Stiftungsrechtsreform: Das neue Stiftungsrecht
Einen Weg, der bis zur Verabschiedung im Bundestag und Bundesrat am 24. und 25.6.2021 von einer kontroversen Diskussion begleitet war. Die teils vernichtende Kritik am Referentenentwurf nahm jedoch mit der Zeit ab, bringt doch die Stiftungsrechtsreform wesentliche Verbesserungen für das Stiftungsrecht in Deutschland.
Zentrale Bestandteile der Stiftungsrechtsreform
Die Stiftungsrechtsreform beinhaltet umfassende Änderungen des deutschen Stiftungsrechts. Seine zentralen Bestandteile sind
- die Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts auf Bundesebene im BGB,
- die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters mit (negativer) Publizitätswirkung,
- eine eigenständigere, umfangreiche Kodifizierung zur Organisationsverfassung und zum Stiftungsvermögen,
- ergänzende Regelungen zur Verbrauchsstiftung,
- die Einführung eines gesetzlichen, umfassenden Ermächtigungskatalogs zu Strukturmaßnahmen, also zur Vornahme von Satzungs- und Zweckänderungen, zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, zur Zu- und Zusammenlegung sowie zur Auflösung einer Stiftung.
Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts
Das Zivilrecht der Stiftung bürgerlichen Rechts wird künftig bundeseinheitlich und abschließend im BGB in 29 Paragrafen (bislang waren es neun) geregelt sein. Diese Vereinheitlichung wurde lange herbeigesehnt. Es steht zu erwarten, dass sie zu mehr Rechtssicherheit und zu einer größeren Einheitlichkeit der Rechtsanwendung im Stiftungsrecht über das Bundesgebiet beitragen. Im Gegenzug werden die bislang divergierenden stiftungszivilrechtlichen Vorschriften der einzelnen Landesstiftungsgesetze obsolet.
Öffentliches Stiftungsregister ab 2026
Zum 1.1.2026 wird ein elektronisches Stiftungsregister eingeführt, das zentral vom Bundesamt für Justiz geführt wird und in dem sich alle Stiftungen bis spätestens 31.12.2026 anmelden müssen. Dabei müssen nicht nur die Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter samt Vertretungsmacht angegeben, sondern auch die Dokumente über die Bestellung und die Satzung beigefügt werden.
Legaldefinition der Stiftung
Der Reformgesetzgeber hat sich auch nicht gescheut, grundsätzliche Festlegungen zur Stiftung als Rechtsform zu treffen. Künftig wird sich in § 80 Abs. 1 Satz 1 BGB-neu eine Legaldefinition der Stiftung finden:
„Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.“ Dass sich hieraus jedoch Veränderungen für die Rechtspraxis ergeben werden, darf man bezweifeln.
Stiftungsvermögen
Das Stiftungsvermögen wird von Gesetzes wegen in dauerhaft zu erhaltendes „Grundstockvermögen“ und „sonstiges Vermögen“ unterteilt.
83c Abs. 2 BGB weist dem Grundstockvermögen das „gewidmete Vermögen“, Zustiftungen und dasjenige Vermögen zu, das von der Stiftung zu Grundstockvermögen gewidmet wurde. Das „gewidmete Vermögen“ wird in § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB-neu legal definiert als das Vermögen, das der Stifter im Stiftungsgeschäft „zur Erfüllung des von ihm vorgegebenen Stiftungszwecks widmet“. Zustiftungen werden in § 83b Abs. 2 Nr. 2 BGB-neu entsprechend dem bisherigen Begriffsverständnis legal definiert als „das der Stiftung zugewendete Vermögen, das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden“.
Verbrauchsstiftung
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es einer Ewigkeitsstiftung möglich, sich in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln, wobei in diesem Zuge zugleich auch die besonderen Satzungsanforderungen an eine Verbrauchsstiftung nach § 81 Abs. 2 BGB neu umgesetzt werden müssen.
Praxishinweis: Es ist zu erwarten, dass in der Praxis dieser Weg von zahlreichen Stiftungen mit unzureichender Kapitalausstattung intensiv geprüft werden wird. Insoweit beinhaltet das Reformgesetz eine wesentliche Erleichterung gegenüber dem bislang geltenden Recht, das sich mit dieser Umwandlungsform weder auf Bundes- noch auf Landesebene überhaupt befasst hatte.
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„Für viele Stiftungen können vor allem die Neuerungen ...
... im Bereich der Satzungs- und Grundlagenänderungen lange erwünschte Reaktionsmöglichkeiten für Durststrecken eröffnen und etwa eine Zulegung oder auch eine Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung endlich eröffnen.
Das neue Recht wird in verschiedenen Bereichen aber auch restriktiver sein: Gestaltungsfreiheit wird zum Beispiel im Bereich abweichender Regelungen für Satzungsänderungen verloren gehen. Aus diesem Grund sollten Sie frühzeitig darüber nachdenken, welche Anpassungen noch vor Inkrafttreten der Reform sinnvoll sind. Unser Themen-Special, ein Originalbeitrag aus NWB Erben und Vermögen, zeigt Ihnen, wo Sie bereits heute ansetzen können.“
Dr. Dirk Schauer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Partner bei CMS Hasche Sigle, Stuttgart. Er berät Stifter, Familienstiftungen, Unternehmensstiftungen und gemeinnützige Stiftungen bei der Stiftungserrichtung, bei Satzungs- und Grundlagenänderungen, bei der Restrukturierung sowie in allen laufenden stiftungsrechtlichen Fragen und Verfahren.
Dr. Jasper Stallmann, Rechtsanwalt, Counsel bei CMS Hasche Sigle, Hamburg. Seine Schwerpunkte liegen im Erb- und Stiftungsrecht mit starken Bezügen zum Gesellschaftsrecht sowie zum internationalen Privatrecht. Zu seiner Tätigkeit gehören die Gestaltung von lebzeitigen und letztwilligen Vermögensübertragungen, Familiengesellschaften und Stiftungen.
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