Online-Nachricht - Donnerstag, 21.04.2022

Gewerbesteuer | Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer (BFH)

Grundsteuer, die vertraglich auf den Mieter oder Pächter eines Gewerbegrundstücks umgelegt wird, ist nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen (BFH, Urteil v. 2.2.2022 - III R 65/19; veröffentlicht am 21.4.2022).

Hintergrund: Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, die sich mit der Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen befasst. An ihr sind die Geschwister A und B beteiligt. Diese sind auch Gesellschafter einer GbR, welche an die Klägerin im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Wirtschaftsgüter vermietet. Bei einer Außenprüfung, die bei der Klägerin durchgeführt wurde, waren u.a. Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in der für die Streitjahre 2010 bis 2014 geltenden Fassung streitig. Die Klägerin hatte in den Streitjahren von der GbR ein Betriebsgebäude gemietet. Im Mietvertrag war u.a. vereinbart, dass die Klägerin als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte.

Das FA rechnete die Grundsteuer zusammen mit den laufend zu zahlenden Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewinn hinzu. In den Wirtschaftsjahren 2011 und 2013 erzielte die Klägerin Verluste, die sich in Bescheiden über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 bis zum 31.12.2014 niederschlugen. Darüber hinaus griff das FA einen Sachverhalt auf, der nach seiner Ansicht zu einer im Jahr 2010 anzusetzenden verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führte. Die Feststellungen der Außenprüfung hatten Änderungsbescheide zur Folge. Gegen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer sowie gegen die Berücksichtigung einer vGA bei der Körperschaftsteuerveranlagung 2010 wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen, die ohne Erfolg blieben.

Die anschließend erhobene Klage hatte sowohl hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen als auch der vGA Erfolg (FG Köln, Urteil v. 21.2.2019 - 10 K 2174/17). Gegen das Urteil wendet sich das FA insoweit mit der Revision, als es die Gewerbesteuer und die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen betrifft.

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen:

  • Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit dieses die Gewerbesteuermessbeträge 2010, 2012 und 2014 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 bis zum 31.12.2014 betrifft. Die Klage ist insoweit abzuweisen.
  • Zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem vom Vermieter/Verpächter zu tragen sind und der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG unterliegen, gehört auch die auf den Mieter/Pächter überwälzte Grundsteuer.
  • In zivilrechtlicher Hinsicht hat der Vermieter nach § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB die auf der Mietsache ruhenden Lasten, zu denen auch die Grundsteuer gehört, zu tragen. Schuldner der Grundsteuer ist nach § 10 Abs. 1 GrStG derjenige, dem das Grundstück bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist. Dies ist in der Regel der Grundstückseigentümer (§ 39 Abs. 1 AO), d.h. der Vermieter/Verpächter. Allerdings kann die Grundsteuer - wie im Streitfall geschehen - durch vertragliche Vereinbarung überwälzt werden. In diesem Fall gehört auch die wirtschaftlich vom Mieter/Pächter getragene Grundsteuer zu der von ihm nach § 535 Abs. 2 BGB zu entrichtenden Miete. Sie fließt damit in die nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen ein.
  • Die Rechtsansicht des FG, wonach eine Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer nicht gerechtfertigt sei, weil die Klägerin dann höher besteuert würde als ein vergleichbarer Gewerbetreibender, der mit eigenem Sachkapital wirtschafte und die Grundsteuer ertragsmindernd geltend machen könne, führt zu keiner anderen Beurteilung.
  • Entgegen der Rechtsansicht des FG gilt die Überlegung, dass die vertragliche Überwälzung von Nebenkosten vom Vermieter/Verpächter auf den Mieter/Pächter sich typischerweise in einer Verminderung des "reinen" Miet- oder Pachtzinses auswirkt, für die Umlegung von Grundsteuer ebenso wie für Instandhaltungsaufwendungen, bei denen der BFH die Hinzurechnung bejaht hat (BFH, Beschluss v. 25.9.2018 - III B 160/17).

 
Quelle: BFH, Urteil v. 2.2.2022 - III R 65/19; NWB Datenbank (RD)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Dr. Jens Reddig gelangen Sie hier (Login erforderlich).

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.