Stiftungsrechtsreform: Das neue Stiftungsrecht

Fast sieben Jahre Vorbereitungszeit hat es gebraucht, bis die Stiftungsrechtsreform schlussendlich den Bundestag passiert hat. Das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts wird am 1.7.2023 in Kraft treten. Das Gesetz hat mithin einen langen Weg hinter sich.

Einen Weg, der bis zur Verabschiedung im Bundestag und Bundesrat am 24. und 25.6.2021 von einer kontroversen Diskussion begleitet war. Die teils vernichtende Kritik am Referentenentwurf nahm  jedoch mit der Zeit ab, bringt doch die Stiftungsrechtsreform wesentliche Verbesserungen für das Stiftungsrecht in Deutschland.

Zentrale Bestandteile der Stiftungsrechtsreform

Die Stiftungsrechtsreform beinhaltet umfassende Änderungen des deutschen Stiftungsrechts. Seine zentralen Bestandteile sind

  • die Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts auf Bundesebene im BGB,
  • die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters mit (negativer) Publizitätswirkung,
  • eine eigenständigere, umfangreiche Kodifizierung zur Organisationsverfassung und zum Stiftungsvermögen,
  • ergänzende Regelungen zur Verbrauchsstiftung,
  • die Einführung eines gesetzlichen, umfassenden Ermächtigungskatalogs zu Strukturmaßnahmen, also zur Vornahme von Satzungs- und Zweckänderungen, zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, zur Zu- und Zusammenlegung sowie zur Auflösung einer Stiftung.

Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts

Das Zivilrecht der Stiftung bürgerlichen Rechts wird künftig bundeseinheitlich und abschließend im BGB in 29 Paragrafen (bislang waren es neun) geregelt sein. Diese Vereinheitlichung wurde lange herbeigesehnt. Es steht zu erwarten, dass sie zu mehr Rechtssicherheit und zu einer größeren Einheitlichkeit der Rechtsanwendung im Stiftungsrecht über das Bundesgebiet beitragen. Im Gegenzug werden die bislang divergierenden stiftungszivilrechtlichen Vorschriften der einzelnen Landesstiftungsgesetze obsolet.

Öffentliches Stiftungsregister ab 2026

Zum 1.1.2026 wird ein elektronisches Stiftungsregister eingeführt, das zentral vom Bundesamt für Justiz geführt wird und in dem sich alle Stiftungen bis spätestens 31.12.2026 anmelden müssen. Dabei müssen nicht nur die Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter samt Vertretungsmacht angegeben, sondern auch die Dokumente über die Bestellung und die Satzung beigefügt werden.

Legaldefinition der Stiftung

Der Reformgesetzgeber hat sich auch nicht gescheut, grundsätzliche Festlegungen zur Stiftung als Rechtsform zu treffen. Künftig wird sich in § 80 Abs. 1 Satz 1 BGB-neu eine Legaldefinition der Stiftung finden:

„Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person.“ Dass sich hieraus jedoch Veränderungen für die Rechtspraxis ergeben werden, darf man bezweifeln.

Stiftungsvermögen

Das Stiftungsvermögen wird von Gesetzes wegen in dauerhaft zu erhaltendes „Grundstockvermögen“ und „sonstiges Vermögen“ unterteilt.

83c Abs. 2 BGB weist dem Grundstockvermögen das „gewidmete Vermögen“, Zustiftungen und dasjenige Vermögen zu, das von der Stiftung zu Grundstockvermögen gewidmet wurde. Das „gewidmete Vermögen“ wird in § 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB-neu legal definiert als das Vermögen, das der Stifter im Stiftungsgeschäft „zur Erfüllung des von ihm vorgegebenen Stiftungszwecks widmet“. Zustiftungen werden in § 83b Abs. 2 Nr. 2 BGB-neu entsprechend dem bisherigen Begriffsverständnis legal definiert als „das der Stiftung zugewendete Vermögen, das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden“.

Verbrauchsstiftung

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es einer Ewigkeitsstiftung möglich, sich in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln, wobei in diesem Zuge zugleich auch die besonderen Satzungsanforderungen an eine Verbrauchsstiftung nach § 81 Abs. 2 BGB neu umgesetzt werden müssen.

Praxishinweis: Es ist zu erwarten, dass in der Praxis dieser Weg von zahlreichen Stiftungen mit unzureichender Kapitalausstattung intensiv geprüft werden wird. Insoweit beinhaltet das Reformgesetz eine wesentliche Erleichterung gegenüber dem bislang geltenden Recht, das sich mit dieser Umwandlungsform weder auf Bundes- noch auf Landesebene überhaupt befasst hatte.

Lesen Sie jetzt die kostenfreie Sonderausgabe der NWB Erben und Vermögen „Stiftungsrechtsreform“. Dr. Dirk Schauer und Dr. Jasper Stallmann geben einen ausführlichen Überblick über die Neuerungen und zeigen auf, was das neue Stiftungsrecht für bestehende und künftige Stiftungen bedeutet. Sie können die kostenlose Sonderausgabe hier anfordern.

 

„Für viele Stiftungen können vor allem die Neuerungen ...

... im Bereich der Satzungs- und Grund­lagen­änderungen lange erwünschte Reaktions­möglich­keiten für Durst­strecken eröffnen und etwa eine Zulegung oder auch eine Umwandlung in eine Verbrauchs­stiftung endlich eröffnen.

Das neue Recht wird in verschiedenen Bereichen aber auch restriktiver sein: Gestaltungs­freiheit wird zum Beispiel im Bereich abweichender Regelungen für Satzungs­änderungen verloren gehen. Aus diesem Grund sollten Sie früh­zeitig darüber nachdenken, welche Anpassungen noch vor Inkraft­treten der Reform sinnvoll sind. Unser Themen-Special, ein Original­beitrag aus NWB Erben und Vermögen, zeigt Ihnen, wo Sie bereits heute ansetzen können.


Dr. Dirk Schauer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Partner bei CMS Hasche Sigle, Stuttgart. Er berät Stifter, Familien­stiftungen, Unternehmens­stiftungen und gemein­nützige Stiftungen bei der Stiftungs­errichtung, bei Satzungs- und Grund­lagen­änderungen, bei der Restrukturierung sowie in allen laufenden stiftungs­recht­lichen Fragen und Verfahren.

Dr. Jasper Stallmann, Rechtsanwalt, Counsel bei CMS Hasche Sigle, Hamburg. Seine Schwer­punkte liegen im Erb- und Stiftungs­recht mit starken Bezügen zum Gesell­schafts­recht sowie zum inter­nationalen Privatrecht. Zu seiner Tätigkeit gehören die Gestaltung von lebzeitigen und letztwilligen Vermögens­übertragungen, Familien­gesell­schaften und Stiftungen.


Sie sind bereits Abonnent der NWB-EV? Die Sonderausgabe „Stiftungsrechtsreform: Das neue Stiftungsrecht“ können Sie in der Datenbank unter NWB GAAAE-21160 aufrufen.

Cookies erforderlich

Um fortfahren zu können, müssen Sie die dafür zwingend erforderlichen Cookies zulassen. Diese gewährleisten den vollen Funktionsumfang unserer Seite, ermöglichen die Personalisierung von Inhalten und können für die Ausspielung von Werbung oder zu Analysezwecken genutzt werden. Lesen Sie auch unsere Datenschutzerklärung.