Online-Nachricht - Donnerstag, 23.02.2023

Einkommensteuer | Rollstuhlgerechte Umbau­maß­nahmen im Garten sind keine agB (BFH)

Aufwendungen für einen behinderten­gerechten Umbau des zum selbst­genutzten Einfamilien­haus gehörenden Gartens sind keine außer­gewöhn­lichen Belastungen (BFH, Urteil v. 26.10.2022 - VI R 25/20; veröffent­licht am 23.3.2023).

Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der über­wiegenden Mehrzahl der Steuer­pflichtigen gleicher Einkommens , gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außer­gewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommen­steuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, die ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilien­haus mit Garten bewohnen. Die Klägerin leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weswegen für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilien­hauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, auf denen die Klägerin Beerensträucher und Kräuter angebaut hatte und die lediglich durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Kläger in eine gepflasterte Fläche umbauen und legten dort Hochbeete an. Die Kosten in Höhe von ca. 6.000 € machten sie als außer­gewöhnliche Belastungen geltend, weil die Maßnahme medizinisch notwendig gewesen sei und auch der Garten zum existenz­notwendigen Wohnbedarf gehöre.

Das FA versagte den Abzug unter Hinweis darauf, dass Aufwendungen für den Umbau eines Gartens nicht berück­sichtigt werden könnten, weil dies den durch­schnittlichen Wohnkomfort übersteige (siehe unsere Online-Nachricht v. 17.2.2020).

Der BFH wies die Klage ab:

  • Die Aufwendungen sind der Klägerin nicht zwangsläufig entstanden. Zwar war die Umbau­maßnahme eine Folge der Verschlechterung des Gesundheits­zustands der Klägerin. Die Klägerin war jedoch nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tragen.
  • Die Umbaukosten standen (unter Anlegung des steuerlichen Maßstabs) vielmehr in ihrem Belieben. Diese Aufwendungen sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenz­notwendigen) Wohnumfelds (vgl. BFH, Urteil v. 6.5.1994 - III R 27/92) in erster Linie Folge eines frei gewählten Freizeit/Konsumverhaltens.
  • Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Nutzung/Bewirtschaftung eines (zum Wohnhaus gehörenden) Gartens für den Steuer­pflichtigen seit jeher ein nachhaltig Lebensfreude stiftendes Hobby darstellt, welches mit zunehmender körperlicher Beeinträchtigung an Bedeutung gewinnen kann. Denn § 33 EStG unterscheidet tatbestandlich in § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG lediglich zwischen steuer­erheblicher (aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen) zwangsläufiger und steuer­unerheblicher beliebiger Einkommens­verwendung. Ein Werturteil ist damit nicht verbunden.
  • Ganz leer gingen die Kläger nicht aus. Denn in Höhe der in den Umbaukosten enthalten Lohnauf­wendungen stand ihnen die Steuer­ermäßigung nach § 35a EStG zu.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 26.10.2022 - VI R 25/20; NWB Datenbank, BFH Pressemitteilung 10/2023 v. 23.2.2023 (JT)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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