Seniorenberatung: Buch mit sieben Siegeln?

In den nächsten Jahren wird sich die Altersstruktur in Deutschland weiter verändern. Der Anteil der Ü50-Generation steigt. Diese Generation konnte in Zeiten des Wirtschaftswachstum Vermögen bilden und gleichzeitig Vermögen durch Schenkung oder Vererbung vermehren. Für Steuerberater ergibt sich dadurch die Chance für ein neues Beratungsstandbein, diese finanzstarke Zielgruppe in die Kanzleistrategie zu verankern und ganzheitlich zu beraten. Als sog. Seniorenberater.

Im Interview mit Sandra Buchwald, Projektleiterin bei NWB erläutert Pawel Blucz, Partner, Rechtsanwalt und Steuerberater bei RITTERSHAUS Rechtsanwälte, welche Herausforderungen den Alltag eines Seniorenberaters ausmachen.

Seniorenberatung ist in der Praxis sicherlich nicht einfach. Wie steigen Sie in das Beratungsgespräch mit einem Mandanten über seine Nachfolgeplanung ein?

In der Tat ist das Thema nicht einfach, in vielerlei Hinsicht. Wenn man einen 50jährigen Mandanten direkt anspricht, bekommt man häufig die Antwort, dass er bei weitem noch nicht so alt sei. Viele nehmen das auch persönlich. Viel besser gelingt aus meiner Erfahrung der Einstieg in das Thema, wenn man die Frage nicht am Alter festmacht, sondern dem Mandanten einen Austausch über seine Notfallplanung z.B. für den Fall eines Unfalls anbietet. Der Tod muss nicht zwingend altersbedingt eintreten, sondern kann auch unerwartet krankheits- oder unfallbedingt passieren. Da ist es unabhängig vom Alter für jeden wichtig, zu wissen, was dann auf seine Erben steuerrechtlich und rechtlich zukommt.

Das verstehe ich. Das simuliert den Tod eines Mandanten, lässt aber die Ursache offen, wie ein „Probesterben“. Aber ist das Thema für einen laufenden Berater nicht zu vielschichtig? Birgt das nicht Haftungsrisiken?

In der Tat ist die Seniorenberatung anspruchsvoll. Das liegt daran, dass in diesem Bereich sehr viele Schnittstellen bestehen. Wir können meistens keinen Gesellschaftsvertrag und kein Testament entwerfen, ohne die Entwürfe auf steuerliche Implikationen zu prüfen. Umgekehrt gilt dies auch für steuerlich motivierte Gestaltungen. Diese müssen sich innerhalb rechtlicher Leitplanken bewegen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Seniorenberater auch über den Tellerrand schaut und sich auch Wissen in anderen Rechtsgebieten aneignet.

Sehen Sie aktuell besondere Herausforderungen, die auf die Berater zukommen?

Es gibt verschiedene Tendenzen, die sich schon seit mehreren Jahren abzeichnen. Zum einen ist festzustellen, dass die Komplexität zunimmt. Die meisten Mandanten wünschen sich eine einfache Lösung, bringen aber einen komplexen Sachverhalt mit. Wertpapiere müssen in einer anderen Struktur verwaltet werden als Immobilien. Eine immobilienoptimierte Struktur ist wiederum für das operative Geschäft nicht die richtige Antwort. Die Antwort auf Komplexität ist nicht Einfachheit, sondern Variantenreichtum. Darüber hinaus beobachten wir zunehmende Internationalisierung bei den Mandanten.

Während in der Vergangenheit eine Ferienimmobilie im Ausland die höchste Stufe der Internationalisierung war, merkt man, dass immer mehr Mandanten mit dem Gedanken spielen, ins Ausland zu ziehen, seine Kinder im Ausland studieren, sein Ehepartner aus einem anderen Land stammt und auch Investitionen m Ausland getätigt werden. Darauf muss der Berater vorbereitet sein, wenn er ein kompetenter Gesprächspartner für seinen Mandanten bleiben will. Darüber hinaus ist auch flexibles Denken erforderlich. Allein in den vergangenen Monaten gab es viele neue Gesetze, die viel Bekanntes in Frage gestellt haben, aber auch viel Potential für neue Gestaltungen geschaffen haben. Da ist eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt ein guter Allrounder, aber lange nicht mehr ausreichend. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Womit beschäftigen Sie sich aktuell am Intensivsten?

Das ist ein großer Vorteil der Seniorenberatung, dass die Beratungspraxis sehr vielfältig ist. Sehr häufig kommen Güterstandschaukeln zum Einsatz, um das Vermögen gleichmäßiger zwischen den Ehegatten zu verteilen und dadurch beide Ehegatten wirtschaftlich in die Lage hineinzuversetzen, schenkungsteuerliche Freibeträge zugunsten der Kinder und Enkelkinder zu nutzen. Häufig wünschen sich auch Mandanten, dass sie das Vermögen zwar auf die nächste Generation übertragen, aber zeitgleich die Kontrolle zurückbehalten. Ein Nießbrauchsvorbehalt wird dem natürlich nicht gerecht, weil es sich dabei nur um ein Fruchtziehungsrecht und kein Kontrollinstrument handelt. Diesen Zweck erreichen wir mit Familiengesellschaften/Familienpools. Insbesondere seit der Erbschaftsteuerreform erleben zudem Familienstiftungen im In- und Ausland eine Renaissance.

Das ist ein sehr wichtiges und aktuelles Thema, mit dem sich jeder Berater zumindest grundsätzlich auseinandersetzen sollte. Berater können das Thema nicht einfach pauschal zurückweisen, indem sie sagen, ihre Mandanten seien zu klein oder möchten das Vermögen nicht für immer loswerden. Beides hört man in der Praxis von Beratern häufig, spiegelt aber veraltete Vorstellungen von Familienstiftungen wieder. Und nicht zuletzt merkt man auch, dass der Wahlkampf zu einer sehr großen Verunsicherung geführt hat. Viele Mandanten machen sich Sorgen wegen einer möglichen Abschaffung der Abgeltungsteuer, Einführung der Vermögensteuer/Vermögensabgabe, Erhöhung der Einkommensteuer und nicht zuletzt wegen Verschärfungen bei der Erbschaftsteuer. Viele suchen Rat und überlegen, ob man bereits jetzt die Weichen stellen sollte, falls nächstes Jahr ggf. ein Gesetz mit Rückwirkung in Kraft treten könnte.

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