Grundsteuerreform: Die Frist läuft

Seit dem 1.7.2022 ist die Abgabe der Feststellungserklärungen für die neuen Grundsteuerwerte möglich. 36 Millionen Grundstücke müssen bekanntlich neu bewertet werden. Dies stellt sowohl Steuerberater als auch ihre Mitarbeiter vor eine riesige Aufgabe. Dazu kommt, dass die Arbeitsbelastung in den Kanzleien – wie bereits in den letzten Jahren – bereits ohne Grundsteuerreform oft enorm hoch war.

Der Start des Abgabezeitraums war geprägt von technischen Hürden, die es zu überwinden galt.

Nachdem diese Herausforderungen bewältigt wurden, nimmt die Abgabe der Feststellungserklärungen deutlich Fahrt auf. In diesen Tagen folgt die Versendung der ersten Feststellungsbescheide, womit eine neue Phase der Reform der Grundsteuer eingeläutet wird. Nun gilt es, diese Feststellungsbescheide einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.

Schnell zu rechtlich sichereren Ergebnissen

Bei der Grundsteuerreform gilt es, unterschiedliche Landesregelugen zu beachten. Sei es, weil der Mandant Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in unterschiedlichen Bundesländern hat, eine Ferienwohnung in den Bergen oder an der See, oder das Unternehmen des Mandanten in mehreren Bundesländern aktiv ist und dort Standorte unterhält. Auf den steuerlichen Berater kommt dabei die unangenehme Aufgabe zu, den Überblick über den Flickenteppich an Einzelregelungen zu behalten.

Angesichts der Vielzahl der zu bewertenden Immobilien ist es daher unabdingbar, schnell zu einer fundierten rechtlichen Einschätzung kommen zu können. Viele Fälle sind einfach zu lösen. Manche jedoch sind komplizierter. Umso wichtiger, auch in diesen komplizierteren Fällen schnell zu einer rechtssicheren Lösung zu kommen. Denn schließlich dies sind meist die Fälle, die beim Berater selbst auf dem Tisch landen und seine Aufmerksamkeit erfordern. 

Der neue NWB Grundsteuer- und Bewertungskommentar unterstützt den Berater bei der Anwendung der neuen Bewertungsvorschriften und der Erstellung der Feststellungserklärungen. Er beinhaltet neben dem Bundesrecht auch die abweichenden Landesgrundsteuergesetze und macht somit die Bescheidprüfung unabhängig von der Belegenheit des Objekts möglich.

Besonders hilfreich: Im Kauf des gedruckten Buches ist auch der Zugang zur Online-Version enthalten, die laufend aktualisiert wird.

Grundsteuergesetz, Bewertungsgesetz Kommentar

Grundsteuergesetz, Bewertungsgesetz Kommentar

Herausgegeben von Dipl.-Finanzwirt (FH) Mathias Grootens und Autorenteam

2. Auflage. 2022. ca. 1000 Seiten. Gebunden.
ISBN: 978-3-482-67802-8

Preis: 109,00 €

Nachfolgend lesen Sie einen Auszug aus dem Werk:

A. Allgemeine Erläuterungen zu § 1 GrStG

I. Normzweck und wirtschaftliche Bedeutung der Vorschrift

Die Grundsteuer ist, abgesehen von der Sonderregelung in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg, eine Gemeindesteuer. Nach Art. 106 Abs. 6 GG steht das Aufkommen der Realsteuern den Gemeinden zu. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg fällt das Aufkommen an das jeweilige Bundesland. Eine Umlage an Bund und Länder wie bei der Gewerbesteuer sieht Art. 106 Abs. 6 GG nicht vor.

Die Grundsteuer ist eine Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO). Für sie gelten weitgehend die Vorschriften der Abgabenordnung (§ 1 Abs. 2 AO). Sie orientiert sich an der Existenz und dem Wert des Grundbesitzes, unabhängig davon, wem der Grundbesitz zuzurechnen ist, wem die Erträge zufließen und ob die Grundsteuer eine angemessene Belastung darstellt.

