Umsatzsteuer und Zoll – Risiken an der Schnittstelle erkennen und vermeiden

Durch die Corona-Krise stehen viele Unternehmen vor großen Herausforderungen und neuen Problemstellungen, wohingegen der Onlinehandel durch die Pandemie weiter befeuert wird und sich auch kleinere Unternehmen erstmalig mit dem Thema E-Commerce befassen.

Allerdings haben auch Onlinehändler zahlreiche Herausforderungen im EU-weiten grenzüberschreitenden Versandhandel, da in der Praxis umfangreiche umsatzsteuerliche Regelungen zu beachten sind. Sofern Waren eines Onlinehändlers nicht nur innerhalb der Europäischen Union versandt werden, sondern auch in Drittländer, wie z.B. nach UK, erhöht sich die Komplexität zusätzlich, da nicht nur umsatzsteuerrechtliche Regularien zu beachten sind, sondern auch Zollvorschriften.

In unserem Seminar „Umsatzsteuer und Zoll – Risiken an der Schnittstelle erkennen und vermeiden“ am 17.05.21 um 10 Uhr möchten wir u.a. folgende Fragen klären:

  • Welche umsatzsteuer- und zollrechtlichen Aspekte müssen Onlinehändler und deren Steuerberater also in der Praxis beachten, um abgabenrechtliche Risiken zu vermeiden?
  • Welche Änderungen haben sich seit dem Wegfall der Übergangsregelungen im Zusammenhang mit dem Brexit am 01.01.2021 ergeben?
  • Wie sieht die Zukunft des Online-Handels in der EU im Zusammenhang mit der Umsetzung der zweiten Stufe des VAT E-Commerce Package zum 01.07.2021 aus?

Risiken an der Schnittstelle Zoll und Umsatzsteuer

Zollrechtliche und umsatzsteuerliche Risiken sind im grenzüberschreitenden Onlinehandel eng verzahnt. Dies lässt sich am Beispiel von Ausfuhrlieferungen gut verdeutlichen. Bei Lieferungen aus Deutschland in Drittländer handelt es sich sowohl aus umsatzsteuerlicher als auch aus zollrechtlicher Sicht um Ausfuhrlieferungen. Ausfuhrlieferungen sind von der Umsatzsteuer befreit, jedoch nur wenn die einschlägigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass der Lieferer entsprechende Belegnachweise führt, dass die Waren ins Drittland ausgeführt worden sind. Der Nachweis kann durch entsprechende Ausfuhrnachweise geführt werden (§ 8 UStDV). Hierzu gehört der Ausgangsvermerk, mit dem die zuständige Ausgangszollstelle bestätigt, dass die Waren die Europäische Union verlassen haben. Bei einer unzureichenden Nachweisführung kann die Steuerfreiheit möglicherweise nachträglich im Rahmen von Betriebsprüfungen versagt werden, sodass es zu einem abgabenrechtlichen Risiko für den Onlinehändler kommt.

Doch nicht nur bei der Ausfuhr von Waren sind einige Dinge zu beachten, sondern auch bei der Einfuhr von Waren aus dem Drittland. Bei der Einfuhr von Waren aus einem Drittland werden die Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) basierend auf dem Zollwert und der Zolltarifnummer festgesetzt. Sofern diese Angaben bei der Einfuhr nicht korrekt sind, entsteht für den Einführer das Risiko, dass die Einfuhrabgaben zu niedrig festgesetzt werden und dies im Rahmen einer nachträglichen Prüfung aufgedeckt wird.

Aber welche Prüfungen gibt es im Bereich Zoll und Umsatzsteuer und wo liegen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede?

Sowohl im Steuerrecht als auch im Zollrecht ist die Grundlage für eine Prüfung eine sogenannte Prüfungsanordnung (§ 196 AO ff.). Im Zollrecht kann sich eine Außenprüfung auf drei Jahre in die Vergangenheit erstrecken, wohingegen sich eine Betriebsprüfung im Steuerrecht auf bis zu zehn vergangene Jahre erstrecken kann. In beiden Fällen ist eine Vorbereitung der Prüfung unabdingbar. Hierzu gehört die Bereitstellung von Finanzbuchhaltungsdaten im sog. GoBD-Format auf einem Datenträger für den Prüfungszeitraum sowie die Vorbereitung von allgemeinen Informationen zum Unternehmen, wie zum Beispiel eine Liste mit zuständigen Ansprechpartnern aus den unterschiedlichen Geschäftsbereichen und eine Verfahrensdokumentation.

Im Hinblick auf mögliche Außenprüfungen gilt es im Bereich Umsatzsteuer und Zoll die relevanten Unternehmensprozesse so früh wie möglich in Einklang mit den rechtlichen Anforderungen zu bringen, um abgabenrechtliche Risiken zu vermeiden, denn sobald die Prüfungsanordnung da ist, gibt es nicht mehr die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Onlinehändler ist hier unabdingbar.

