Klausurtechnik kurzgefasst – Verfahrensrecht

In dieser und in den nachfolgenden SteuerStud-Ausgaben fassen wir kurz und knapp die wichtigsten Erfolgsfaktoren zum Thema „Klausurtechnik“ zusammen. Wir beginnen mit der gemischten Klausur des ersten Prüfungstags und hier mit der Teilaufgabe zum Verfahrensrecht.

Erfahrungsgemäß bereitet die Abgabenordnung (AO) den meisten Teilnehmern im schriftlichen StB-Examen die größten Probleme. Als Gründe hierfür sind insbesondere die folgenden Aspekte zu nennen:

  • Der AO-Teil bildet in nahezu allen Fällen den umfangreichsten Sachverhalt des gesamten StB-Examens. Eine Sachverhaltslänge von sechs bis zwölf (!) Seiten Fließtext ist nicht unüblich.
  • Innerhalb der Sachverhalte sind viele kleine Teile eines großen Gesamtbilds versteckt, die herausgefiltert, in die richtige Reihenfolge gebracht und dann rechtlich sauber abgeprüft werden müssen. Dies ist nicht nur in Anbetracht der Sachverhaltslänge eine große Herausforderung. Bildlich gesprochen funktioniert der AO-Teil wie ein großes „Puzzle“, bei dem das Gros der Puzzle-Teile nahezu gleich aussieht und sich ein stimmiges Bild erst im Verbund mit den vielen anderen Teilen ergibt.
  • Die Lösung des AO-Teils erfordert eine saubere Prüfungssystematik, die konsequent in der gesamten Lösung beibehalten werden muss.
  • Viele Teilnehmer lösen den AO-Teil zuletzt, so dass oftmals nicht mehr genügend Zeit zur sauberen Bearbeitung der Aufgaben bleibt und die Lösung, wenn überhaupt, oberflächlicher Natur ist.

„Dann lasse ich den AO-Teil lieber direkt komplett weg und konzentriere mich nur auf Erbschaft- und Umsatzsteuer!“ – So denken nicht wenige Teilnehmer in Anbetracht dieser Probleme. Allerdings ein komplettes Drittel der Klausur bereits von Anfang an als „verloren“ abzuschreiben, kann keinesfalls eine Option sein! Nachfolgend daher unsere Tipps für eine erfolgreiche Herangehensweise:

  • Den Sachverhalt „richtig“ lesen und markieren: Direkt beim ersten Lesen des Sachverhalts sollten die wichtigsten Elemente, wie bspw. die Daten von Bescheiden, entweder besonders hervorgehoben oder auf einem separaten Blatt vermerkt werden. Es fehlt schlichtweg die Zeit, immer wieder den ganzen Sachverhalt nach wichtigen Informationen abzusuchen. Lieber sich den Sachverhalt einmal richtig und ordentlich als mehrfach erarbeiten! Hierfür bieten sich Stichpunkte neben dem Sachverhalt an, um bei der Erstellung der Lösungsskizze (s. u.) bzw. beim Schreiben der Lösung den erforderlichen Überblick zu behalten. Dafür können z. B. das Bekanntgabedatum von Bescheiden nebst Einspruchsfrist oder Hinweise auf üblich zu prüfende Korrekturvorschriften vermerkt werden. Hilfreich kann auch ein Zeitstrahl sein, in dem die wichtigsten Daten eingetragen sind.
  • Mit einer Lösungsskizze arbeiten: Da der AO-Teil mit einem großen „Puzzle“ vergleichbar ist (s. o.), kann auch einfach „drauf los gepuzzelt“ werden, nur um nach einiger Zeit festzustellen, dass man sich komplett verrannt hat und die ganze Aufgabe von vorne lösen muss. Erfolgsversprechend ist es hingegen, sich die Lösung anhand einer separaten Lösungsskizze zu erarbeiten. Darin sollten zunächst alle Gedanken notiert und sodann in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Hierbei ist es überhaupt nicht schlimm, wenn nicht sofort alle wichtigen Aspekte zu einem rechtlichen Problem notiert werden können! Wichtig ist allein, in einen Schreib- und insbesondere Denkfluss zu kommen! Viele Lösungsaspekte werden einem erst i. R. der Erstellung der Lösungsskizze bewusst und können dann an der passenden Stelle ergänzt werden. Unseres Erachtens sollte diese Methode i. R. der Vorbereitung mind. anhand einer Klausur ausprobiert werden, um herauszufinden, ob sie einem persönlich liegt. Im Zweifel wird man positiv überrascht sein, wie viel strukturierter die eigene Lösung geworden ist!
  • Prüfungssystematik: Aufgrund der Länge der Sachverhalte und der vielen kleinen einzelnen Probleme, „verirren“ sich viele Teilnehmer i. R. ihrer eigenen Lösung und bringen dann leider keine kohärente Systematik mehr zu Papier. Um dies zu verhindern, ist es wichtig, sich während der Vorbereitung die wichtigsten Schemata, insbesondere zum Einspruchs- und Korrekturverfahren, sauber zu erarbeiten und diese auswendig zu lernen. Nicht nur, dass auf diese Art und Weise viel weniger Punkte in der Klausur liegen gelassen werden, auch die Korrektoren wird eine ordentlich gegliederte und in ihrem Aufbau stimmige Lösung deutlich gewogener stimmen.

In der SteuerStud-Ausgabe 7/2023 folgen unsere Tipps zur Teilaufgabe zur Umsatzsteuer!

Autoren

Jan-Hendrik Hillers,
Diplom-Finanzwirt (FH) und Steuerberater, ist in der Praxisgruppe Internationales Steuerrecht bei Flick Gocke Schaumburg in Frankfurt am Main und als Dozent in der Vorbereitung auf die StB-Prüfung tätig.

Jonas Bartsch,
Diplom-Finanzwirt (FH) und Steuerberater, ist bei YPOG in Köln tätig. Berufsbegleitend hat er einen LL.M. im Unternehmensteuerrecht an der Universität zu Köln absolviert.

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