Dienstwagenüberlassung an Gesellschafter-Geschäftsführer – quo vadis?

Erhält ein Gesellschafter-Geschäftsführer von seiner Kapitalgesellschaft ein betriebliches Kfz zur Privatnutzung, kann dies Lohn darstellen oder zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Die Rechtsprechung des BFH ist im Detail unterschiedlich. Sogar das Konkurrenzverhältnis ist nicht ganz geklärt. Der zu Beginn dieses Jahres veröffentlichte Beschluss des I. Senats des BFH vom 30. 9. 2015 - I B 85/14 zeigt mögliche weitere Blickrichtungen auf.

Anscheinsbeweis?

Die Rechtsprechung des für die Körperschaftsteuer zuständigen I. Senats des BFH zu den Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Dienstwagenüberlassung ist im Wesentlichen seit dem Jahr 2008 unverändert. Danach ist die Frage, ob der Gesellschafter das von der Kapitalgesellschaft überlassene Dienstfahrzeug privat genutzt hat, mit Hilfe eines Anscheinsbeweises zu klären. Der Anscheinsbeweis streitet insbesondere dann für eine private Nutzung, wenn kein Fahrtenbuch geführt oder eine Privatnutzung nicht durch organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen wird. Ist eine Privatnutzung nachgewiesen, ist diese durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (mit der Folge der verdeckten Gewinnausschüttung), wenn die Nutzung nicht vertraglich erlaubt ist oder über die Erlaubnis hinausgeht oder einem ausdrücklichen Verbot widerspricht (BFH, Urteil vom 23. 1. 2008 - I R 8/06 , BStBl 2012 II S. 260).

Demgegenüber verzichtet der für die Lohneinkünfte zuständige VI. Senat des BFH in neuerer Rechtsprechung auf einen Anscheinsbeweis. Vielmehr ist nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zu klären, ob ein Angestellter ein betriebliches Kfz auch privat nutzen darf. Steht diese Nutzungsbefugnis fest, kommt es auf die tatsächliche Privatnutzung nicht an; es ist von einem Lohnzufluss auszugehen (BFH, Urteil vom 18. 4. 2013 - VI R 23/12),

Konkurrenzverhältnis?

Auch das Konkurrenzverhältnis zwischen verdeckter Gewinnausschüttung und Lohn ist im Detail nicht geklärt. Eigentlich sollten sich beide Rechtsfolgen gegenseitig ausschließen. Während jedoch der I. Senat des BFH die beschriebenen Kriterien anwendet und darüber hinaus bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine klare, im Voraus abgeschlossene Vereinbarung über die Privatnutzung verlangt, kann nach der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH auch eine „vertragswidrige“ private Nutzung eines betrieblichen Kfz als Lohn anzusehen sein, wenn eine „wertende Betrachtung aller Gesamtumstände“ diese Zuordnung gebietet (BFH, Urteil vom 23. 4. 2009 - VI R 81/06 , BStBl 2012 II S. 262).

Mögliche Entwicklung der Rechtsprechung

Der BFH hat im Beschluss vom 30. 9. 2015 - I B 85/14 ausgeführt, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zur Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung wegen des fehlenden Interessengegensatzes wohl „strengere Maßstäbe“ anzulegen seien. Dies könnte darauf hindeuten, dass er bei der Privatnutzung betrieblicher Kfz weiterhin einen Anscheinsbeweis anwenden wird. Die Frage ist aber noch nicht abschließend geklärt.<

Von Dr. Fabian Schmitz-Herscheidt, LL.M. (Edinb.), Richter am Finanzgericht in Münster.

Die ausführliche Fassung dieses Beitrags (mit Praxistipp, Hinweisen und Schaubildern) finden Sie hier in der NWB Datenbank.

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