Sachlich und professionell: So bändigen Sie unzufriedene Mandanten

Auseinandersetzungen mit Mandanten sind für Steuerberater eine Herausforderung: Es ist wichtig, sich auf solche Situationen vorzubereiten – und gekonnt mit ihnen umzugehen.

Michael Knust ist ein Steuerberater, der auf entspannte Stimmung Wert legt. Vor drei Jahren hat sich Knust in Bremerhaven selbstständig gemacht. Einer seiner Slogans lautet: „Wir bei Knust sehen Steuererklärungen wie einen Tag am Strand. “ Das Signal: In dieser Kanzlei können sich die Mandanten zurücklehnen, vertrauen und den Steuerberater einfach machen lassen. Hier liegt in der Ruhe die Kraft, hier funktioniert alles wie von selbst. Knust erklärt das gerne anhand der Buchstaben seines Nachnamens: Sie stunden für kreativ, nah, unerwartet, strukturiert und typisch, und genau nach diesen Grundsätzen führe er seine Kanzlei. Meist funktioniert das sehr gut, und meist sorgen die Prozesse der Kanzlei dafür, dass alles reibungslos funktioniert. Allerdings kommt es alle paar Monate auch vor, dass diese Idylle gestört wird, dass Fehler passieren, Mandanten sich beschweren und unzufrieden sind. Knust weiß. in solchen Fällen genau, wie er reagieren muss. „Unser Konfliktmanagement ist ein fester Bestandteil unseres Qualitätsmanagements“, sagt der Steuerberater. Wenn es einmal zwischen Berater und Mandant knirscht, gibt es festgelegte Abläufe, die aus einem unzufriedenen Mandanten in kürzester Zeit einen zufriedenen Mandanten machen sollen. In einem Großteil aller Falle klappt das.

Zunehmend auf Konflikte vorbereiten

Jeder Steuerberater sollte sich Gedanken über ein funktionierendes Konfliktmanagement machen, ganz unabhängig von Kerngeschäftsfeldern und Kanzleigröße. Der Grund: Steuerberatung ist aufgrund der Dynamik und der Komplexität des Steuerrechts ein fehleranfälliges Gebiet. Mandanten sind außerdem inzwischen streitfreudiger als noch vor einigen Jahren, sie verlangen häufiger Schadensersatz, wenn etwas schiefläuft. Sie informieren sich online und halten sich immer häufiger selbst für Experten. Auf diese Entwicklungen müssen Steuerberater reagieren: Sie müssen sich auf unangenehme Konfliktsituationen vorbereiten.

Bei Michael Knust haben sich in diesem Jahr zweimal Mandanten beschwert. In solchen Fällen halt sich der Berater ganz genau an seinen Handlungsplan: Im ersten Schritt hört er seinen Mandanten genau zu. Sie sollen die Gelegenheit bekommen, ausgiebig über ihre Nöte und Sorgen zu sprechen, sie sollen erst einmal ihren Ärger loswerden und gleichzeitig das Gefühl vermittelt bekommen, dass ihr Berater das Anliegen nicht nur ernst nimmt, sondern auch Zeit dafür investiert. Im zweiten Schritt reagiert die Kanzlei innerhalb kürzester Zeit auf die Beschwerde, also möglichst innerhalb weniger Tage.

Aufschieben hilft nicht

Genauso sollte es organisiert sein, sagt Ulrike Fuldner, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie hat in ihrer jahrzehntelangen Berufspraxis viel Erfahrung mit Beschwerden gesammelt und verschiedene Aufsätze und Fachbeiträge zum Thema verfasst. „Beschwerden dürfen keinesfalls abgewiegelt werden“, sagt Fuldner. „Es ist wichtig, jede Beschwerde grundsätzlich ernst zu nehmen und sofort darauf zu reagieren.“ Das ist wichtig, wenn die Berufshaftpflichtversicherung eingeschaltet werden muss, hat aber auch psychologische Vorteile: in der Kanzlei wird die unangenehme Auseinandersetzung nicht nach hinten geschoben, sondern schnell erledigt. Der Mandant hingegen fühlt sich ernst genommen und wertgeschätzt.

