Online-Nachricht - Donnerstag, 16.03.2023

Einkommensteuer | u.a. Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausge­stalteten Rechten (BFH)

Bleiben die Gewinn­bezugs- und Stimm­rechte, mit denen ein Anteil an einer Kapital­gesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominal­kapital zurück, ist dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wert­mindernd zu berücksichtigen, sofern die Liqui­dation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist (BFH, Urteil v. 16.11.2022 - X R 17/20; veröffent­licht am 16.3.2023).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. um die Ermittlung des Werts einer GmbH-Beteiligung mit disquotalen Stimm- und Gewinn­bezugs­rechten im Rahmen des Spendenabzugs im Jahr 2007: Der Kläger hatte eine 89 %ige GmbH-Beteiligung an eine gemeinnützige Stiftung verschenkt und diese Spende mit dem anteiligen gemeinen Wert der gesamten Beteiligung bewertet. Dem widersprachen FA sowie das FG, weil die geschenkte Beteiligung lediglich ein Stimm- sowie Gewinn­bezugsrecht von 1 % hatte. Die Bewertung sei nach § 9 BewG vorzunehmen, wobei die Einschränkung der Gesellschafter­rechte wertmindernd zu berücksichtigen sei (FG Münster, Urteil v. 20.5.2020 - 7 K 3210/17 E,F, s. hierzu Rätke, BBK 23/2020 S. 1118). Der Kläger ist der Auffassung, dass der in der Zuwendungs­bestätigung der Stiftung angesetzte Wert vertretbar ist. Im Streitjahr habe es keine gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung von Anteilen an Kapital­gesell­schaften und für die Aufteilung eines Gesamtwerts auf disquotal ausgestattete Anteile gegeben. Darüber hinaus beruft sich der Kläger auf Vertrauensschutz.

Die Richter des BFH hoben das erstinstanzliche Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Bleiben die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurück, ist dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wertmindernd zu berücksichtigen, sofern die Liquidation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist.
  • Der Steuerpflichtige, der für eine Sachzuwendung einen höheren Wertansatz als den vom FA für zutreffend gehaltenen begehrt, trägt hierfür die Feststel­lungslast. Das FA trägt jedoch die Feststel­lungslast für die tatsächlichen Umstände, die zu einem Wegfall des Schutzes des Vertrauens in die Richtigkeit der Zuwendungs­bestätigung führen.
  • Da eine Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast lediglich eine "ultima ratio" darstellt, ist zunächst der Sachverhalt aufzuklären, insbesondere der Beteiligte, aus dessen Sphäre die entschei­dungs­erheb­lichen Tatsachen stammen, zur Mitwirkung aufzufordern. Sollten die Mitwirkungspflichten verletzt werden, ist vor einer Entscheidung nach den Regeln der Feststel­lungslast eine Reduzierung des Beweismaßes vorzunehmen.
  • Bei Anwendung der Vertrauens­schutz­regelung des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG ist es dem Zuwendenden zuzurechnen, wenn Personen, die er in Ausweitung seines Risikobereichs in die Abwicklung der Zuwendung eingeschaltet hat, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit der Zuwendungs­bestätigung haben.
  • Die zulässige Erhebung einer Sprungklage setzt in einer Verpflichtungs­situation voraus, dass die Behörde zuvor einen Antrag auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts durch Verwaltungsakt abgelehnt hat.

 
Quelle: BFH, Urteil v. 16.11.2022 - X R 17/20; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im X. Senat des BFH Professor Dr. Gregor Nöcker gelangen Sie hier (Login erforderlich).

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