Ermittlung fremdüblicher Zinssätze vor dem Hintergrund der aktuellen BFH-Rechtsprechung

Der BFH schafft mit seinen Urteilen v. 18.5.2021 in den Verfahren I R 4/17 und I R 62/17 praxisrelevante Klarstellungen zur Ermittlung fremdüblicher Zinssätze im Konzern.

I. Vorrangige Anwendung der Preisvergleichsmethode

Die Preisvergleichsmethode ist vorrangig gegenüber der Kostenaufschlagsmethode zur Bestimmung von fremdüblichen Zinssätzen bei konzerninternen Darlehen anzuwenden. Die externe Preisvergleichsmethode ermöglicht insbesondere aufgrund der hohen Anzahl an Marktdaten einen verlässlichen Fremdvergleich. Die interne Preisvergleichsmethode ist nicht direkt aufgrund abweichender Konditionen zwischen einer konzerninternen Finanzierung und einer Finanzierung zwischen fremden Dritten auszuschließen; stattdessen können Anpassungsrechnungen die Auswirkung etwaiger Unterschiede quantifizieren.

II. Substanz des Darlehensgebers

Die Substanz bzw. finanzielle Kapazität des Darlehensgebers spielt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2021, Rz. 3.92) bei der Ermittlung eines fremdüblichen Zinssatzes keine Rolle.

III. Kreditwürdigkeit und Konzernrückhalt

Für die Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers ist im Grundsatz nicht auf das Gruppenrating, sondern auf das Stand-alone-Rating des Darlehensnehmers abzustellen. Vorteile durch die Zugehörigkeit zum Konzern können zwar zu einer Verbesserung der Kreditwürdigkeit führen. Diese Vorteile sind jedoch nur in dem Maße zu berücksichtigen, wie fremde Dritte dies tun würden, und bemessen sich nach der strategischen, operativen oder finanziellen Bedeutung des Darlehensnehmers für den Konzern.

Die Kreditwürdigkeit kann mittels etablierter und am Markt akzeptierter Ratingtools ermittelt werden, unabhängig davon, ob die Algorithmen der Anbieter der Ratingtools öffentlich einsehbar sind.

IV. Risikozuschlag für Nachrangigkeit und fehlende Besicherung

Ein Risikozuschlag in Form eines höheren Zinssatzes für die Nachrangigkeit und fehlende Besicherung eines konzerninternen Darlehens ist fremdüblich, wenn fremde Dritte diese Konditionen dem Grunde nach ebenfalls vereinbart hätten. Die gesetzliche Normierung gem. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO der Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen gegenüber Darlehen von fremden Dritten ist für den Fremdvergleich unerheblich, da der Unternehmensverbund für Zwecke des Fremdvergleichs ausgeblendet wird.

V. Fazit

Zwar wurden die Fälle I R 4/17 und I R 62/17 an die zuständigen Vorinstanzen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Jedoch hat der BFH in seinen Urteilen sehr klare Vorgaben aufgestellt, die sich erfreulicherweise mit den Ausführungen des Kapitel X der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017 decken und eine stark empirisch fundierte Herleitung fremdüblicher Zinssätze bei konzerninternen Finanzierungen erfordern.

Die vollständige Entscheidungsrezension von Keser/Tempelmann ist in der IWB 24/2021 S. 985 ff. veröffentlich worden. Tanja Keser ist Partnerin bei PwC im Bereich Verrechnungspreise am Standort München; Anna Tempelmann ist Managerin bei PwC im Bereich Verrechnungspreise am Standort Düsseldorf. Beitrag ist zugleich Bestandteil des Themenpakets NWB Steuern International unter JAAAH-97113.

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