Steuerstrafrechtliche Risiken bei internationaler Steuerplanung

Zunehmende grenzüberschreitende Tätigkeiten bergen steuerstrafrechtliche Risiken - nicht nur für den Steuerpflichtigen, sondern auch für deren steuerliche Berater.

Lesen Sie sich jetzt in die komplexe Materie ein. Im Folgenden finden Sie

  1. eine kurze Zusammenfassung des Beitrags „Steuerstrafrechtliche Risiken bei grenzüberschreitenden Aktivitäten für Steuerpflichtige und steuerliche Berater“ von Martin Wulf,
  2. einen ersten Auszug, den wir für Sie aufbereitet haben sowie
  3. unseren Datenbank-Tipp zur exklusiven und kostenfreien Lektüre dieses Beitrags!

1. Kurze Zusammenfassung

Der Beitrag erläutert zunächst die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Straftatbestands der Steuerhinterziehung. Hierbei geht der Autor auf folgende Punkte ein:

  • Objektive Voraussetzungen:
  1. Tatvollendung durch Steuerverkürzung oder Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile
  2. Unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen (Handlungsvariante)
  3. Verstoß gegen Erklärungspflichten (Unterlassungsvariante)
  4. Unkenntnis der Behörde als strafbegründendes Element?
  • Anforderungen an den subjektiven Tatbestand

Im Folgenden richtet der Beitrag den Fokus auf typische Probleme bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, Verjährungsfristen, strafrechtliche Sanktionen sowie die abgabenrechtliche Selbstanzeige und deren Folgen. Abschließend wird die Strafbarkeit des steuerlichen Beraters durch Beihilfe und Begünstigung beleuchtet.
Hierbei werden insbesondere folgende Punkte herausgearbeitet:

  • Zahlungen ins Ausland und § 160 AO,
  • Zwischenschaltung ausländischer Basisgesellschaften und strafbare Gewinnverlagerung,
  • Steuerstrafrechtliche Relevanz von Verrechnungspreiskorrekturen und Funktionsverlagerungen,
  • Steuerstrafrechtliche Vorwürfe als Sperre für die Durchführung von Verständigungsverfahren,
  • Probleme beim Wegzug und der Begründung der inländischen Steuerpflicht,
  • Umsatzsteuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen,
  • Schmuggel und die Hinterziehung von nationalen und internationalen Einfuhrabgaben,
  • Form und Inhalt der Selbstanzeige, gesetzliche Ausschlussgründe und Folgen der Selbstanzeige sowie
  • Beihilfe und Begünstigung – insbesondere durch steuerliche Berater.

2. Auszug[1]

III. Typische Probleme bei grenzüberschreitenden Sachverhalten

Soll präventiv geprüft werden, ob die bestimmte Gestaltung eines grenzüberschreitenden Sachverhalts strafrechtliche Risiken heraufbeschwören kann, oder muss sich der Steuerpflichtige nach Abgabe seiner Erklärung gegen derartige Vorwürfe wehren, so kommt es schlicht auf eine präzise Umsetzung der unter → Rz. 13 ff. und → Rz. 44 f. dargestellten Voraussetzungen an. Für die Gestaltungs- und Erklärungsberatung sei insoweit vorrangig nochmals auf das Problem „abweichender Rechtsansichten“ und die diesbezügliche Leitentscheidung des 5. Strafsenats vom 11.12.1999 verwiesen.[2]

Nachfolgend sollen einige Fallkonstellationen angesprochen werden, die immer wieder Gegenstand von Steuerfahndungsverfahren unter Einbeziehung von grenzüberschreitenden Aktivitäten sind.

1. Zahlungen ins Ausland und § 160 AO

Zahlungen ins Ausland, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden, wecken den Argwohn der Finanzbehörden. Dies gilt in besonderer Weise, wenn der Empfänger der Zahlung eine juristische Person ist und die dahinterstehenden Anteilseigner nicht auszumachen sind. Das Finanzamt verlangt in dieser Situation eine Empfängerbenennung nach § 160 AO. Gelingt es nicht, den „wahren Empfänger“ des wirtschaftlichen Werts zu identifizieren, so kann das Finanzamt ganz oder teilweise von nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben ausgehen.

§ 160 AO ist steuerlich ein scharfes Schwert. Der inländische Unternehmer hat in der Folge einen „Gewinn“ zu versteuern, den er wirtschaftlich niemals erzielt hat. Um der Rechtsfolge des § 160 AO zu entgehen, muss der Steuerpflichtige Beweisvorsorge treffen und den Nachweis führen können, dass sein formeller Vertragspartner tatsächlich derjenige ist, der die bezahlte Gegenleistung erbringt. Anderenfalls müssen die Hinterleute benannt werden, auf die der wirtschaftliche Wert der Betriebsausgaben übertragen bzw. weitergeleitet wurde.[3] Gelingt dies nicht, so kann der Steuerpflichtige sich ergänzend noch damit verteidigen, dass den Umständen nach zumindest feststeht, dass der wahre Empfänger nicht der inländischen Steuerpflicht unterliegt. In diesem Fall wäre eine Inhaftungnahme nach § 160 AO ermessenswidrig.[4]

Die Versagung der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben nach § 160 AO führt allerdings nicht zu einer strafrechtlich relevanten Steuerverkürzung i. S. des § 370 AO. Dies liegt daran, dass es sich zunächst – im Zeitpunkt der Steuererklärung und der Veranlagung – noch um abzugsfähige Ausgaben handelte. Steht der Charakter als Betriebsausgabe fest (oder lässt sich dies nicht widerlegen), so werden bei strafrechtlicher Sicht in der betreffenden Steuererklärung keine unrichtigen Angaben gemacht. Die Nicht-Abzugsfähigkeit tritt erst nach der Bekanntgabe des ersten Steuerbescheids, i. d. R. nach einer Betriebsprüfung ein, wenn die Finanzverwaltung die Empfängerbenennung verlangt und der Steuerpflichtige dieses Verlangen nicht erfüllen kann.[5] Die Mitwirkungspflichten aus § 160 AO werden bei Rechtsbeziehungen i. S. des Außensteuerrechts noch durch § 16 AStG verschärft. Strafrechtlich ändert dies aber nichts an der dargestellten Systematik.

