Belegsammel- und Buchführungstools für Mandanten mit Steuerberater-Schnittstellen

Die größten Anbieter auf dem Prüfstand

Mit Belegsammlungs, -ordnungs, und Übersendungstools lässt sich in der Buchhaltung Zeit sparen. Welches Tool das passende ist, hängt von den Geschäftsprozessen im Unternehmen ab und von den vorhandenen Schnittstellen zum Buchhaltungssystem des Steuerberaters.

1. Einleitung: Worum geht es?

Eigentlich ist die Digitalisierung der Zusammenarbeit mit den Mandanten ein alter Hut – so setzen viele Kanzleien seit einigen Jahren erfolgreich DATEV Unternehmen Online ein, um sich den monatlichen Austausch alter staubiger DIN A4-Ordner zu ersparen. Der Mandant lädt einfach seine Belege hoch und der Berater kann sie in seiner Kanzlei Software direkt buchen und digital verknüpfen.

Doch in den letzten Jahren hat sich ein großer Markt von Softwareanbietern etabliert, die versprechen, die Buchführung insbesondere für den Mandanten weiter zu vereinfachen und im Funktionsumfang über die gängige Form der Belegsammlung, ggf. Vorsortierung/ Vorkontierung und Belegübermittlung hinausgehen. So gibt es Software, die ähnliche Buchführungsfunktionen bietet, gleichzeitig aber auch bei der Sammlung von Eingangsbelegen aus verschiedenen (virtuellen) Handelsplattformen unterstützt; aber auch im Bereich der Belegerstellung für Ausgangsleistungen des Unternehmens leistungsstarke Fakturierungskomponenten beinhalten, mit denen sich Angebote, Lieferscheine und Rechnungen schreiben, verknüpfen oder sogar automatisieren lassen.

Gerade für die kleineren Selbständigen und Gewerbetreibenden, die kein eigenes komplettes ERP-System benutzen, versprechen diese Softwarelösungen großes Potenzial. So können mit den Softwareprogrammen, die in diesem Artikel beleuchtet werden, bei richtiger Ersteinrichtung z.B. auch Eingangsbelege aus über 10.000 Handelsplattformen automatisiert abgerufen und hochgeladen werden, sodass sich der Mandant das aufwendige Zusammensuchen einzelner Belege sparen kann.

Die Faktoren der Zeitersparnis und der Möglichkeit der geordneten Belegsammlung sind es, die diese Lösungen für Mandanten attraktiv machen, gleichzeitig aber braucht es für die Auswahl der passenden Softwarelösung Expertise, um sowohl die Praktikabilität als auch die fachliche Eignung zu beurteilen. Hierbei kann der Steuerberater ein wertvoller Ratgeber und Begleiter sein, der proaktiv solche Lösungen vorstellt und den Mandanten möglicherweise sogar bei der Einrichtung und Automatisierung unterstützt. Und genau darum geht es in dieser Beitragsreihe: Wir möchten die gängigen Tools vorstellen, USP's herausarbeiten und vergleichen sowie einen objektiven Eindruck vermitteln, welches Tool für welchen Mandanten das Optimale sein kann.

Dieser Beitrag dient dem ersten Einstieg in das Thema und beschreibt die Funktionalität der Tools in definierten Standard-Geschäftsvorfällen. Anschließend an diesen ersten Übersichtsartikel werden in den NWB Kanälen weitere Beiträge veröffentlicht, in denen die vorgestellten Lösungen im Detail mit ausführlichen Anwenderhinweise beleuchtet werden.

2. Ausgangssituation: Die Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Mandanten

a. Der Steuerberaterzugang

Grundvoraussetzung eines jeden Buchführungstools ist die Kooperationsfähigkeit mit dem Buchhaltungssystem des Steuerberaters. Aus diesem Grund verfügen alle nachfolgend aufgezeigten Tools über eine eigene Steuerberaterschnittstelle. Die Funktionsweise ist immer ähnlich:

Der Steuerberater erhält einen eigenen Zugang, über den er sich im System seines Mandanten anmelden kann. Aus dem System können dann nicht nur die einzelnen Belegbilder (PDF), sondern sogar Buchungsdaten herunterladen werden, die sich in den Buchhaltungsbestand von jedem geeigneten Kanzleisystem einfach importieren lassen. Die Qualität der importierten Buchungsdaten hängt zwar auch von der Vorkontierung durch den Mandanten ab, im Allgemeinen lässt sich jedoch die Datenqualität als sehr hochwertig bezeichnen.

b. Weiterverarbeitung im Kanzleisystem

Wenn im Buchführungstool die Belege schon den richtigen Aufwandskonten zugewiesen und einige Besonderheiten beachtet werden, sind in der Kanzleisoftware nur kleinere Anpassungen vorzunehmen und der monatliche Buchführungsaufwand beschränkt sich schon fast vollständig auf die Überprüfung der vorkontierten Vorgänge, was schneller geht als jeden Beleg einzeln zu buchen.

Für den Mandanten hat es einen hohen Wert, wenn der Aufwand für das Belegsammeln aufgrund der Automatisierung entfällt.

c. Zwischenfazit

Berater können sich stark von anderen Beratern abheben, indem sie die Softwaretools kennen und ihren Mandanten bei der Einrichtung helfen. Bislang bieten nur wenige Kanzleien den Service der Buchhaltungsautomatisierung proaktiv an – dabei könnten Kanzleien mit geringem Zeitaufwand (max. 2 Stunden) mit dem Mandanten ein komplettes Onboarding in die Software durchführen, den Belegabruf aus allen relevanten Onlineportalen automatisieren und sich selbst und dem Mandanten mehrere Stunden Zeit pro Monat sparen. Die Tools bieten daher ein großes Potenzial auch für Steuerberater.

