Online-Nachricht - Donnerstag, 16.02.2023
Einkommensteuer | Besteuerung eines teilweise aus privaten Mitteln finanzierten Promotionsstipendiums (BFH)
Leistungen aus einem Stipendium, die keiner gegenüber den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 EStG vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind, sind als wiederkehrende Bezüge gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 bzw. Satz 3 Buchst. b EStG steuerbar, wenn der Stipendiat für die Gewährung der Leistungen eine wie auch immer geartete wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat (Anschluss an Senatsurteil v. 8.7.2020 - X R 6/19, BStBl II 2021, 557, Rz 28 ff., 36: BFH, Urteil v. 28.9.2022 - X R 21/20; veröffentlicht am 16.2.2023).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung des Anteils eines aus privaten Mitteln finanzierten Promotionsstipendiums als steuerbare wiederkehrende Bezüge: Die Klägerin promovierte an einer Universität im Freistaat Sachsen. Zwecks Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde die Klägerin während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) mit monatlich 800 € unterstützt. Nach Maßgabe der Vergabebedingungen beteiligte sich ein in X ansässiges privatwirtschaftliches Unternehmen in gleicher Höhe an der Finanzierung des Promotionsvorhabens und zahlte der Klägerin somit ebenfalls monatlich 800 €. Die Klägerin war verpflichtet, ihre Arbeitskraft ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Zudem unterlag sie hinsichtlich der Ergebnisse ihres Promotionsprojekts einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht in X. Das FA besteuerte den aus Mitteln des ESF gezahlten Teil des Stipendiums nicht. Die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen sah das FA dagegen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (FG Nürnberg, Urteil v. 14.11.2019 - 4 K 234/18).
Die Richter des BFH hoben die angefochtene Entscheidung auf und verwiesen die Sache an das FG zurück:
- Leistungen aus einem Stipendium, die keiner gegenüber den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 EStG vorrangigen Einkunftsart zuzuordnen sind, sind als wiederkehrende Bezüge gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 bzw. Satz 3 Buchst. b EStG steuerbar, wenn der Stipendiat für die Gewährung der Leistungen eine wie auch immer geartete wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat (Anschluss an Senatsurteil v. 8.7.2020 - X R 6/19, BStBl II 2021, 557, Rz 28 ff., 36).
- Die Anwendung von § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Stipendiengeber im konkreten Einzelfall keine steuerliche Entlastung hinsichtlich der Zahlungen an den Stipendiaten erfahren hat.
- Ein von öffentlicher und privater Hand gemeinsam finanziertes Stipendium ist jedenfalls insoweit nicht gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerbefreit, als es unmittelbar von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, das nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfüllt, gezahlt wird.
Quelle: BFH, Urteil v. 28.9.2022 - X R 21/20; NWB Datenbank (il)
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Honorarprofessor Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).