Liebhaberei im Steuerrecht

Der nachfolgende Beitrag ist eine Leseprobe aus dem Titel "Liebhaberei im Steuerrecht" von Oberregierungsrat Bernd Langenkämper, Dipl.-Finanzwirt (FH), LL.M. Falco Hänsch, Dipl.-Finanzwirt (FH), LL.M. Jens Wessels, Dipl.-Finanzwirt (FH) Martin Hilbertz, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater Daniel Martz, Dipl.-Finanzwirt (FH) Roland Ronig, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater Gerwin Schlegel in der 1. Auflage aus dem Jahr 2022.

I. Überblick

1. Definition der Liebhaberei

Tätigkeiten, die sich zwar rein äußerlich den Einkunftsarten i. S. des § 2 Abs. 1 EStG zuordnen lassen, aber nicht Ausdruck eines wirtschaftlichen, auf die Erzielung von positiven Erträgen gerichteten Verhaltens sind, werden aufgrund privater Neigungen und damit persönlicher Motive ausgeübt. Hieraus resultierende Einkünfte sind nicht steuerbar, negative Einkünfte können nicht mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten ausgeglichen werden.

Maßgebend für die Einkommensbesteuerung und damit den Ausgleich negativer Einkünfte mit positiven Einkünften ist die Absicht, im Rahmen eines Gesamtplans über längere Zeit positive Einkünfte, also einen Gewinn oder Überschuss zu erzielen. Tätigkeiten sind nur dann auf die Erzielung von positiven Einkünften gerichtet, wenn sie vom Streben nach einer (Betriebs-)Vermögensmehrung getragen sind. [1]

2. Unterschiede Gewinneinkunftsarten/Überschusseinkunftsarten

a) Gewinneinkunftsarten

Tätigkeiten sind nur dann auf die Erzielung von positiven Einkünften gerichtet, wenn sie vom Streben nach einer Betriebsvermögensmehrung, also einem Totalgewinn [2], getragen sind. Wertsteigerungen und stille Reserven sind bei der Berechnung des Totalgewinns mit einzubeziehen, Sonderabschreibungen oder Bewertungsfreiheiten hingegen nicht (H 15.3 EStH). [3]
Sollen nur die Selbstkosten erwirtschaftet werden, fehlt es an der Totalgewinnerzielungsabsicht. [4]
Die zu erzielende Einkommensteuerersparnis aufgrund von Verlustverrechnungen ist bei der Frage nach dem Totalgewinn nicht zu berücksichtigen. [5]

b) Überschusseinkunftsarten

Bei den Überschusseinkunftsarten bleiben Wertsteigerungen bei der Frage eines Totalüberschusses [6] – mit Ausnahme des § 22 Satz 1 Nr. 2 EStG – außer Ansatz.

3. Feststellungslast und Rechtsfolge

a) Feststellungslast [7]

Derjenige, der bestimmte Rechtsfolgen geltend machen will, trägt die objektive Feststellungslast:

  • Positive Einkünfte → Feststellungslast obliegt dem Finanzamt [8]

  • Negative Einkünfte → Feststellungslast obliegt dem Steuerpflichtigen

b) Rechtsfolge

Als Folge der steuerlichen Liebhaberei bleiben

  • sowohl positive als auch negative Einkünfte unberücksichtigt,

  • werden AfA-Beträge für die der Liebhaberei dienenden Wirtschaftsgüter nicht zum Abzug zugelassen und

  • unterliegen etwaige Veräußerungsgewinne nicht der Besteuerung. [9]

c) Vorläufige Steuerfestsetzungen

Das Finanzamt kann Steuern, die es wegen Liebhaberei vorläufig festgesetzt hat, nicht mehr erhöhen, wenn die regelmäßige Festsetzungsfrist abgelaufen ist und seit mehr als einem Jahr beurteilt werden kann, ob eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht. [10]

4. Beginn und Ende

Die steuerliche Liebhaberei und damit die Einkunftserzielungsabsicht kann

  • bereits zu Beginn der Tätigkeit fehlen [11] oder

  • im Laufe der Zeit eintreten oder wegfallen. [12]

Im Zeitpunkt des Übergangs zur Einkunftserzielungsabsicht liegt eine Betriebseröffnung vor. Die dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter sind dann mit dem Teilwert zu bewerten und anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG).