Die Voraussetzung dafür ist eine offene und konstruktive Fehlerkultur innerhalb der Kanzlei. Im Idealfall machen Kanzleiinhaber deutlich, dass Fehler vollkommen in Ordnung sind, dass sie immer und jedem passieren können und dass es sogar gut ist, wenn Fehler passieren. Denn: Anhand von Fehlern zeigt sich, wo es noch Verbesserungsbedarf innerhalb der Kanzlei gibt. In Kanzleien, in denen eine positive Fehlerkultur nicht verankert ist, kann es passieren, dass Mitarbeiter sich vor der Reaktion ihres Chefs fürchten und Fehler lieber verschweigen. „Das ist sehr gefährlich“, sagt Fuldner. „Wer sich nicht traut, mit seinem Chef über eigene Fehler zu sprechen, wird womöglich auch zu spät Alarm schlagen oder gar versuchen, etwas zu vertuschen.“ Für Kanzleiinhaber bedeutet das: Sie müssen ihren Mitarbeitern signalisieren, dass sie hinter ihnen stehen, auch wenn es mal brenzlig wird. „Nur wenn Mitarbeiter Rückendeckung von der Kanzleileitung haben, werden sie Rat beim Chef suchen, und nur dann hat die Kanzlei auch die Möglichkeit, schnell zu reagieren.“

StB Michael KnustDas hat auch Michael Knust erkannt. Fur ihn ist es selbstverständlich, dass jeder Mitarbeiter jederzeit zu ihm kommen und ihn um Rat fragen kann. „Wenn Mandanten sich beschweren, ist das für uns eigentlich ein gutes Zeichen“, sagt der Steuerberater aus Bremerhaven. „Damit geben sie uns schließlich die Möglichkeit, den Fehler wieder auszubessern. Und sie geben uns die Möglichkeit, uns zu verbessern.“ Michael Knust geht sogar noch einen Schritt weiter: Er möchte, dass die komplette Kanzlei von jedem Fehler profitiert und hat deshalb eine Fehlerliste erstellt, die für jeden einsehbar ist. „In dieser Liste trägt jeder seine Fehler ein und erklärt dazu, wie der Fehler entstanden ist und wie er anschließend behoben wurde.“ So soll die gesamte Kanzlei profitieren. „Wir wollen niemanden an den Pranger stellen, und die Mitarbeiter empfinden das auch nicht so“, betont Knust. „Vielmehr geht es darum zu lernen, wie wir zukünftig mit Fehlern umgehen und wie wir Fehler grundsätzlich vermeiden können.“ Eine positive Fehlerkultur ist auch für die Mitarbeiterbindung wichtig. Gerade in einer Branche, in der gute Mitarbeiter Mangelware sind, müssen Steuerberater alles dafür tun, dass sich die Angestellten in der Kanzlei wohlfühlen und gern arbeiten. Eine positive, offene Fehlerkultur ist dafür unerlässlich.

Es gilt allerdings: Nicht jede Beschwerde muss grundsätzlich zur Chefsache erklärt werden. Oft ergibt es gerade in der Anfangsphase Sinn, wenn sich erst einmal der verantwortliche Mitarbeiter mit dem unzufriedenen Mandanten unterhält. Schließlich ist der Mitarbeiter in den allermeisten Fällen viel näher am Mandanten, er kennt ihn besser, kennt die Sachlage und kann so auch qualifiziert etwas dazu sagen. Erst wenn der Mitarbeiter überfordert ist, nicht mehr weiter weiß oder einfach psychologische Unterstützung braucht, ist es ratsam, den Kanzleiinhaber einzuschalten. Steuerberater sollten sich gleichzeitig aber nicht dazu hinreißen lassen, ihre Mitarbeiter bei solchen Gelegenheiten ganz allein zu lassen, warnt Expertin Fuldner: „Viele Steuerberater neigen dazu, ihre Mitarbeiter vorzuschicken, wenn ein aufgebrachter Mandant anruft oder in der Kanzlei erscheint. Das geht natürlich gar nicht. Mandanten-Beschwerden sind immer Chefsache.“ Nur dann gelingt es der Kanzlei, den Mandanten auch deutlich zu machen, wie ernst ihre Angelegenheiten genommen werden und wie wichtig sie für die Kanzlei sind.

Manchmal kommt es zu wirklich schwerwiegenden Problemen, durch die für Mandanten große finanzielle Schaden entstehen können. In solchen Fällen sollten Steuerberater so schnell wie möglich, spätestens aber nach einer Woche, die Sachlage ihrer Berufshaftpflichtversicherung mitteilen. Auch wenn solche Fehler selten vorkommen, ist auch hier eine korrekte, zügige Abwicklung extrem wichtig.

