auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung nur Einfluss nehmen kann, wenn dies der Verfolgung eines der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke dient. In diesen Grenzen sieht der BFH den vom Kläger verfassungsrechtlich abgeleiteten Teilhabeanspruch an der politischen Willensbildung als gewahrt an.
  • Eine Erweiterung des Begriffs der politischen Bildung in der Weise, dass sich hieraus die eigenständige steuerrechtliche Förderung einer Einflussnahme auf die politische Willensbildung in frei gewählten Politikfeldern ergibt, lehnt der BFH demgegenüber ab. § 52 Abs. 2 AO würde sonst faktisch um den dort nicht angeführten Zweck der Einflussnahme auf die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung ergänzt.

 
Quelle: BFH Pressemitteilung v. 28.1.2021 (JT)

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