Die Aufgabe der Gewinnerzielungsabsicht [13] führt zu einem steuerneutralen Strukturwandel und stellt noch keine Betriebsaufgabe mit der Folge dar, dass das Betriebsvermögen unter Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt wird. Eine Betriebsaufgabe liegt nur vor, wenn sie vom Steuerpflichtigen selbst erklärt wird. [14]

Das spätere Entstehen einer Gewinnerzielungsabsicht hat den Wechsel von einer Liebhaberei in einen der Besteuerung unterliegenden Betrieb zur Folge. Entsteht die Gewinnerzielungsabsicht erst zu einem späteren Zeitpunkt, verliert der Betrieb von dem betreffenden Zeitpunkt an seine Eigenschaft als Liebhaberei. Die anschließend erzielten Einkünfte unterliegen dann der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer. [15]

Stellt ein Steuerpflichtiger seine mit Einkunftserzielungsabsicht begonnene Tätigkeit als Konsequenz aus der verlustbringenden Tätigkeit wieder ein, so erstreckt sich die Einkunftserzielungsabsicht auch auf die Abwicklung. [16]

5. Beweisanzeichen (H 15.3 EStH)

Bei den Gewinneinkunftsarten sind in erster Linie die Art der Tätigkeit und die Art der Betriebsführung ein Indiz und somit ein Beweisanzeichen für das Streben nach Gewinn. Das erfordert eine zukunftsgerichtete längerfristige Beurteilung, wobei die Verhältnisse im abgelaufenen Zeitraum wichtige Anhaltspunkte bieten können:

  • Art der Tätigkeit:

    • Liegt ein dem Grunde nach typischer oder eher untypischer Gewerbebetrieb vor?

    • Betrifft die Tätigkeit die Bereiche Sport, Erholung, Freizeit oder Hobby?

    • Handelt es sich um eine nebenberufliche aber nicht existenznotwendige Tätigkeit?

    • Wird die Tätigkeit nur fortgeführt, um den Betrieb für die Übergabe an einen künftigen Nachfolger aufrecht zu erhalten?

  • Art der Betriebsführung:

    • Sind umfangreiche Werbemaßnahmen durchgeführt worden?

    • Hat der Steuerpflichtige einen nach außen hin erkennbaren Geschäftssitz?

    • Sind allgemein übliche Betriebsöffnungs- oder Ansprechzeiten festgelegt?

    • Wird mit Kunden ein geschäftsüblicher Abrechnungsverkehr geführt?

    • Ist das Verhalten des Betriebsinhabers marktüblich?

    • Liegt ein steigender Kreditbedarf in Folge eines Missverhältnisses zwischen Kosten und Umsatz vor?

    • Wird die verlustbringende Tätigkeit unverändert fortgeführt?

    • Hat der Betriebsinhaber bei andauernder verlustbringender Tätigkeit Umstrukturierungsmaßnahmen ergriffen?

    • Sind bei einer verlustbringenden Tätigkeit Maßnahmen zur Betriebseinstellung ergriffen worden?

  • Ergebniserwartung:

    • Liegt bzw. lag bei Betriebseröffnung eine positive Gewinnprognose vor? [17]

    • Ist die Ergebnisprognose laufend fortgeschrieben worden?

    • Sind vor der Betriebseröffnung Marktuntersuchungen durchgeführt worden?

    • Wurde vor Beginn der Tätigkeit eine Tätigkeits- oder Investitionsplanung aufgestellt?

6. Festsetzungsfrist bei Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht

Die Ungewissheit i. S. von § 165 AO, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, ist beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen festgestellt werden können und das Finanzamt davon positive Kenntnis hat.

7. Anlaufverluste (H 15.3 EStH[18]

Anlaufverluste in den ersten Jahren der Anlauf- oder Aufbauphase sind kein Indiz für die Liebhaberei. Nur wenn von vornherein feststeht, dass der Steuerpflichtige keine Gewinne bzw. Überschüsse erzielen wird, sind Verluste nicht anzuerkennen. In Zweifelsfällen wird das Finanzamt die Veranlagung zunächst vorläufig durchführen (§ 165 AO). [19]

Wird ein Gewerbebetrieb im Wesentlichen aufgrund der persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen gegründet (Hobbybereich), so sind die in einer betriebsspezifischen Anlaufphase entstehenden Verluste nur dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn gleich zu Beginn der Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt wird, wonach angenommen werden kann, dass durch die Tätigkeit insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden kann.

