Abschreibung in Zeiten von Krisen und Wandel – So reagieren Gesetzgeber und Verwaltung

Seit mehr als 20 Jahren wurden die Amtlichen AfA-Tabellen durch das BMF nicht mehr angepasst. Dies thematisierte der Präsident der Bundessteuerberaterkammer Prof. Dr. Hartmut L. Schwab während der diesjährigen Münchner Steuerfachtagung im Gespräch mit der Parlamentarischen Staatssekretärin beim BMF Katja Hessel zur Steuerpolitik der neuen Legislaturperiode und fragte, ob es nicht an der Zeit sei, sich der veralteten Tabellen einmal anzunehmen. Frau Hessel pflichtete ihm bei, doch seien derzeit durch die aktuellen Krisen andere Fragen weitaus dringlicher (und dem kann leider nicht widersprochen werden), so dass auch in diesem Jahr nicht mit einer Anpassung zu rechnen sei.

Gleichwohl aber – und hier verlassen wir das interessante Gespräch – reagieren BMF und Gesetzgeber immer wieder, um schnelle Abhilfe in Krisen zu leisten oder einem raschen technischen Wandel Rechnung zu tragen. Sei es

  • durch eine befristete Wiedereinführung der degressiven AfA als Reaktion auf die Corona-Pandemie oder
  • für die von der Überschwemmung im Ahrtal Betroffenen durch Sonderabschreibungen für Ersatzbeschaffungen oder
  • durch die Möglichkeit der verkürzten Nutzungsdauer von Hard- und Software, um der schnellen Entwicklung in diesem Bereich Rechnung zur tragen.

Die Corona-Pandemie: Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA nach § 7 Abs. 2 EStG

Eingeführt durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz, wurde die degressive AfA zunächst auf bewegliche Wirtschaftsgüter, die vor dem 1.1.2022 angeschafft worden sind, befristet. Durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz wird diese Frist nun verlängert auf den 1.1.2023. Auch bei der degressiven AfA ist im Jahr monatsgetreu abzuschreiben. Da jedoch nicht vom Anschaffungspreis, sondern jeweils vom Restbuchwert abgeschrieben wird, sind die Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren am höchsten. Dadurch ergeben sich Vorteile, die z. B. in einer schnelleren Refinanzierungsmöglichkeit für die Investition liegen. Es sollte also durchaus überlegt werden, ob für 2023 angedachte Anschaffungen nicht in dieses Jahr vorgezogen werden können.

Allerdings ist bei der degressiven AfA das Folgende zu beachten:

  • Der angewendete Prozentsatz darf höchstens das 21/2-fache des Prozentsatzes, der bei der linearen AfA anzuwenden wäre, und maximal 25 % betragen.
  • Die Anwendung der degressiven AfA schließt die Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) aus.

Die Flutkatastrophe im Juli 2021: Sonderabschreibungen für die Ersatzbeschaffung von Wirtschaftsgütern

Unter anderem das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen reagierte am 23.7.2021 mit einem entsprechenden Erlass auf die Flutkatastrophe im Ahrtal, in dem es den von der Katastrophe Betroffenen die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und zur Bildung gewinnmindernder Rücklagen im Falle einer späteren Ersatzbeschaffung sowie Entlastungen im Zusammenhang mit Erhaltungsaufwand schaffte.

Dabei gilt hinsichtlich der Sonderabschreibungen das Folgende:

  • Sie können nur in Anspruch genommen werden, wenn mit der Ersatzherstellung oder ‑beschaffung bis zum Ablauf des dritten Wirtschaftsjahres, das dem der Überschwemmung folgt, begonnen worden ist.
  • Sie können dann aber für das Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre (= Begünstigungszeitraum) in Anspruch genommen werden.
  • Von den (Wieder-)Herstellungskosten für ganz oder zum Teil zerstörte Gebäude können Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden. Die AfA gem. § 7 Abs. 4 EStG bemisst sich dabei nach der vor dem Hochwasser maßgeblichen Bemessungsgrundlage, gemindert um eine etwaige Teilwertabschreibung oder AfaA und erhöht um die (Wieder-) Herstellungskosten. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums bemisst sie sich nach dem Restwert.
  • Von den Herstellungs- oder Anschaffungskosten zum Ersatz verlorener oder vernichteter beweglicher Anlagegüter können im Begünstigungszeitraum Sonderabschreibungen i. H. v. bis zu 50 % vorgenommen werden. Auch hier ist nach Ablauf des Begünstigungszeitraums die AfA nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer zu bemessen.

Bei der Bildung von Rücklagen für die Ersatzbeschaffung beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter ist zu beachten,

  • dass sie in besonders begründeten Ausnahmefällen auf Antrag in Wirtschaftsjahren vor dem der Ersatzherstellung bzw. -beschaffung zugelassen werden,
  • wobei solche Ausnahmefälle vorliegen können bei außergewöhnlich hohen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen, oder wenn die Sonderabschreibungen nicht ausreichen, um die Beseitigung der Schäden zu finanzieren.
  • Dabei darf die Rücklage 30 % (beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden) bzw. 50 % (im Fall der Ersatzbeschaffungs beweglicher Anlagegüter) der Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten nicht übersteigen.

Für die Gewinnminderung durch Sonderabschreibung und Rücklagenbildung gilt, dass sie grundsätzlich in keinem Jahr 200.000 € übersteigen und insgesamt höchstens 600.000 € betragen dürfen. Ausnahmen können nur in besonderen Einzelfällen und nach Zustimmung des BMF zugelassen werden.

Wiederherstellungskosten für beschädigte Betriebsgebäude oder bewegliche Anlagegüter können jedoch auch ohne besondere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass

  • mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach der Überschwemmung begonnen worden ist,
  • die Buchwerte fortgeführt werden,
  • die Aufwendungen einschließlich der durch Entschädigungen gedeckten Aufwendungen (!) 70.000 € nicht übersteigen (Ausnahmen nur nach Prüfung des Einzelfalls möglich),
  • die Aufwendungen die Entschädigungen übersteigen und
  • der Steuerpflichtige keine AfaA vornimmt.

Die Kosten für die Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt auch für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, sofern die bisherigen Buchwerte beibehalten werden.

Zeiten des raschen technischen Wandels: Die einjährige Nutzungsdauer von Hard- und Software

Da sowohl die Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) als auch die dafür erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel unterliegen, hat das BMF (mit Schreiben vom 26.2.2021 bzw. neu vom 22.2.2022) die Möglichkeit geschaffen, für Hard- und Software eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zu legen.

Die Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer stellt dabei kein Wahlrecht i. S. des § 5 Abs. 1 EStG dar, vielmehr unterliegen die betroffenen Wirtschaftsgüter nach wie vor der Regelung des § 7 Abs. 1 EStG. Auch stellt sie weder eine besondere Form der Abschreibung noch eine noch Abschreibungsmethode oder Sofortabschreibung dar. Denn auch für eine grundsätzlich anzunehmende Nutzungsdauer von einem Jahr gilt, dass

  • die Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung, mithin bei Fertigstellung, beginnt,
  • die Wirtschaftsgüter in das nach R 5.4 EStR 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufzunehmen sind,
  • der Steuerpflichtige von dieser Annahme auch abweichen kann sowie
  • die Anwendung anderer Abschreibungsmethoden grundsätzlich möglich ist.

Auch für Einkünfte, die nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden, findet die einjährige Nutzungsdauer für Hard- und Software Anwendung.

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