Grenzüberschreitende Lieferungen mit Installation – unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung in Deutschland und Frankreich
I. Europarechtliche Grundlage
Aus europarechtlicher Sicht gibt es relativ klare Vorgaben. Lieferungen ohne Transport gelten nach Art. 31 MwStSystRL als dort erbracht, wo die Verfügungsmacht verschafft wird. Lieferungen mit Transport gelten nach Art. 32 MwStSystRL als dort erbracht, wo der Transport beginnt. Und Lieferungen mit Installation gelten nach Art. 36 MwStSystRL als dort erbracht, wo die Installation erfolgt. Der Artikel 36 greift aber nur dann, wenn die Installation durch den Lieferer oder für dessen Rechnung vorgenommen wird.
II. Deutschland: Werklieferung oder Montagelieferung oder bewegte Lieferung?
In Deutschland gilt für die Bestimmung des Leistungsorts die gleiche Unterscheidung. Deutschland trennt auch sehr strikt danach, wer die Installation vornimmt (Abschnitt 3.12 Abs. 4 UStAE). Für Lieferungen mit Transport, bei denen die Installation durch den Lieferer erfolgt, kommt Art. 36 MwStSystRL (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG) zur Anwendung. Wenn jedoch der Kunde installiert, greift Art. 32 MwStSystRL (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Es wird zwar auch noch zwischen Werklieferungen und Montagelieferungen unterschieden. Das ist aber nur für die Frage des Steuerschuldübergangs nach § 13b UStG relevant.
III. Frankreich: Montagelieferung oder Bauleistung oder bewegte Lieferung?
In Frankreich liegt das Augenmerk sehr auf der Abgrenzung der Montagelieferungen von den Bauleistungen, da an beide Kategorien sehr unterschiedliche Konsequenzen anknüpfen. Daneben ist gerade im Hinblick auf die Bestimmung des Leistungsorts noch auf die dritte Kategorie zu achten, die Lieferungen mit Transport i. S. von Art. 32 MwStSystRL (Art. 258 (I) (a) CGI). Wer die Installation vornimmt, ist dabei für die Einordnung wenig bedeutsam. Es ist wichtiger, dass ganz grds. eine Installation erfolgt. Entscheidend ist zudem, wann diese erfolgt. Auch Lieferungen, bei denen die Gegenstände durch den Abnehmer installiert werden, können deshalb abweichend zur deutschen Sichtweise als dort erbracht gelten, wo die Installation erfolgt. So sieht es jedenfalls die französische Rechtsprechung und ist es auch die Handhabung in der Praxis.
IV. Rechtsfolgen
Durch die unterschiedliche Einordnung und die sich daraus ergebende unterschiedliche Bestimmung des Leistungsorts kann es Doppelbesteuerungen geben, weil beide Staaten das Besteuerungsrecht im eigenen Land sehen.
Hinzu kommt, dass das Reverse-Charge-Verfahren in der EU durch die vielen Wahlrechte in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht ansatzweise harmonisiert ist. Leistender und Leistungsempfänger müssen die umsatzsteuerliche Behandlung daher stets aus Sicht aller beteiligten Staaten prüfen. Sie dürfen nicht auf die vertraute Sichtweise ihres Heimatlandes vertrauen, wenn sie sich vor Risiken und möglicherweise ernsthaften Konsequenzen schützen möchten.
Wie der EuGH erst kürzlich bestätigt hat, müssen sich die EU-Mitgliedstaaten auch nicht untereinander abstimmen (EuGH, Urteil v. 18.6.2020 - Rs. C-276/18 „KrakVet Marek Batko“ FAAAH-52942). Die Finanzbehörden eines Mitgliedstaates können einen Umsatz besteuern, wohl wissend, dass eine Finanzbehörde eines anderen Mitgliedstaates diesen bereits besteuert hat.
Die Umsatzsteuer muss der Berater bei vielen grenzüberschreitenden Lieferungen und Dienstleistungen sowie im Konnex mit Betriebsstätten in seine Überlegungen einbeziehen. Darum sind Aufsätze zur internationalen Umsatzbesteuerung jetzt regelmäßig Inhalt der IWB und des Themenpakets NWB Steuern International. Die vertiefenden Beiträge erscheinen jetzt in einer eigenen Rubrik – genauso wie die monatlichen Umsatzsteuer-Nachrichten zu wichtigen grenzüberschreitenden Fällen von EuGH und BFH sowie zu Änderungen in anderen europäischen Staaten.
Den ausführlichen Aufsatz von Langer mit zwei Beispielen jeweils aus deutscher und aus französischer umsatzsteuerlicher Sicht finden Sie in der NWB Datenbank unter NWB FAAAH-53457 bzw. in der IWB 14/2020 ab Seite 587.
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