Online-Nachricht - Donnerstag, 22.09.2022

Umsatzsteuer | Organschaft bei GmbH & Co. KG (BFH)

Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unter­nehmens­bereiche von Organträger und Organ­gesell­schaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unter­nehmens­bereichen zweier Organ­gesell­schaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unter­nehmens­bereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen (BFH, Urteil v. 1.2.2022 - V R 23/21; veröffentlicht am 22.9.2022).

Hintergrund: Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwert­steuersystem (MwStSystRL).

Sachverhalt: Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, ist Z. Z schloss mit der Klägerin einen Geschäftsführervertrag, nach dem er mit einem festen Monatsgehalt und unter Zusage eines Urlaubsanspruchs von 30 Tagen sowie mit Vergütungs­fortzahlung im Krankheitsfall vergütet wurde.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung einer KG, deren einzige Komplementärin die Klägerin war. Die Klägerin war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungs­maklertätigkeit.

Die Klägerin hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäfts­führung erwachsenden Aufwendungen. Im Jahr 2013 (Streitjahr) zahlte die KG an die Klägerin hierfür 24.000 €. Aufgrund eines mit Wirkung zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungs­vertrages stand der Klägerin gegenüber der KG für ihre Geschäftsführertätigkeit ein monatlicher Vergütungsanspruch zu. Zahlungen erfolgten nur in einem geringeren Umfang. Die Geschäftsanschrift der Klägerin und der KG war seit Anfang 2013 identisch. Die Geschäft­sräume vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte.

Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die Klägerin aus betrieblichen Organisationsgründen die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuer­pflichtigen Beratungs­leistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der Klägerin geleast.

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin steuerpflichtige Geschäftsführungs­leistungen an die KG erbracht habe.

Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG gab der Klage nur in geringem Umfang statt (FG Düsseldorf, Urteil v. 20.11.2020 - 1 K 347/19 U).

Der BFH hat die Revision als unbegründet angesehen:

  • Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Leistungen der Klägerin an die KG mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig sind. Es bestand keine Organschaft zwischen der Klägerin und Z als Organträger. Ebenso liegt keine Organschaft zwischen der Klägerin und der KG als Schwester­gesell­schaften vor. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht.
  • Die Leistungen der Klägerin an die KG sind nicht aufgrund einer zwischen diesen als Organgesellschaften und Z als Organträger bestehenden Organschaft nichtsteuerbar.
  • Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein (BFH, Urteil v. 7.7.2011 - V R 53/10, Rz. 21; BFH, Urteil v. 20.8.2009 - V R 30/06, unter II.2.c aa). Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt. Ob dies als unionsrechtskonform anzusehen ist, ist ohne Bedeutung, da im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des nationalen Rechts eine hiervon abweichende richtlinienkonforme Auslegung nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Organgesellschaft im Hinblick darauf, dass es sich bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG um eine Vorschrift zur Unselbständigkeit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit der Organgesellschaft handelt.
  • Danach liegt im Streitfall keine die Klägerin, die KG und Z umfassende Organschaft vor. Es besteht keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der Klägerin begründet, da Z insoweit nichtselbständig und damit nicht als Unternehmer tätig war. Auch die Vermietung der Büroräume begründet keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die Klägerin vermietet hat.
  • Die Klägerin ist auch nicht i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit der KG als Schwestergesellschaft organschaftlich verbunden.
  • Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist, so dass ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften besteht (Festhalten an BFH, Urteil v. 1.12.2010 XI R 43/08).

 
Quelle: BFH, Urteil v. 1.2.2022 - V R 23/21; NWB Datenbank (RD)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im V. Senat des BFH Dr. Hans-Hermann Heidner gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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