Die Grundsteuer hat eine erhebliche Bedeutung für die Finanzen der Gemeinden. Die Einnahmen betragen aktuell etwa 14 Mrd. €. [1] Das Aufkommen der Grundsteuer ist weitgehend konjunkturunempfindlich und damit eine verlässliche Größe im kommunalen Haushalt. 

II. Entstehung und Entwicklung der Vorschrift

Die Vorschrift stammt aus der Einführung der Grundsteuer durch das Grundsteuergesetz 1936. Sie ist in den verschiedenen Novellierungen des Grundsteuergesetzes weitgehend unverändert geblieben.

Die Neufassung des Grundsteuergesetzes durch das GrStRefG v.  (BGBl 2019 I S. 1875) hat § 1 GrStG nicht tangiert. 

III. Geltungsbereich

Die Vorschrift regelt, wem das Heberecht der Grundsteuer zusteht. Es betrifft inländischen Grundbesitz i. S. des § 2 GrStG[2] 

IV. Verhältnis zu anderen Vorschriften

§ 1 wiederholt inhaltlich die Regelungen aus Art. 106 Abs. 6 GG. Dort ist bereits festgelegt, dass das Aufkommen aus der Grundsteuer den Gemeinden zusteht (Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG), die Gemeinden die Hebesätze im Rahmen der Gesetze festzusetzen haben (Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG, vgl. Grootens in Grootens, GrStG § 25 Rz. 31 ff.) und beim Fehlen von Gemeinden die Berechtigung dem jeweiligen Bundesland zufällt (Art. 106 Abs. 6 Satz 3 GG). Art. 106 Abs. 6 Satz 4 GG bestimmt zudem im Umkehrschluss, dass Bund und Länder nicht durch eine Umlage am Grundsteueraufkommen beteiligt werden dürfen. 

B. Systematische Kommentierung

I. Heberecht der Gemeinde

1. Berechtigung zur Erhebung der Grundsteuer

Es steht der Gemeinde nach dem Gesetz frei, eine Grundsteuer zu erheben. Sie darf, wie andere Steuern auch, nur erhoben werden, wenn die sonstigen Finanzmittel und Steuern der Gemeinde nicht ausreichen (z. B. § 77 Abs. 2 GO NRW). Dabei hat sie auf die wirtschaftlichen Kräfte der Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen (z. B. § 77 Abs. 3 GO NRW). [3]

Die Gemeinde kann auch auf die Erhebung der Grundsteuer verzichten. Infolge des Anteils an den Einnahmen und der Stetigkeit der Steuer macht hiervon, soweit bekannt, keine Gemeinde Gebrauch. Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs dürfte es sich ohnehin verbieten, auf die Erhebung von Grundsteuer zu verzichten, wenn anderseits Zuwendungen eingefordert werden.

2. Sachlicher Umfang des Heberechts

Das Heberecht der Gemeinde bezüglich der Grundsteuer gilt nur für Grundbesitz nach dem Bewertungsgesetz. [4] Für anderes Vermögen, z. B. Betriebsvermögen, steht den Gemeinden kein Heberecht bei der Grundsteuer zu.

3. Örtlicher Umfang des Heberechts

Das Heberecht der Gemeinde bezieht sich nur auf den in ihrem Gemeindegebiet liegenden Grundbesitz. Dazu gehören auch außerhalb des Hoheitsgebiets liegende Exklaven (z. B. Büsingen am Hochrhein), [5] aber nicht die zu einem fremden Hoheitsgebiet gehörenden Enklaven. Das Grundsteuergesetz gilt auch auf der Insel Helgoland. [6]

Liegen Grundstücke auf dem Gebiet mehrerer Gemeinden, ist die Grundsteuer auf die beteiligten Gemeinden zu verteilen. Hierzu sind die Steuermessbeträge auf die beteiligten Gemeinden zu zerlegen. [7]

Liegen Grundstücke nur teilweise im Inland, kann nur für den inländischen Anteil Grundsteuer erhoben werden, da der auf das Ausland entfallende Teil nicht zum Gemeindegebiet gehören kann.

Durch eine Änderung des Zuschnitts der Gemeinden geht das Heberecht mit dem Wirksamwerden der Änderung von der einen auf die andere Gemeinde über. [8] 

4. Durchführung der Besteuerung

Die Verwaltung der Grundsteuer obliegt den Finanzbehörden der Länder und den Gemeinden (zu den Stadtstaaten Berlin und Hamburg s. u. → Rz. 39).

