Vorabentscheidungsersuchen des FG Baden-Württemberg an den EuGH

Verstößt die Umsatzsteuerbefreiung ( § 4 Nr. 13 UStG) der Wärmelieferung einer Wohnungseigentümergemeinschaft an die Wohnungseigentümer gegen das Unionsrecht?

Fritz Schmidt, Stuttgart 

Eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft (im Folgenden WEG), die aus einer GmbH, einer staatlichen Behörde und einer Gemeinde besteht, errichtete ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Der darin erzeugte Strom wurde ins öffentliche Netz und die Wärme an die Wohnungs- bzw. Teileigentümer geliefert. Die klagende WEG begehrte den vollständigen Vorsteuerabzug aus der Errichtung des BHKW, während das Finanzamt nur einen anteiligen Vorsteuerabzug in Höhe von 28 % im Zusammenhang mit dem umsatzsteuerpflichtig gelieferten Strom zuließ. Nachdem der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, erhob die WEG Klage mit der Begründung, dass § 4 Nr. 13 UStG europarechtswidrig sei.

Da das NWB NAAAH-27770) Zweifel hat, ob die deutsche Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 13 UStG mit der MwStSystRL vereinbar ist, legte es diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor (Az. beim EuGH: C-449/19). Das Finanzgericht setzt sich in seinem Vorabentscheidungsersuchen mit den in der Literatur geäußerten Auffassungen zur Begründung des § 4 Nr. 13 UStG aus dem Unionsrecht auseinander.

Eine Ermächtigungsgrundlage könnte die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL für Vermietungsleistungen sein. Der Senat bezweifelt aber, dass die Leistungen der WEG darauf gestützt werden kann, weil die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 UStG nicht auf Vermietungsleistungen abstellt.

Nach einer anderen Auffassung soll § 4 Nr. 13 UStG von der Protokollerklärung Nr. 7 der Ratstagung am  zu Art. 13 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates v.  zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Abl EU 1977, L 145, S. 1) – gedeckt sein. Die Anwendbarkeit unter dem Regime der MwStSystRL wird mit Art. 136 Buchst. a MwStSystRL in Verbindung mit der Protokollerklärung 1 zur MwStSystRL begründet, worin es heißt, dass in Anbetracht der früheren Protokollerklärungen und der späteren Änderungsrichtlinien der Rat und die Kommission bestätigten, dass diese von der Aufhebung dieser Richtlinien nicht berührt werden. Das Finanzgericht hat gegen diese Auffassung Bedenken, weil nach der Rechtsprechung des EuGH eine Protokollerklärung nicht zur Auslegung einer Bestimmung herangezogen werden darf, wenn der Inhalt der Erklärung in der fraglichen Bestimmung keinen Ausdruck gefunden und somit keine rechtliche Bedeutung hat. Da weder in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG noch in Art. 16 MwStSystRL ein gesetzgeberischer Wille zur Steuerbefreiung von Lieferungen durch eine WEG an die Eigentümer für das Finanzgericht erkennbar ist, erscheint die Anwendung der Protokollerklärung für die zu entscheidende Rechtsfrage nicht möglich.

Es wird auch die Auffassung vertreten, dass § 4 Nr. 13 UStG nur deklaratorischen Charakter habe, weil die Leistung einer WEG an die Eigentümer ohnehin kein steuerbarer Umsatz sei. Das Finanzgericht wendet gegen diese Auffassung ein, dass dann aber überhaupt keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht, weil kein steuerbarer Umsatz i. S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a vorliegt und dann nach Art. 168 MwstSystRL kein Vorsteuerabzug möglich ist.

Schließlich wird in der Literatur noch die Unternehmereigenschaft der WEG verneint oder auch die Auffassung vertreten, dass überhaupt keine Leistung gegen Entgelt vorliege, da die Kostenumlage nur einen Gesamtschuldnerausgleich i. S. des § 426 BGB darstelle. Wäre die WEG kein Unternehmer oder würde mangels Entgelt keine steuerbare Leistung an die Eigentümer vorliegen, würde der Vorsteuerabzug und auch die Option zur Umsatzsteuer von vorneherein nicht möglich sein.

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