Mehrfachbeschäftigung – Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten

Die korrekte steuer- und sozialversicherungsrechtliche Abrechnung eines Mehrfachbeschäftigten ist eine echte Herausforderung, da – je nach Lage des Einzelfalles – ganz unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten.

Übt ein Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungen aus, so sind für die Sozialversicherung hauptsächlich diese Fallkonstellationen von Bedeutung:

  • Mehrere Beschäftigungen, von denen bereits jede für sich allein gesehen versicherungspflichtig ist;
  • Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen;
  • Geringfügig entlohnte Beschäftigung mit
    • einer versicherungspflichtigen Beschäftigung,
    • einer kurzfristigen Beschäftigung oder
    • einer versicherungsfreien Beschäftigung.

I. Arbeitsrechtliche Aspekte bei Mehrfachbeschäftigung

Arbeitgeber haben grundsätzlich nicht die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern die Aufnahme einer zusätzlichen Beschäftigung kategorisch und uneingeschränkt zu verbieten. Vollkommen legitim hingegen ist es aber, über eine Mehrfachbeschäftigung informiert sein zu wollen; in der Regel wird dazu im Arbeitsvertrag eine entsprechende Anzeigepflicht vereinbart. Die Angaben zum zeitlichen Umfang der weiteren Beschäftigung und der daraus erlösten Vergütung sind in vielen Fällen sogar zwingend notwendig, weil diese Informationen zur Erstellung einer korrekten Abrechnung benötigt werden.

Ob die Aufnahme einer zusätzlichen Beschäftigung der expliziten Genehmigung des bisherigen Arbeitgebers bedarf, ist schon wesentlich schwieriger zu beurteilen. Eine (Neben-)Tätigkeit für einen Betrieb der gleichen Branche, womöglich sogar für einen direkten Mitbewerber, wird kaum genehmigungsfähig sein. Ebenso wenn der Nebenjob dazu führt, dass die Leistungsfähigkeit im Hauptjob nicht mehr gegeben ist. Auch die Überschreitung der gesetzlich verankerten Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche (vgl. § 3 ArbZG) wird eine Versagung der Genehmigung rechtfertigen. Allerdings: Umgekehrt muss natürlich auch der potenzielle zusätzliche Arbeitgeber darauf achten, dass „seine“ Beschäftigung nicht zur Überschreitung des Grenzwertes führt.

Allgemein kann man sagen, dass Arbeitnehmer gut beraten sind, ihre Arbeitgeber über zusätzliche Arbeitsverhältnisse zu informieren – ganz unabhängig von rechtlichen Bestimmungen oder Verpflichtungen. Denn dem gedeihlichen Miteinander ist es kaum dienlich, wenn ein Arbeitgeber über Umwege von Dritten oder im Wege des Zufalls von Nebenjobs „seiner“ Beschäftigten erfährt.

II. Sozialversicherungsrecht bei Mehrfachbeschäftigung

Die mit Abstand weitreichendsten Folgen bei der Mehrfachbeschäftigung ergeben sich im Bereich der Sozialversicherung. Um hier bei den vielen unterschiedlichen Varianten eine möglichst systematische Lösungsfindung zu betreiben, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

  1. Zunächst wird jede Beschäftigung unter dem Aspekt der Versicherungspflicht einzeln für sich allein betrachtet. Anhand der sich daraus ergebenden versicherungsrechtlichen Beurteilung ist dann im zweiten Schritt zu entscheiden, ob (wiederum versicherungsrechtlich) eine Zusammenrechnung mit (einer) anderen Beschäftigung(en) vorzunehmen ist – oder nicht.
  2. Erst wenn diese versicherungsrechtliche Beurteilung geklärt ist, kann in einem dritten Schritt über Zusammenrechnungen in beitragsrechtlicher Hinsicht und über melderechtliche Aspekte entschieden werden.

III. Hinweis zu den melderechtlichen Aspekten bei Mehrfachbeschäftigung

Für alle Fälle von Mehrfachbeschäftigten kann eine kleine Vereinfachung vorgemerkt werden: Die in § 5 Abs. 9 DEÜV enthaltene Verpflichtung, eine Mehrfachbeschäftigung zu melden, wird zum 1.1.2022 abgeschafft (vgl. Art. 26 Nr. 1 i. V. mit Art. 28 Abs. 7 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020, BGBl I S. 1248 ff.).

Achtung: Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass gar keine Meldung mehr erfolgen muss – abgeschafft wird lediglich das in den Abrechnungsprogrammen bzw. Ausfüllhilfen enthaltene Kennzeichen „Mehrfachbeschäftigung“.

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