Online-Nachricht - Donnerstag, 17.03.2022

Einkommensteuer | Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf eines mit einem „Gartenhaus“ bebauten Grundstücks (BFH)

Eine die Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns ausschließende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG liegt auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück, das mit einem „Gartenhaus“ bebaut ist, welches nach seiner Beschaffenheit dazu bestimmt und geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu gewähren, baurechtswidrig dauerhaft bewohnt (BFH, Urteil v. 26.10.2021 - IX R 5/21; veröffentlicht am 17.3.2022).

Sachverhalt: Streitig ist, ob ein vom Kläger baurechtswidrig dauerhaft bewohntes „Gartenhaus“ zu eigenen Wohnzwecken i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG genutzt wird, so dass der entsprechende Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung unterliegt. Der Kläger veräußerte innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums Grundstücke, die in einem Kleingartengelände liegen und auf denen sich ein von ihm selbst bewohntes „Gartenhaus“ befindet. Die Errichtung des „Gartenhauses“ war dem früheren Eigentümer nur unter der Auflage genehmigt worden, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf. Das FA unterwarf den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn – ebenso wie das FG der ersten Instanz (FG München, Urteil v. 15.9.2020 - 2 K 1316/19, ausführlich hierzu Intemann, NWB 21/2021 S. 1502) der Einkommensteuer.

Die Richter des BFH gaben der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Das gesetzliche Merkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setzt u.a. voraus, dass eine Immobilie tatsächlich zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist - dies betrifft vor allem die Beschaffenheit des Gebäudes.
  • § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG dient der Verhinderung einer ungerechtfertigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes, z.B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels. Gewinne aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum sollen - unter im Streitfall erfüllten zeitlichen Voraussetzungen - keine Besteuerung auslösen (BT-Drucks 14/265, S. 181).
  • Dieser Gesetzeszweck ist bei baurechtswidriger Nutzung von Wohneigentum ebenso erfüllt wie bei einer mit dem formellen und materiellen Baurecht übereinstimmenden Nutzung. Für die Realisierung des Freistellungszwecks der Norm ist die baurechtliche Situation ohne Relevanz.
  • Systematische oder historische Erwägungen, die diese Auslegung in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 26.10.2021 - IX R 5/21; NWB Datenbank (il)

 
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