Nicht nur Selbstkritik üben

Nicht immer ist die Kanzlei schuld, wenn es zu Problemen kommt. Manche Mandanten sind bei Beratern auch als Dauernörgler bekannt: Sie finden immer wieder etwas zu meckern, beschweren sich, auch wenn es eigentlich nichts zu beanstanden gibt und malträtieren Kanzleichef und Mitarbeiter mit E-Mails und Telefonaten. „Auch bei solchen Dauernörglern kann es passieren, dass Konflikte sich immer weiter aufschaukeln, wenn die Kanzlei signalisiert, dass sie die Anliegen nicht richtig ernst nimmt“, sagt Rechtsanwältin Fuldner. Deshalb sollten Berater ihren anstrengenden Dauer-Nörglern schon möglichst früh den Wind aus den Segeln nehmen. Es gilt: Berater sollten aktiv das Gespräch suchen, stets sachlich bleiben und lösungsorientiert denken. Was genau beanstandet der Mandant? Was kann zukünftig verändert werden, damit er sich nicht mehr beschwert?

RAin FAStR Ulrike FuldnerIn absoluten Härtefällen ist es auch zulässig, sich von einem Mandat zu verabschieden, sagt Fuldner. „In solchen Fällen sollten Kanzleiinhaber die Kündigung persönlich aussprechen, und zwar professionell und diplomatisch. Die Botschaft sollte stets lauten: Die Zusammenarbeit zwischen uns funktioniert nicht mehr, aber wir schätzen Sie trotzdem als Mensch und wünschen Ihnen alles Gute.“ Überhaupt sollte das bei jeglicher Kommunikation immer ein Grundsatz sein: Selbst wenn Mandanten ihre Unzufriedenheit schroff und unprofessionell vortragen, sollte eine Kanzlei trotzdem sachlich bleiben und niemals persönlich werden. Ein professioneller Auftritt sollte immer gewahrt bleiben.

Manchmal bemerken Steuerberater oder ihre Mitarbeiter Fehler, bevor Mandanten sie entdeckt haben. In diesen Fällen ist es wichtig, dass Berater zunächst prüfen, ob der Fehler noch behoben werden kann, ohne dass ein Schaden entsteht. Wenn das nicht der Fall ist, darf die Kanzlei auf keinen Fall abwarten oder versuchen, das Problem auszusitzen. Vielmehr sollten Steuerberater und Kanzleimitarbeiter von sich aus auf den Mandanten zugehen, das Gespräch suchen und versuchen, eine Lösung zu entwickeln.

Die Beschwerde an sich positiv betrachten

Noch gefährlicher als unzufriedene Mandanten sind solche, die zwar unzufrieden sind, aber sich gar nicht erst beim Berater beschweren. Das Problem: Die Kanzlei weiß nicht, ob und aus welchen Gründen ihr Mandant unzufrieden ist und kann dementsprechend auch das Problem nicht lösen. „Meiner Erfahrung nach ist es viel häufiger der Fall, dass sich Mandanten über ihre Unzufriedenheit gar nicht äußern“, sagt Expertin Fuldner. „Und das ist meines Erachtens ein echtes Problem für die Kanzleien, weil es unter Umständen deren Image gefährden kann.“ Denn ein unzufriedener Mandant, der sich nicht beschwert, wechselt womöglich die Kanzlei, schreibt schlechte Bewertungen auf entsprechenden Portalen und erzählt seinen Bekannten von dem Negativ-Erlebnis. „In einigen Fällen reagieren Steuerberater dann zudem sehr unprofessionell und verschlimmern die Situation dadurch noch“, sagt die Anwältin. „Sie fühlen sich persönlich gekränkt, legen dem Mandanten viele Steine in den Weg, verzögern den Wechsel zum Konkurrenten und stellen zum Abschluss auch noch überhöhte Rechnungen.“

Feedback-Kultur etablieren

Damit es gar nicht erst so weit kommt, empfehlen Experten wie Fuldner eine professionelle Feedback-Kultur. In der Praxis könnte das zum Beispiel so aussehen: In regelmäßigen Abständen, etwa einmal im Jahr, gibt die Kanzlei ihren Mandanten die Möglichkeit, Kritik zu äußern. In einer Online-Befragung bekommen die Kunden die Möglichkeit, die Kanzlei zu bewerten: Wie sehen Sie das Preis-Leistungs-Verhältnis? Wie zufrieden sind Sie mit dem Service der Kanzlei? Wie bewerten Sie zusätzliche Leistungen wie betriebswirtschaftliche Beratung? In solch einer Befragung sollten auch Parameter wie Zuverlässigkeit, Freundlichkeit, Termintreue und Hilfsbereitschaft vorkommen. Es gilt: Jedes einzelne Feedback, egal ob positiv oder negativ, macht Verbesserungen erst möglich. Und: Die Möglichkeit, Feedback zu geben, vermittelt auch den Mandanten der Kanzlei ein positives Signal.

Autorinnen: Josephine Pabst und Sarah Sommer

Aus dem SteuerberaterMagazin 9|2016

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