Gehört die Tätigkeit nicht zum Hobbybereich eines Steuerpflichtigen, so ist ein Verlust trotz fehlendem Betriebskonzept während der Anlaufphase anzuerkennen. [20]

Die Dauer der Anlauf- oder Aufbauphase ist betriebsindividuell und branchentypisch zu bestimmen. Besondere Ereignisse wie die plötzliche längere Erkrankung des Steuerpflichtigen, konjunkturelle Einschnitte etc. sind zu berücksichtigen. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zur Durchführung von Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen wird regelmäßig ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren in Betracht kommen. [21]

II. Einzelne Einkunftsarten (H 15.3 EStH[22]

Eine Liebhaberei ist bei allen Einkunftsarten möglich, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und bei den sonstigen Einkünften ist sie eher selten:

1. Land- und Forstwirtschaft [23]

Land- und forstwirtschaftliche Betriebe werden häufig aus privaten Erwägungen als Nebenerwerbsbetriebe erworben oder den persönlichen Neigungen entsprechend betrieben.

Anlaufverluste sind dabei einzukalkulieren und Investitionsverschiebungen auf mehrere Jahre können betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Eine Anlaufphase mit Verlusten von bis zu zehn Jahren kann hinnehmbar sein. [24]

Einzelfälle:

  • Einstellung eines Verwalters

    Wird ein Verwalter durch einen Laien eingestellt, liegt nicht zwingend eine Liebhaberei vor. Führen die Verwalterkosten jedoch dauerhaft zu Verlusten, liegt keine Gewinnerzielungsabsicht vor. [25]

  • Nebenbetrieb

    Nebenbetriebe und land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind als Einheit zu beurteilen. Wird ein Nebenbetrieb jedoch zum Gewerbebetrieb, kann der land- und forstwirtschaftliche Betrieb ein Liebhabereibetrieb sein. Hierbei ist jedoch nach Betriebszweigen zu beurteilen. [26]

  • Forstbetrieb

    Gehören zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eine Landwirtschaft und eine Forstwirtschaft, die beide lebensfähige Betriebe darstellen, so ist für jeden Betriebszweig die Liebhaberei getrennt zu prüfen. [27]

    Bei der Prüfung der Liebhaberei bei Forstbetrieben [28] ist die längere Wachstumsdauer zu berücksichtigen, die Totalgewinnprognose hat sich grds. generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. [29]

    Bei der Abgrenzung eines Nebenerwerbsforstwirts von einem privaten Waldbesitzer für die Frage des Vorliegens eines forstwirtschaftlichen Betriebs ist das Kriterium der Marktteilnahme von Bedeutung [30]

  • Jagd/Jagdausübung

    Besteht ein Zusammenhang mit der Land- oder Forstwirtschaft oder einem Gewerbebetrieb (Wildbrethandel) sind die Einnahmen aus einer Jagd diesen Einkunftsarten zuzuordnen und entsprechend zu beurteilen. [31]

    Ein Jagdpächter ohne land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder Gewerbebetrieb betreibt die Jagd insgesamt als Liebhaberei.

    Bilden die Flächen eines land- und forstwirtschaftlichen Pachtbetriebs einen Eigenjagdbezirk und werden diesem durch Vertrag Flächen angegliedert, so ist der Zusammenhang der Jagd in dem vergrößerten gepachteten Eigenjagdbezirk mit dem land- und forstwirtschaftlichen Pachtbetrieb jedenfalls dann noch zu bejahen, wenn die Jagd überwiegend auf eigenbetrieblich genutzten Flächen ausgeübt wird. [32]

  • Pensionstierhaltung mit Reitpferden/Reitstall/Reitschule [33]

    Die Pensionstierhaltung ohne weitere Leistungen kann im Allgemeinen als landwirtschaftliche Betätigung angesehen werden. [34] Der Betrieb eines Reitstalls ist i. d. R. ein Gewerbebetrieb. [35]