3. Implementierungsüberlegungen aus Kanzleisicht

Dieser Beitrag und die folgenden Beiträge werden einen guten Überblick über die vorgestellten Tools liefern. Jeder interessierte Steuerberater sollte sich jedoch vor Einführung noch einmal selbst mit den verschiedenen Lösungen auseinandersetzen und sich dann für ein Tool entscheiden, welches in die eigene Kanzlei passt. Denn jedes Tool hat eine andere Bedienphilosophie, die mit den eigenen Kanzleiprozessen abgeglichen werden muss und die Konzentration auf eine Lösung macht es im Kanzleialltag leichter. Der Berater kann es dann jedem interessierten Mandanten anbieten. So können die eigenen Mitarbeiter mit einem geringen Zeiteinsatz (max. 2 Stunden) in dem entsprechenden Tool geschult werden und die Effizienzvorteile relativ schnell nutzen.

4. Geschäftsvorfälle für den Vergleich der einzelnen Tools

Um eine faire und objektive vergleichende Bewertung zu ermöglichen, wird die Analyse der Tools anhand von zehn typischen Geschäftsvorfällen vorgenommen und deren Umsetzbarkeit in dem jeweiligen Tool begutachtet.

a) Erstellung einer Rechnung mit 19 % Umsatzsteuer ohne Besonderheiten

Bei diesem Geschäftsvorfall lassen sich die Fakturierungsfunktionen für einfache Ausgangsrechnungen testen.

b) Erfassung eines Eingangsbelegs mit 19 % Vorsteuer ohne Besonderheiten

Bei diesem Geschäftsvorfall wird getestet, wie gut die Texterkennungsfunktionen der einzelnen Tools sind und welche Informationen der Mandant vorerfassen (Vorkontierung) muss.

c) Verrechnungskonto: Ein Gesellschafter zahlt eine Rechnung der Kapitalgesellschaft von dem privaten Konto

Durch diesen Geschäftsvorfall können wir testen, welches Tool das Anlegen eines Verrechnungskontos zulässt und demnach auch für Kapitalgesellschaften und nicht nur Einzelunternehmen anwendbar ist.

d) Erfassung eines Eingangsbelegs (sonstige Leistung) aus dem EU-Ausland (Reverse-Charge-Verfahren)

Viele Mandanten nutzen Dienste von Microsoft, Google, Dropbox oder anderen im Ausland ansässigen Unternehmen. Diese Dienstleistungen unterliegen daher dem Reverse-Charge-Verfahren, weshalb eine entsprechende Umsetzung in der Software essenziell ist.

e) Erfassung eines Eingangsbelegs in Fremdwährung

Dieser Geschäftsvorfall betrifft mit Sicherheit nicht alle Mandanten, doch wer Eingangsbelege in Schweizer Franken, Dollar oder anderen Fremdwährungen erhält, für den stellt sich die Frage, ob die einzelnen Programme die im Beleg ausgewiesenen Beträge automatisch in Euro umrechnen können.

f) Erfassung eines Eingangsbelegs für ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens

Wenn ein Eingangsbeleg für Anlagevermögen erfasst wird, sollte es auch die Möglichkeit geben, ein entsprechendes Anlagekonto auszuwählen.

g) Erstellung einer Abschlagsrechnung

Mit diesem Geschäftsvorfall wird getestet, welche Software auch anspruchsvollere Fakturierungen mit Abschlags- und Schlussrechnungen zulässt.

h) Erstellung einer Rechnung über einen Fernverkauf (§ 3c UstG) mit Umsatzsteuer des Bestimmungslandes

Wer die EU-einheitliche Bagatellgrenze von 10.000 € überschreitet, muss bei Fernverkäufen die Umsatzsteuer des Bestimmungslandes fakturieren – an diesem Geschäftsvorfall wird sich zeigen, welche Software hierzu in der Lage ist und welche nicht.

i) Erstellung einer Rechnung über eine innergemeinschaftliche Lieferung

Für Händler im europäischen B2B-Markt muss es möglich sein, eine steuerfreie Rechnung mit Hinweis auf die innergemeinschaftliche Lieferung zu erstellen.

j) Erfassung eines Eingangsbelegs für einen innergemeinschaftlichen Erwerb

Wer z.B. über ein Amazon Business Konto Waren bestellt, erhält häufig Eingangsbelege, die einen innergemeinschaftlichen Erwerb ausweisen. Insofern kann dieser Geschäftsvorfall auch kleinere Unternehmen treffen, weshalb die Software dies abdecken können sollte.

5. Die Tools im Überblick

Es gibt inzwischen viele Softwaretools – wir haben uns in diesem Artikel auf folgende Anbieter fokussiert:

lexoffice von Haufe, sevDesk, Buchhaltungsbutler, Papierkram, GetMyInvoices

Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass es neben den hier gezeigten Tools auch noch weitere Anbieter gibt.

Den Überblick über die Funktionsweise der vorgenannten Tools anhand der unter 4. genannten Geschäftsvorfälle lesen Sie hier in der NWB Datenbank.

Autor

Dipl.-Finanzwirt (FH) Ken Keiper

unterstützt Kanzleien und Unternehmen bei der Implementierung digitaler Buchführungsprozesse und unterrichtet als Dozent Kanzleimitarbeiter und Bilanzbuchhalter zu aktuellen steuerlichen Themen.

Fundstelle(n):
NWB Online Beitrag 2022
NWB VAAAJ-26584

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