Brexit – Umsatzsteuerrechtliche und zollrechtliche Auswirkungen auf den Onlinehandel mit UK

Seit dem Brexit sind nun bereits mehr als 100 Tage vergangen und der europäische Handel verzeichnet in diesem Zeitraum enorme Einbrüche mit UK. Viele Händler benennen ganz klar den Brexit als wesentliches Hindernis, warum sie nicht mehr oder kaum noch nach UK verkaufen, denn faktisch ist UK seit dem 01.01.2021 aus EU-Sicht ein Drittland. Für Onlinehändler bedeutet dies, dass sich die umsatzsteuerliche Abwicklung ändert und zusätzlich Zollbestimmungen in den Fokus rücken.

Seit dem 01.01.2021 müssen bei Lieferungen an britische Abnehmer immer die deutsche und britische umsatzsteuer- und zollrechtliche Sicht gleichzeitig betrachtet werden.

Grundsätzlich sind Lieferungen von Deutschland nach Großbritannien aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als steuerfreie Ausfuhrlieferungen zu behandeln. Auch zollrechtlich handelt es sich um eine Ausfuhrlieferung, die es erfordert, dass der Onlinehändler bestimmte Zollformalitäten erfüllt, wie zum Beispiel die Abgabe einer Ausfuhranmeldung. Um Ausfuhranmeldungen abgeben zu können, ist eine Registrierung beim Zoll und die Erteilung einer EORI-Nummer durch den Zoll notwendig. Weiterhin muss für die Waren, die nach UK an Endverbraucher geliefert werden, eine Zolltarifnummer ermittelt werden, da dies eine zwingende Angabe in der Ausfuhranmeldung ist.

Durch die obenstehende umsatzsteuerliche Beurteilung von Verkäufen an Endverbraucher nach UK ändern sich die Nachweispflichten für die Steuerfreiheit der Lieferungen. Bei Ausfuhrlieferungen sind die entsprechenden Ausfuhrbelege (z.B. ATLAS) als Nachweis aufzubewahren. Fehlende Nachweise bergen das Risiko, dass die Steuerfreiheit versagt wird.

Grundsätzlich fällt bei Lieferungen, deren Versand außerhalb von Großbritannien startet – aus britischer Sicht somit Importe darstellen – an der Grenze sog. Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Zoll an. Davon abweichend unterliegen Lieferungen bis zu einem Warenwert von 135£ keinen Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer).

Neben den oben genannten Grundsätzen gibt es Konstellationen im Onlinehandel, die zu weiteren Besonderheiten bei der umsatzsteuer- und zollrechtlichen Abwicklung führen können.

One Stop Shop und Fernverkäufe – Die größte Reform der Umsatzsteuer für den Onlinehandel

Die bedeutendste Reform der EU-Umsatzsteuer-Regelungen bedeutet für Onlinehändler und Steuerberater nicht nur Erleichterungen, sondern birgt auch Fallstricke.

Ab dem 1.7.2021 fallen die nationalen Lieferschwellen weg. An deren Stelle tritt eine einzige EU-weite Lieferschwelle in Höhe von 10.000 Euro netto. Der einheitliche Schwellenwert von 10.000 Euro (netto) pro Kalenderjahr gilt ab dem 1.7.2021 für die folgenden Fälle:

  • Innergemeinschaftliche Fernverkäufe (§ 3c UStG) und
  • Digitale Dienstleistungen (z.B. Streaming oder E-Books) (§ 3a Abs. 5 UStG)

Wird dieser Betrag im Rahmen von grenzüberschreitenden Lieferungen und/oder digitalen Dienstleistungen überschritten, müssen diese Umsätze immer im Bestimmungsland versteuert werden. Das bedeutet, dass dann z.B. auch nur ein Paket nach Malta oder Litauen im Bestimmungsland versteuert werden muss.

Umsatzsteuererklärungen bei Steuerpflicht im Ausland können dann im Sitzstaat zentral über den One Stop Shop – eine Plattform des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) – gemeldet werden, um eine EU-weite Registrierungspflicht der Onlinehändler zu vermeiden. Das Bundeszentralamt für Steuern wird die gemeldeten Umsätze und auch die vereinnahmte Umsatzsteuer im Anschluss an die jeweiligen EU-Staaten verteilen.

Im Zuge der Gesetzesänderung zum 01.07.21 wird auch eine einzige Anlaufstelle für den Import – der sogenannte Import One Stop Shop (IOSS) – eingeführt. Der Import One Stop Shop kann bei aus dem Drittland eingeführten Sendungen mit einem Wert von bis zu 150 Euro genutzt werden.

Die Nutzung des One Stop Shop als einzige Anlaufstelle für Onlinehändler wird jedoch nur für bestimmte Transaktionsarten möglich sein. Händler, die z.B. am Pan EU-Programm von Amazon teilnehmen oder andere grenzüberschreitende Fulfillment-Systeme nutzen, werden zusätzliche Lösungen benötigen.

Unabhängig von den brandaktuellen Themen wie dem Brexit und One Stop Shop gibt es umfangreiche umsatzsteuer- und zollrechtliche Regelungen im grenzüberschreitenden Onlinehandel zu beachten, um steuerliche Risiken zu vermeiden. Diese möchten wir Ihnen gerne – neben den aktuellen Themen – in unserem NWB-Seminar „Umsatzsteuer und Zoll – Risiken an der Schnittstelle erkennen und vermeiden“ näherbringen.

Umsatzsteuer und Zoll

Datum: 17.05.2021
Uhrzeit: 10:00 - 12:00 Uhr
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