Dabei werden die Bemessungsgrundlagen durch Festsetzung (§ 19 BewG) und Zerlegung der Einheitswerte durch die Finanzämter ermittelt (R 2 Satz 3 GrStR). Zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück i. S. von § 2 GrStG liegt. Bei Überschneidungen mehrerer Finanzämter bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem wertvolleren Teil (R 3 Satz 3 GrStR).

Die Gemeinden legen die Hebesätze fest. Sie sind zudem für die Erhebung, die Stundung, die Niederschlagung und den Erlass der Grundsteuer zuständig (R 2 Satz 4 GrStR). Siehe auch §§ 2534 GrStG. 

II. Heberecht der Länder

1. Geltungsbereich

Die Vorschrift ist nur für die beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg relevant, da in diesen Bundesländern keine Gemeinden bestehen. Das Bundesland Freie Hansestadt Bremen besteht hingegen aus den beiden selbständigen Gemeinden Bremen und Bremerhaven. Dort gelten die allgemeinen Regeln. 

2. Durchführung der Besteuerung

In Berlin und Hamburg wird die Grundsteuer ausschließlich von den Finanzbehörden verwaltet (R 2 Satz 2 GrStR). 

III. Grundbesitz in gemeindefreien Gebieten

1. Sachlicher Anwendungsbereich

Grundstücke, deren Benutzung ein Gemeindeleben ausschließt oder deren Verwaltung im Rahmen einer Gemeinde nicht gewährleistet ist, können ausnahmsweise zu gemeindefreien Gebieten erklärt werden, wenn dieses dem öffentlichen Interesse dient und sie im Eigentum des Bundes oder der Länder stehen. [9] Hierzu gehören vor allem Waldgebiete, Truppenübungsplätze der Alliierten und Teile der bayerischen Alpen, aber auch zwei bewohnte Gemeinden in Niedersachsen. [10] 

2. Heberecht

Für die in den gemeindefreien Gebieten liegenden Grundstücke bestimmt jeweils die Landesregierung die Erhebung der Grundsteuer. In der Regel wird dort keine Grundsteuer erhoben. [11] Vielmehr erfüllt der jeweilige Eigentümer, der Bund oder das Land, als „öffentlich-rechtlich Verpflichteter [12] die öffentlichen Aufgaben. Er trägt sämtliche Kosten und erhält alle Einnahmen, die sonst der Gemeinde zufließen würden. [13]

Sollte der Eigentümer auf seinem gemeindefreien Grundbesitz eine Grundsteuer erheben, ist er an die Vorschriften des Grundsteuergesetzes gebunden. [14]

Fundstelle(n):
NWB SAAAI-05868


1Eisele/Wiegand, Grundsteuerreform 2022/2025, 1. Aufl. 2020, Vorwort, NWB CAAAH-44415.

2Vgl. Lange in Grootens, GrStG § 2 Rz. 16.

3Zu Einzelheiten siehe Roscher in 360° GrStG eKommentar, § 1 Rz. 18 f.

4Zu Einzelheiten vgl. Lange in Grootens, GrStG § 2 Rz. 15.

5Roscher in GrStG eKommentar, § 1 Rz. 21.

6, BStBl 1962 III S. 11.

7Vgl. Bock in Grootens, GrStG § 22 Rz. 38 ff.

8Roscher in 360° GrStG eKommentar, § 1 Rz. 21.

9Eisele in Troll/Eisele, GrStG § 1 Rz. 4. Danach gab es zum  insgesamt 207 gemeindefreie Gebiete.

10Roscher in 360° GrStG eKommentar, § 1 Rz. 23.

11Eisele in Troll/Eisele, GrStG § 2 Rz. 4.

12Roscher in 360° GrStG eKommentar, § 1 Rz. 23.

13Eisele in Troll/Eisele, GrStG § 2 Rz. 4.

14 VII C 15.62, DGStZ 1965 S. 121 zitiert bei Roscher, GrStG eKommentar, § 1 Rz. 23.

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