Die Erkenntnis, dass die Anwendung von § 160 AO zwar zu Steuernachforderungen, nicht aber zu einem strafrechtlichen Vorwurf führen kann, ist praktisch höchst bedeutsam. Denn § 160 AO eröffnet die Möglichkeit, in einem streitigen Verfahren, in dem eigentlich der Vorwurf von Gewinnentnahmen oder der Bildung von schwarzen Kassen zur Ermöglichung von Schmiergeldzahlungen etc. im Raum steht, den Streit mit den Finanzbehörden auf elegante Art und Weise zu beenden: Steuerlich wird der Betriebsausgabenabzug versagt (ggf. auch nur anteilig, zu x %) – die Finanzverwaltung hat ihr Mehrergebnis. Strafrechtlich wird das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO oder § 153a StPO eingestellt, da der fehlende Charakter der betreffenden Zahlungen als „Betriebsausgaben“ sich nicht hat nachweisen lassen und die Versagung der Abzugsfähigkeit letztlich „nur“ auf der nicht erfüllten Empfängerbenennung beruht. In vergleichbarer Weise lässt sich im Übrigen auch die Verpflichtung zur Benennung des Treugebers nach § 159 AO in manchen grenzüberschreitenden Sachverhalten als „Einigungsmodell“ einsetzen.[6]

[…]

E. Beihilfe und Begünstigung – insbesondere durch steuerliche Berater

Man sollte sich zunächst vor Augen führen, dass die Steuerhinterziehung nach § 370 AO kein Sonderdelikt ist. Jedermann kann Täter sein, auch der steuerliche Berater, der für seinen Mandanten Angaben zu steuerlich relevanten Fragen gegenüber dem Finanzamt macht oder auch nur Erklärungen vorbereitet. Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) oder sogar mittelbare Täterschaft des Beraters (§ 25 Abs. 1 StGB) – wenn sich der Mandant auf seinen Rat verlässt – sind durchaus denkbar. Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) setzt objektiv lediglich voraus, dass der Teilnehmer die Steuerhinterziehung des Haupttäters fördert. Hinzukommen muss der Vorsatz hinsichtlich der Begehung der Haupttat und der Hilfeleistung, allerdings reicht auch hier prinzipiell bedingter Vorsatz, das konkrete „Für-möglich-Halten“ aus. Wer als Steuerberater an einer unrichtigen Steuererklärung des Mandanten mitwirkt, erfüllt demnach stets die objektiven Voraussetzungen einer Beihilfestrafbarkeit. Ihn schützt lediglich die eigene Gutgläubigkeit, die fehlende Kenntnis von den unrichtigen oder unvollständigen Sachverhaltsangaben des Mandanten. Entsprechendes gilt für die Mitarbeit in einem Unternehmen.

Rechtlich wird das Risiko einer Beihilfestrafbarkeit dadurch etwas abgemildert, dass die Rechtsprechung bei der Prüfung sog. berufstypischen Verhaltens einen besonderen Maßstab verwendet. Handelt der Beteiligte im Rahmen seiner beruflichen Rolle, so setzt eine Strafbarkeit gem. § 27 StGB nach den Vorgaben der Rechtsprechung voraus, dass der Berater oder Unternehmensmitarbeiter entweder sicher weiß, dass er zu einer Steuerhinterziehung beiträgt, oder dass er sich „die Tat des anderen angelegen sein lässt“, was wohl bedeutet, dass er sein Verhalten objektiv den deliktischen Zielen des Haupttäters anpasst.[7]

[…]

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[1] Entnommen aus Wulf, Steuerstrafrechtliche Risiken bei grenzüberschreitenden Aktivitäten für Steuerpflichtige und steuerliche Berater, in Gosch/Grotherr/Bergmann, Steuerplanung und Compliance, Rz. 48–54, Rz. 181–182 PAAAH-65790 .

[2] Vgl. auch Binnewies in Streck/Mack/Schwedhelm, Tax Compliance, 3. Aufl. 2019, Rz. 4.52.

[3] Vgl. im Einzelnen nur Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO§ 160 AO Rz. 21, m. w. N.

[4] Vgl. nur Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO§ 160 AO Rz. 15, m. w. N.; Spatscheck/Alvermann, DStR 1999 S. 1427; Wulf in Streck/Mack/Schwedhelm, Tax Compliance, 3. Aufl. 2019, Rz. 2.400 ff.

[5] BGH, Urteil v. 22.11.1985 - 2 StR 64/85, wistra 1986 S. 109; ebenso Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 Rz. 208; instruktiv hierzu Dannecker, wistra 2001 S. 244; Streck/Spatscheck/Talaska, Die Steuerfahndung, 5. Aufl. 2017, Rz. 1420–1422.

[6] Streck/Spatscheck/Talaska, Die Steuerfahndung, 5. Aufl. 2017, Rz. 1408 ff.

[7] Vgl. nur Schmitz/Wulf in MünchKomm/StGB§ 370 AO Rz. 442, mit Nachweisen zur Rspr.

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