Online-Nachricht - Donnerstag, 17.06.2021
Einkommensteuer | Ausfall einer privaten Darlehensforderung (BFH)
Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG (Anschluss an BFH-Urteil v. 24.10.2017 - VIII R 13/15, BStBl II 2020, 831). Für die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Ausfall einer privaten Kapitalforderung muss endgültig feststehen, dass der Schuldner keine (weiteren) Zahlungen mehr leisten wird. Bei insolvenzfreier Auflösung einer Kapitalgesellschaft als Forderungsschuldnerin kann davon regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation ausgegangen werden, sofern sich nicht aus besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes ergibt (BFH, Urteil v. 27.10.2020 - IX R 5/20; veröffentlicht am 17.6.2021).
Hintergrund: Grundsätzlich sind Substanzverluste im Privatvermögen steuerlich irrelevant. Zu diesen zählt auch der Verlust einer Darlehensforderung eines Anteilseigners gegen dessen Kapitalgesellschaft, soweit er das Darlehen wie ein fremder Dritter gewährt hat. Denn mit solchen Darlehen unterfällt er dem Anwendungsbereich des § 20 EStG, so dass ein Ausfall bzw. Verlust nach der sog. Quellentheorie einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist. Soweit ein Anteilseigner i.S.d. § 17 EStG jedoch seine Darlehensforderung endgültig ganz oder teilweise verliert (z.B. im Rahmen der Auflösung der Kapitalgesellschaft durch Insolvenz oder durch Liquidation), ist sie dem Grunde nach als nachträgliche Anschaffungskosten i. S. des § 17 EStG zu qualifizieren, wenn und soweit sie auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses gewährt worden ist. Für die Qualifikation als nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG reicht der völlige oder teilweise Verlust des Darlehens im Rahmen der Insolvenz oder der Liquidation aus (vgl. Deutschländer, Grundlagen, II dd) Darlehensverluste).
Sachverhalt: Die klagenden Eheleute gewährten einer GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann war, im Januar 2012 ein Darlehen. Im März 2012 riet die Hausbank der GmbH zu einer Umschuldung. Im Dezember 2012 gewährte die Hausbank den Klägern einen Kredit, welcher als Gesellschafterdarlehen dienen sollte. Im Juni 2013 gewährten die Kläger der GmbH ein weiteres Darlehen. Die GmbH wurde zum 31.12.2014 aufgelöst. Die beiden Darlehen wurden nicht vollständig an die Kläger zurückgezahlt. In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten die Kläger für den Kläger einen Auflösungsverlust i.S.d. § 17 EStG geltend. Sie vertraten die Ansicht, dass bei der Verlustberechnung die beiden nicht zurückgezahlten Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung des Klägers zu berücksichtigen seien. Die Darlehen seien erforderlich gewesen, um den Kapitalbedarf der unterkapitalisierten GmbH mit Fremdmitteln abzudecken. Ob ein Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter habe, sei nach der Einführung des MoMiG vom 23.10.2008 nicht mehr erheblich. Das beklagte FA folgte dieser Berechnung nicht. Es vertrat die Auffassung, dass die beiden Darlehen vor der Krise gewährt worden seien und dass der Kläger bei Kriseneintritt die Rückforderung unterlassen habe. Dadurch seien seine Forderungen wertlos geworden und hätten mithin keine Auswirkung auf die Höhe seines Auflösungsverlusts. Das FG der ersten Instanz gab der hiergegen gerichteten Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil v. 28.1.2020 - 10 K 2166/16 E, s. hierzu unsere Online-Nachricht v.10.3.2020 sowie Deutschländer, NWB 20/2020 S. 1456).
Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision zurück:
- Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG (Anschluss an BFH-Urteil v. 24.10.2017 - VIII R 13/15, BStBl II 2020, 831).
- Für die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Ausfall einer privaten Kapitalforderung muss endgültig feststehen, dass der Schuldner keine (weiteren) Zahlungen mehr leisten wird.
- Bei insolvenzfreier Auflösung einer Kapitalgesellschaft als Forderungsschuldnerin kann davon regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation ausgegangen werden, sofern sich nicht aus besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes ergibt.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.10.2020 - IX R 5/20; NWB Datenbank (il)