  • Übertragung eines Landwirtschaftsbetriebs

    Bei einem landwirtschaftlichen Betrieb kann eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose unter Einbeziehung des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers in Betracht kommen, wenn der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige mittels umfangreicher Investitionen die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat. [36]

  • Weinbaubetrieb [37]

    Stehen einem Steuerpflichtigen anderweitige hohe positive Einkünfte zur Verfügung, auf deren Grundlage er in der Lage ist, einen Weinbaubetrieb trotz andauernder hoher Verluste über einen längeren Zeitraum zu führen, so bringt dieses die vom wirtschaftlichen Erfolg unabhängigen persönlichen Motive des Steuerpflichtigen zum Ausdruck. [38]

2. Gewerbebetrieb [39]

Bei neu gegründeten Gewerbebetrieben – außer bei Verlustzuweisungsgesellschaften (s. Tz. III.) – spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht. Gleichwohl kann auch in diesen Fällen die Tätigkeit auf der Befriedigung persönlicher Neigungen beruhen. [40]

Bei bestehenden Gewerbebetrieben ist die Betriebsführung Beweisanzeichen für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht. [41]

Bei einer Personengesellschaft kann sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Gesellschafterebene eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht vorliegen. [42]

Einzelfälle:

  • Atypisch stille Gesellschaft

    Die Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft zwischen überschuldeter GmbH und ihrem Alleingesellschafter ist bei einer fehlenden Sanierungsfähigkeit der GmbH steuerlich nicht berücksichtigungsfähig. [43]

  • Filmgesellschaft

    Wird ein Produktionsvertrag abgeschlossen, obwohl das Drehbuch nicht bekannt ist und auch Kenntnisse über wirtschaftliche Verwertbarkeit nicht vorliegen, handelt eine Filmgesellschaft nicht mit Gewinnerzielungsabsicht. [44]

  • Gewerblich geprägte Personengesellschaft

    Auch bei Prüfung der gewerblichen Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) muss die Absicht zur Erzielung eines Totalgewinns vorhanden sein. [45]

  • Gewerblicher Wertpapierhandel

    Auch bei Kapitalgesellschaften ist die Frage der Liebhaberei in Anlehnung an die für natürliche Personen geltenden Abgrenzungskriterien zu prüfen.

  • Möbeleinzelhandelsgeschäft

    Fehlende Reaktionen auf bereits eingetretene Verluste und das unveränderte Beibehalten des verlustbringenden Geschäftskonzeptes sind ein Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht. [46]

  • Motorbootvercharterung

    Bei der Motorbootvercharterung kann Liebhaberei anzunehmen sein, wenn der Steuerpflichtige selbst einen Motorbootführerschein hat und bei der Art der Betriebsführung auf Dauer mit Verlusten zu rechnen ist. [47]

  • Sammlung, Abverkauf

    Das FG Rheinland-Pfalz hatte mit Urteil v.  entschieden, dass eine große Anzahl von Verkäufen über die Internetplattform eBay mit damit verbundenen hohen Umsätzen keine bloße private Vermögensverwaltung mehr darstellt, auch wenn mit den Verkäufen die Auflösung einer zuvor privat angelegten Sammlung verbunden ist. [48] Die dagegen eingelegte Revision war begründet und führte zur Zurückverweisung an das Finanzgericht. [49] Der X. Senat führte aus, dass dies auch dann der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein kann, wenn privat und ohne Veräußerungsabsicht angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter veräußert werden und die Veräußerung über einen langen Zeitraum und in zahlreichen Einzelakten ausgeführt wird. Allein die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern genutzten Internetplattform führe zu keinem anderen Ergebnis.

  • Segelyacht

    Die nebenberufliche Vermietung einer Segelyacht wird selbst dann ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben, wenn sie laufend vermietet wird und aufgrund der hohen Fixkosten kein Einnahmenüberschuss erzielt wird. [50]

  • Verkauf auf dem Weihnachtsmarkt

    Die Entscheidung, ob es sich um steuerbare Einkünfte oder um Liebhaberei handelt, muss unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände des Einzelfalls und oft anhand von Indizien getroffen werden. [51]

  • Vertrieb von Wasserfahrzeugen und Tauchsportartikeln

    Die Einkunftserzielungsabsicht kann nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil über einen längeren Zeitraum beachtliche Verluste entstanden sind und mit einem Totalgewinn noch nicht gerechnet werden kann.

