Online-Nachricht - Donnerstag, 06.05.2021

Grunderwerbsteuer | Share Deal: Bemessungsgrundlage bei geplanter Bebauung (BFH)

§ 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten so auf die Bebauung eines Grundstücks festgelegt hat, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen könnte. Zum anderen müssen die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben (BFH, Urteil v. 16.9.2020 - II R 12/18; veröffentlicht am 6.5.2021).

Hintergrund: Das Stichtagsprinzip normiert, dass sich die Grunderwerbsteuer stets nach den Wertverhältnissen des Grundstücks zum Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer („Stichtag“) bemisst. Eine davon abweichende Bemessung und mithin Durchbrechung des Stichtagsprinzips sieht die Spezialregelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG vor. In den Fällen, in denen sich ein Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude erstreckt oder die Änderung im Gesellschafterbestand i. S. des § 1 Abs. 2a GrEStG auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht, bemisst sich die Grunderwerbsteuer abweichend von den tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nach den späteren Wertverhältnissen zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes (vgl. Hamacher/ Jeuckens in NWB 39/2020 S. 2904).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Änderung des Gesellschafterbestands auf einem "vorgefassten Plan" zur Bebauung des Grundstücks beruht, was die Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. zur Folge hat oder ob die Grunderwerbsteuer für den fiktiven Grundstücksübergang i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG mit dem Wert entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG a.F. i.V.m. § 138 Abs. 3 BewG a.F. zum Stichtag des Gesellschafterwechsels zu bemessen ist.

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück:

  • Nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG a.F. gilt es als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Die Vorschrift fingiert ein auf Übereignung des Grundstücks auf eine "neue" Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (BFH, Urteil v. 11.6.2013 II R 52/12, Rz 19). Zivilrechtlich ändert sich an der Rechtsträgerschaft nichts.
  • Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG a.F. ist der Wert des Grundstücks abweichend von § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG a.F. nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend, wenn sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude erstreckt (Alt. 1) oder die Änderung des Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks beruht (Alt. 2). Im Streitfall kommt allein § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. in Betracht.
  • § 8 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG a.F. verlangt eine kausale Verknüpfung der Änderung des Gesellschafterbestands mit einem Plan zur Bebauung. Zum einen muss es einen vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks geben, mit dem sich die Gesellschaft über einen Gesellschafterwechsel hinaus in wesentlichen Punkten festgelegt hat. Zum anderen muss die Änderung des Gesellschafterbestands in der Weise auf diesem Plan beruhen, dass die Neugesellschafter die Gesellschaftsanteile wegen des Plans erworben haben.
  • Der vorgefasste Plan zur Bebauung eines Grundstücks bildet innerhalb des durch die Formulierung "beruht" zum Ausdruck gebrachten Kausalzusammenhangs den Grund, nicht die Folge.
  • Die Änderung des Gesellschafterbestands i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. muss auf dem vorgefassten Plan "beruhen". Weder verlangt die Vorschrift einen zu dem so formulierten "Beruhen" umgekehrten Veranlassungszusammenhang noch verlangt sie einen vorgefassten Plan zur Änderung des Gesellschafterbestands.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 16.9.2020 - II R 12/18; NWB Datenbank (JT)

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