Probezeitkündigung

Worauf ist zu achten?

Während der Probezeit sollten Arbeitsverhältnisse ohne Probleme gekündigt werden können. In der Tat bestehen erhebliche Erleichterungen, allerdings gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen, die kostspielig werden können. Nachstehend werden die wesentlichen Anforderungen an Probezeitkündigungen dargestellt.

I. Rechtliche Grundlagen

Bezüglich der Kündigung in der Probezeit ergeben sich Voraussetzungen aus dem Individual- und Kollektivarbeitsrecht.

1. Individualarbeitsrecht

a) Abgrenzung Probezeit – Wartezeit

Der Begriff der Probezeit findet sich in § 622 Abs. 3 BGB. Dort heißt es wie folgt:

„Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.“

Eine vereinbarte Probezeit ermöglicht daher eine Kündigung innerhalb einer verkürzten Kündigungsfrist. Diese Frist kommt nur zum Tragen, wenn eine Probezeit vereinbart ist; längstens kann die Probezeit sechs Monate betragen. Die Probezeit ist nicht gleichbedeutend mit der sog. Wartezeit gem. § 1 KSchG, wird in der Praxis aber vielfach gleichbedeutet behandelt. Die Wartezeit regelt, dass nach einem Bestand des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten das Kündigungsschutzgesetz greift (sofern die Voraussetzungen der Betriebsgröße gem. § 23 KSchG vorliegen).

Die Probezeit kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden oder sich aus einer tarifvertraglichen Bezugnahme ergeben. Eine arbeitsvertragliche Probezeitvereinbarung unterliegt der AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB; sie kann daher z. B. wegen Intransparenz unwirksam sein.

b) Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Probezeitkündigung

Ist eine Probezeit wirksam vereinbart, kommt die verkürzte Frist zum Tragen, sofern der kündigende Arbeitgeber diese geltend macht. Die Kündigungserklärung unterliegt keinen Erleichterungen; es gilt das Schriftformerfordernis gem. § 623 BGB. Die Kündigung muss zudem vom Kündigungsberechtigten selbst unterschrieben werden. Erklärt ein Dritter die Kündigung namens und in Vollmacht des Arbeitgebers, ist eine Originalvollmacht beizufügen; andernfalls droht eine Zurückweisung der Kündigung gem. § 174 BGB.

Die Kündigung in der Probezeit muss dem Erklärungsempfänger zugehen. Der Zugang erfordert, dass die Kündigung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser von der Erklärung unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis erlangen kann (vgl. § 130 BGB).

c) Besondere Regelungen bei Auszubildenden

Bei Berufsausbildungsverhältnisses statuiert § 20 BBiG eine Sonderregelung bezüglich der Probezeit. Hiernach muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Während der Probezeit greift der besondere Kündigungsschutz gem. § 22 Abs. 2 BBiG noch nicht ein, d. h. das Berufsausbildungsverhältnis kann ohne Erfordernis eines wichtigen Grunds gekündigt werden.

d) Integrationsamt

Erfolgt die Kündigung vor Ablauf von sechs Monaten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, ist im Falle der Schwerbehinderung des Mitarbeiters keine Zustimmung des Integrationsamts erforderlich. Denn gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX greift das Zustimmungserfordernis nicht für schwerbehinderte Menschen, deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht.

2. Kollektivarbeitsrecht

a) Betriebsverfassungsrecht

Besteht ein Betriebsrat, ist dieser gem. § 102 BetrVG anzuhören. Dies gilt auch im Fall einer Probezeitkündigung. Es gibt insoweit keine Bereichsausnahme. Da es bei einer Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses keines Kündigungsgrunds bedarf, genügt bezüglich der Anhörung die Mitteilung der subjektiven Bewertung des Arbeitgebers, dass sich der Mitarbeiter nicht bewährt hat.

Das Bundesarbeitsgericht führt insoweit Folgendes aus (:

Stützt der Arbeitgeber die Kündigung in der Wartezeit auf ein subjektives Werturteil, reicht die Mitteilung allein dieses Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Auch dann, wenn dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortsetzen zu wollen, nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde liegen, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein den eigentlichen Kündigungsgrund und damit das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn in Wirklichkeit nicht das Werturteil, sondern bestimmte konkrete Verhaltensweisen oder Tatsachen den eigentlichen Kündigungsgrund bilden. Das ist Konsequenz des Grundsatzes der subjektiven Determination. Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden. Die formellen Anforderungen an die Unterrichtung des Betriebsrats sind deshalb an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen.

b) Tarifrecht

Tarifvertraglich wird vielfach eine Probezeit geregelt. Z. B. bestimmt § 2 Abs. 4 TVöD Folgendes:

„Die ersten sechs Monate der Beschäftigung gelten als Probezeit, soweit nicht eine kürzere Zeit vereinbart ist. Bei Übernahme von Auszubildenden im unmittelbaren Anschluss an das Ausbildungsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis entfällt die Probezeit.“

Die tarifliche Regelung gilt im Fall beidseitiger Tarifbindung oder aber aufgrund entsprechender Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag.