  • Wohnmobile

    Die Vermietung von Kraftfahrzeugen und Wohnmobilen ist grundsätzlich eine gewerbliche Betätigung. Ist bei einer Vermietung während der Sommersaison der Mietpreis so niedrig bemessen, dass selbst die Kosten nicht gedeckt werden, ist von einer Liebhaberei auszugehen. [52]

  • Gewerbliche Ferienhausvermietung

    Die Beurteilung, ob bei einer gewerblichen Ferienhausvermietung eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, richtet sich ausschließlich nach dem Totalgewinn i. S. der H 15.3 EStH[53]

  • Oldtimer

    Fallen die Reparaturkosten für einen Oldtimer gegenüber den historisch niedrigen Anschaffungskosten erheblich ins Gewicht, liegt eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. [54]

  • Ansparabschreibung

    Die Ansparabschreibung nach § 7g EStG kann nur für einen werbenden, aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmenden Betrieb gebildet werden. [55]

  • Blockheizkraftwerke

    Steuerpflichtige, die ein BHKW betreiben, erzielen hieraus nur unter der Voraussetzung des Bestehens einer Gewinnerzielungsabsicht Einkünfte aus einer gewerblicher Betätigung. [56]

  • Photovoltaikanlage

    Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. [57] Zur Gewinnerzielungsabsicht bei kleinen Photovoltaikanlagen (bis 10 kW) und vergleichbaren Blockheizkraftwerken (bis 2,5 kW) auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten Ein-/Zweifamilienhäusern hat das  Stellung genommen und festgelegt, dass aus Vereinfachungsgründen von einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden kann. [58]

3. Selbständige Tätigkeit [59]

Eine Liebhaberei wird häufiger bei einer nebenberuflichen schriftstellerischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeit anzunehmen sein als bei einer hauptberuflichen Tätigkeit.

Einzelfälle:

  • Kunstgalerist

    Die Kunstgalerie eines selbständig tätigen Facharztes kann ohne Einkunftserzielungsabsicht betrieben werden. [60]

  • Künstlertätigkeit

    Ein Künstler, der nach Jahren mit Einnahmenüberschüssen seit acht Jahren Verluste erzielt, ist noch nicht ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig. [61]

  • Rechtsanwaltstätigkeit [62]

    Langjährige Verluste eines selbständigen Anwalts, dessen Einnahmen ohne plausible Gründe auf niedrigstem Niveau stagnieren und der seinen Lebensunterhalt aus anderweitigen Einkünften und Vermögensbeständen bestreitet, werden i. d. R. aus persönlichen Gründen fortgeführt. Verluste sind dann nicht zu berücksichtigen. [63]

  • Nebenberuflich tätiger Sporttrainer

    Ein nebenberuflich tätiger Übungsleiter (Trainer) kann einen Verlust grundsätzlich auch dann absetzen, wenn seine Einnahmen niedriger sind als der Freibetrag für Übungsleiter i. H. von 3.000 € (bis 2020: 2.400 €, § 3 Nr. 26 EStG). Allerdings muss der Übungsleiter eine Einkünfteerzielungsabsicht haben. [64]

4. Nichtselbständige Arbeit

Eine fehlende Überschusserzielungsabsicht wird bei der nichtselbständigen Tätigkeit allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer unter Inkaufnahme von Verlusten aus reinem Interesse an der Arbeit oder aufgrund seines Geltungsbedürfnisses tätig wird. Bei der Erstellung der Totalüberschussprognose sind das zu erwartende Ruhegehalt sowie etwaige Hinterbliebenenbezüge einzubeziehen. [65]

5. Kapitaleinkünfte

Eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht kann anzunehmen sein, wenn die Aufwendungen (insbesondere Schuldzinsen) nachhaltig die Kapitalerträge übersteigen. Dabei sind nicht einkommensteuerpflichtige Veräußerungsgewinne nicht zu berücksichtigen.

Bei verschiedenen Kapitalanlagen, z.B. Wertpapieren, ist auf die Ertragsaussichten der einzelnen Wertpapiergruppen abzustellen. [66]

Ist eine Liebhaberei anzunehmen, ist die auf die entsprechenden Einnahmen entfallende Körperschaftsteuer nicht anrechenbar. [67]

Mangels Werbungskostenabzug ab dem  wird i. d. R. nunmehr kein Totalverlust entstehen und somit keine steuerliche Liebhaberei bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzunehmen sein.

