Online-Nachricht - Donnerstag, 07.04.2022

Einkommensteuer | Unterhalts­aufwen­dungen an in Deutsch­land gedul­dete Ange­hörige (BFH)

Unterhaltsleistungen an in Deutschland (lediglich) geduldete (= Aussetzung der Abschiebung), nicht unterhalts­berechtigte Angehörige sind weder nach § 33a EStG noch nach § 33 EStG als außer­gewöhnliche Belastungen zu berück­sichtigen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Steuer­pflichtige gemäß § 68 AufenthG gegenüber der Ausländer­behörde/Auslandsvertretung verpflichtet hat, die Kosten für den Lebens­unterhalt seiner Angehörigen zu tragen (BFH, Urteil v. 2.12.2021 - VI R 40/19; veröffentlicht am 7.4.2022).

Hintergrund: Erwachsen einem Steuer­pflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufs­ausbildung einer dem Steuer­pflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhalts­berechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommen­steuer - unter weiteren Voraussetzungen - dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.354 € im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr 2014 geltenden Fassung).

Sachverhalt: Die Kläger sind deutsche Staatsangehörige. Die Schwester der Klägerin lebte zu Beginn des Streitjahres 2014 gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter in der Ukraine.

Im April 2014 unterzeichnete der Kläger eine Verpflichtungs­erklärung gemäß § 68 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und Versorgung im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen.

Daraufhin reisten die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und die Tochter im Streitjahr nach Deutschland ein. Die Kläger nahmen die Familie in C auf. Sie stellten ihr Wohnräume zur Verfügung und übernahmen die Aufwendungen für Lebensmittel, Versicherungen, Rechtsanwalt (wegen Aufenthaltstitel) und Sprachkurse. Später im Streitjahr erhielten die aufgenommenen Personen den Aufenthaltsstatus "Aussetzung der Abschiebung" (= Duldung) gemäß § 60a AufenthG.

Das FA erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (FG Köln, Urteil v. 9.4.2019 - 15 K 2965/16, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 23.6.2020).

Die Richter des BFH dagegen erkannten die geltend gemachten agB nicht an:

  • Die von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind damit diejenigen Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige nach dem BGB unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind nach § 1601 BGB Verwandte in gerader Linie i.S. des § 1589 Satz 1 BGB, wie z.B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern, nicht hingegen Verwandte in der Seitenlinie.
  • Unstreitig ist, dass die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter keinem der beiden Kläger gegenüber im Streitjahr zivilrechtlich unterhaltsberechtigt waren.
  • Etwas anderes folgt auch nicht aus der Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG. Die Verpflichtungserklärung begründet keinen gesetzlichen (zivilrechtlichen) Unterhaltsanspruch gegenüber den Klägern. Der Anspruch nach § 68 AufenthG ist vielmehr als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Ausländerbehörde ausgestaltet (vgl. BT-Drucks 11/6321, S. 84).
  • Auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen nach § 33 EStG kommt nicht in Betracht. Dies gilt auch bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung der Kläger, die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter zu unterhalten. Denn für die Fallgruppe der - wie im Streitfall - typischen Unterhaltsaufwendungen (hier für Wohnung, Lebensmittel und Versicherungen) enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung, die einen Rückgriff auf § 33 EStG ausschließt (u.a. BFH, Urteil v. 31.3.2021 VI R 2/19, BStBl II 2021, 572, Rz 22).

 
Quelle: BFH, Urteil v. 2.12.2021 - VI R 40/19, NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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