II. Praxishinweise

1. „Verlängerung“ der Probezeit

Denkbar ist, dass der Arbeitgeber nach Ablauf von sechs Monaten noch unsicher ist, ob er das Arbeitsverhältnis dauerhaft fortsetzen will. Es stellt sich dann die Frage, ob die Probezeit verlängert werden kann.

Hier ist die Antwort klar: Eine Probezeitverlängerung ist nicht möglich§ 622 Abs. 3 BGB beschränkt die maximale Dauer auf sechs Monate; zudem greift nach Ablauf von sechs Monaten das Kündigungsschutzgesetz und die Kündigung bedarf einer sozialen Rechtfertigung.

Um dennoch dem weiteren Erprobungsbedürfnis Rechnung zu tragen, kann eine Kündigung mit einer verlängerten Kündigungsfrist ausgesprochen werden, verbunden mit der Zusage, im Falle der Bewährung die Kündigung „zurückzunehmen“.

Alternativ kann ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen werden, der ebenfalls vorsieht, dass die dort geregelte Beendigung des Arbeitsvertrags beseitigt wird, wenn die weitere Erprobung zu einer positiven Bewertung führt.

In beiden Varianten sollte die verlängerte Kündigungs-/Beendigungsfrist nicht länger sein als die maximale Kündigungsfrist, die für das Arbeitsverhältnis gelten würde. Gem. § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB beträgt die Frist sieben Monate zum Monatsende. Zudem muss die Maßnahme – Kündigungserklärung resp. Abschluss des Aufhebungsvertrags – vor Ablauf der Probezeit umgesetzt werden.

2. Entwurf Aufhebungsvertrag

Ein Aufhebungsvertrag mit Bewährungsmöglichkeit könnte wie folgt gefasst werden:

Aufhebungsvereinbarung

Zwischen

[...], vertreten durch den Geschäftsführer [...], - Gesellschaft -

und

[...], - Mitarbeiter -

(Gesellschaft und Mitarbeiter zusammen auch „Parteien“ genannt).

Präambel
Während der bisherigen Beschäftigungsdauer hat sich der Mitarbeiter aus Sicht der Gesellschaft noch nicht in einer Weise bewährt, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über das Ende der Probezeit hinaus rechtfertigt. Allerdings ist die Gesellschaft der Meinung, dass sich der Mitarbeiter ggf. noch bewähren wird. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien das Folgende:

§ 1  
Der Arbeitsvertrag vom [...] (Beginn der Tätigkeit: [...]) wird einvernehmlich mit Wirkung zum [...] („Stichtag“) aufgehoben. Die verlängerte Kündigungsfrist dient der weiteren Erprobung des Mitarbeiters.

§ 2
Sollte die Gesellschaft zu dem Ergebnis kommen, dass sich der Mitarbeiter bis zum Stichtag bewährt hat, wird das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom [...] fortgesetzt und diese Aufhebungsvereinbarung damit gegenstandslos.

§ 3
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Ergänzungen und Änderungen des Vertrags bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam sein oder ihre Rechtswirksamkeit verlieren, wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die unwirksamen Bestimmungen so zu ersetzen, dass sie den ursprünglich angestrebten Erfolg soweit wie möglich erreichen.

III. Fazit

Probezeitkündigungen sind grundsätzlich normale Kündigungen und unterliegen den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen. Insbesondere gilt das Schriftformerfordernis (§ 623 BGB) und der Betriebsrat ist anzuhören (§ 102 BetrVG). Nicht erforderlich ist indes eine Zustimmung des Integrationsamts.

Eine Probezeit kann nicht verlängert werden; denkbar ist aber eine verlängerte Bewährungszeit durch eine längere Kündigungsfrist oder einen Aufhebungsvertrag, verbunden mit der Abrede, das Arbeitsverhältnis im Falle der Bewährung fortzusetzen.

Autor

Dr. Henning-Alexander Seel, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, ist in eigener Kanzlei und als Justiziar einer Unternehmensgruppe tätig. Er ist für das Landesjustizprüfungsamt Niedersachsen als Prüfer im ersten und zweiten Staatsexamen aktiv und hält gelegentlich Vorträge zu Fachthemen.

Fundstelle(n):
Lohn und Gehalt direkt digital 5/2022
NWB KAAAI-59906

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