Einzelfälle:

  • Missverhältnis zwischen Schuldzinsen und Kapitalertrag

    In diesen Fällen ist eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht anzunehmen. [68]

  • Schuldzinsen für Aktien

    Werden Schuldzinsen allein für Aktien gezahlt, die zur Abschöpfung von Kursgewinnen angeschafft wurden, kann bei einem dauerhaften Werbungskostenüberschuss eine Liebhaberei vorliegen. Wenn hingegen auf Dauer die gesamten Zinseinnahmen die gesamten Zinsaufwendungen übersteigen, ist von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen. [69]

  • Verluste aus der Veräußerung einer fondsgebundenen Lebensversicherung

    Die mit der Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der Einkünfte aus Kapitalvermögen bedingen eine tatsächliche Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. [70]

  • Von vornherein geplante Übertragung der Einkunftsquelle auf einen Rechtsnachfolger

    Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung hat sich die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung der Einkunftsquelle regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren. Eine Ausnahme liegt vor, wenn bereits bei Eingehung des Investments geplant ist, die Einkunftsquelle vor dem Eintreten positiver Einkünfte auf einen Rechtsnachfolger zu übertragen. [71]

6. Vermietung und Verpachtung [72]

Die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht muss grds. für jede einzelne vermietete Immobilie/für jeden einzelnen Gebäudeteil gesondert erfolgen. Bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Grundstücksteilen etc. muss der Saldo über die Dauer der Vermögensnutzung einen positiven Ertrag ausweisen. Bei einer langfristig angelegten Vermietung wird die Einkunftserzielungsabsicht unterstellt, sofern nicht besondere Umstände, wie z. B. [73]

  • zeitweise Vermietung und zeitweise Selbstnutzung einer Ferienwohnung, [74]

  • kurzfristige Vermietung wegen anschließender Selbstnutzung oder Veräußerungsabsicht vor Vermietung, [75]

  • verbilligte Vermietung (Mietermäßigung mehr als 34 %, § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG),

  • kurzfristige Veräußerung (i. d. R. bis fünf Jahre nach Erwerb), [76]

  • Vermietung einer Luxusimmobilie,

  • Mietkaufmodell,

  • Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie,

  • ein langjährig strukturell bedingter Leerstand einer Wohnung. [77]

gegen eine Überschusserzielungsabsicht sprechen. [78]

Die typisierende Annahme, dass bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, gilt nicht für die dauerhafte Verpachtung unbebauter Grundstücke. Wird ein besonders aufwendig gestaltetes Wohngebäude verbilligt vermietet und übersteigt die Kostenmiete die marktübliche Miete, so kann in Bezug auf den entgeltlichen Teil die Überschusserzielungsabsicht zu prüfen sein. [79]

Sprechen Beweisanzeichen gegen die Absicht, auf Dauer einen Einnahmenüberschuss bei der Vermietung und Verpachtung zu erzielen, ist eine Prognoseberechnung durchzuführen, wobei der Prognosezeitraum der voraussichtlichen Vermietungszeit, i. d. R. 30 Jahre, entspricht. [80]

Einzubeziehen sind:

  • zu erwartende Einnahmen und Werbungskosten,

    • Grundlage kann das Ergebnis der letzten fünf Veranlagungszeiträume sein,

    • Berücksichtigung zukünftiger Faktoren, wenn sie objektiv vorhersehbar sind,

    • Ermittlung nach den steuerrechtlichen Vorschriften,

    • Außerachtlassen von Subventions- und Lenkungsnormen (z. B. §§ 7f7h und 7i EStG),

    • Einbeziehung von Sonderabschreibungen und degressiver Abschreibung bei befristeten Vermietungen, nicht hingegen bei einer Dauervermietung, [81]

  • ein Sicherheitszuschlag von 10 % bei den Einnahmen und ein Sicherheitsabschlag von 10 % bei den Werbungskosten,

  • nicht ein Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Grundstücks.

