Online-Nachricht - Donnerstag, 07.10.2021

Einkommensteuer | Behandlung von Rentenzahlungen aus einem Alt-Vertrag mit Kapitalwahlrecht (BFH)

Rentenzahlungen, die auf einem begünstigten Versicherungs­vertrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 beruhen, sind insgesamt den Einkünften aus Kapital­vermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 zuzuordnen und unter den Voraus­setzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei, soweit die Summe der ausgezahlten Renten­beträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapital­guthaben einschließlich der Überschuss­anteile nicht übersteigt (BFH, Urteil v. 1.7.2021 - VIII R 4/18; veröffent­licht am 7.10.2021).

Hintergrund: Nach § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG sind sonstige Einkünfte Einkünfte aus wieder­kehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Sie sind damit insbesondere auch gegenüber Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung (EStG 2004), die zu den Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG zählen, subsidiär.

Sachverhalt Streitig ist, ob wiederkehrende Bezüge aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder als sonstige Einkünfte zu versteuern sind: Der Kläger schloss im Jahr 1998 einen privaten Rentenversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragszahlung mit abgekürzter Beitragszahlungsdauer ab. Laut Versicherungsschein waren von dem Kläger im Zeitraum vom 1.8.1998 bis zum 31.7.2003 fünf jährliche Beitragszahlungen zu leisten. Als Rentenzahlungsbeginn war der 1.8.2010 mit einer garantierten monatlichen Grundrente und einer nicht garantierten monatlichen Mindestüberschussrente vereinbart. Statt der Rentenzahlung konnte der Kläger eine einmalige Ablaufleistung verlangen.

Die während der Ansparphase erzielten Überschüsse wurden dem Kläger jährlich jeweils am Ende des Versicherungsjahres zugeteilt und verzinslich gutgeschrieben. Sie sollten bei Ausübung des Kapitalwahlrechts zur Erhöhung der Ablaufleistung bzw. bei Bezug von Rentenleistungen zur Finanzierung der Mindestüberschussrente und einer garantierten Bonusrente verwendet werden.

Der Kläger machte von seinem Rentenwahlrecht Gebrauch und erhielt im Streitjahr 2010 einen Betrag in Höhe von X € ausgezahlt. Das FA besteuerte diesen mit dem Ertragsanteil in Höhe von 27 % als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg (Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.10.2017 - 5 K 1605/16).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Rentenzahlungen gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004.
  • Das FG der ersten Instanz hat zu Recht entschieden, dass die gesamten dem Kläger zugeflossenen Rentenbezüge einheitlich unter § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 fallen.
  • Sie sind nicht in einen der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG unterliegenden Leibrentenanteil aus der Auszahlungsphase und einen nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 steuerlich zu erfassenden Zinsanteil aus der Ansparphase aufzuteilen.
  • Für eine einheitliche steuerrechtliche Zuordnung der gesamten Rentenbezüge zu einer der beiden Einkunftsarten spricht die Einheitlichkeit des den Rentenzahlungen zugrundeliegenden vertraglichen Anspruchs. Der Umstand, dass die Rentenbezüge aus verschiedenen Bestandteilen (Garantierente, Überschussbeteiligung aus der Ansparphase) bestehen, ändert hieran nichts.
  • Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei einer Ausübung des Kapitalwahlrechts durch den Kläger die gesamte Versicherungsleistung nicht der Besteuerung unterlegen hätte, da die in der Ansparphase erwirtschafteten Zinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerbefreit und der in der Versicherungsleistung enthaltene Kapitalabfindungsbetrag als nicht steuerbare Umschichtung zwischen den Beitragszahlungen und der Ablaufleistung zu behandeln gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil v. 15.6.2005 - X R 64/01, BStBl II 2006, 245, unter II.3.).
  • Aus Gründen der Gleichbehandlung mit ebenfalls nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 begünstigten Verträgen, bei denen der Steuerpflichtige von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch macht, sind deshalb auch die bei Ausübung des Rentenwahlrechts zufließenden Gesamtbezüge nicht der Besteuerung zu unterwerfen, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt.
  • Das ist vorliegend der Fall. Denn nach den Feststellungen des FG war der dem Kläger im Streitjahr (dem ersten Jahr der Rentenzahlung) zugeflossene Rentenbetrag noch vollumfänglich in dem von der Versicherung mitgeteilten Kapitalabfindungsbetrag enthalten.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 1.7.2021 - VIII R 28/18; NWB Datenbank (il)

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