Einzelfälle:

  • Ferienhausvermietung [82]

    Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten Wohnung ohne vorbehaltene Selbstnutzung ist grundsätzlich von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen und zwar unabhängig davon, ob die Vermietung in Eigenregie oder über fremde Dritte erfolgt.

    Bei einer

    • zeitweisen Vermietung und zeitweisen Selbstnutzung oder einer

    • Vermietung ohne Selbstnutzung an weniger als 75 % der ortsüblichen Vermietungszeit

    ist die Überschusserzielungsabsicht hingegen stets zu prüfen. [83]

    Nach dem  [84] ist bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen ist schon dann erforderlich, wenn er sich eine Zeit der Selbstnutzung vorbehalten hat unabhängig davon, ob, wann und in welchem Umfang er von seinem Eigennutzungsrecht tatsächlich Gebrauch macht oder nicht. [85]

Buchcover "Liebhaberei im Steuerrecht"

Liebhaberei im Steuerrecht

Von Oberregierungsrat Bernd Langenkämper, Dipl.-Finanzwirt (FH), LL.M. Falco Hänsch, Dipl.-Finanzwirt (FH), LL.M. Jens Wessels, Dipl.-Finanzwirt (FH) Martin Hilbertz, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater Daniel Martz, Dipl.-Finanzwirt (FH) Roland Ronig, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater Gerwin Schlegel.

1. Auflage. 2022. XII, 183 Seiten.
ISBN: 978-3-482-02971-4

Preis: 39,90 €

Autor

Bernd Langenkämper,
Oberregierungsrat, Finanzverwaltung NRW, Referent OFD NRW.

Fundstelle(n):
NWB SAAAI-60235


1.

2.

3.

4.

5§ 12 EStG.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16; Loll, a.a.O.

17.

18.

19Keine zeitlich unbegrenzte Änderungsmöglichkeit des Finanzamts bei Liebhaberei, NWB EN 22/2018 S. 1588.

20.

21.

22Maier/Gunsenheimer/Kremer, Lehrbuch Einkommensteuer, 27. Aufl. 2021, Rz. 76.

23.

24.

25.

26.

27.

28, BStBl 2018 I 689, Tz. IV (siehe auch Anhang 20 II zu den EStH 2021).

29.

30.

31.

32.

33Maier/Gunsenheimer/Kremer, Lehrbuch Einkommensteuer, 27. Aufl. 2021, Rz. 1458.

34.

35.

36Kanzler, Generationen- und betriebsübergreifende Totalgewinnprognose bei Übertragung eines Landwirtschaftsbe­triebs unter Nießbrauchsvorbehalt, NWB 4/2019 S. 158.

37.

38.

39Maier/Gunsenheimer/Kremer, Lehrbuch Einkommensteuer, 27. Aufl. 2021, Rz. 1458.

40.

41.

42.

43.

44.

45.

46.

47.

48.

49, BStBl 2021 II S. 213.

50.

51.

52.

53.

54.

55Ansparabschreibung im Liebhabereibetrieb, NWB EN 8/2018 S. 458.

56Schmidt, Steuerliche Folgen des Betriebs von Blockheizkraftwerken durch Wohnungseigentümergemeinschaften, NWB 27/2019 S. 1964; Gragert/Wißborn, Besteuerung von Photovoltaikanlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern, 

57, rkr.

58Gragert, Kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare BHKW – Update zur fehlenden Gewinnerzielungsabsicht, .

59, unter II., 2.

60.

61.

62.

63.

64; Scheib, Ertragsteuerliche Beurteilung von Einkünften aus sportlicher Betätigung, NWB 20/2019 1442; Nacke, Steuerlich zu berücksichtigende Verluste aus Übungsleitertätigkeit, NWB 32/2019 S. 2378.

65.

66.

67.

68.

69.

70; Becker/von Zitzewitz, Verluste aus Gesellschafterdarlehen – Die Grenze der (widerlegbaren) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, NWB 22/2021 S. 1583.

71Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung hat sich die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung der Einkunftsquelle regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren. Eine Ausnahme liegt vor, wenn bereits bei Eingehung des Investments geplant ist, die Einkunftsquelle vor dem Eintreten positiver Einkünfte auf einen Rechtsnachfolger zu übertragen. .

72.

73.

74.

75.

76.

77.

78.

79.

80.

81.

82.

83.

84.

85.

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