ChatGPT: Der Gamechanger in der Beratung?

Das Thema ChatGPT ist zurzeit in aller Munde. Und es ist faszinierend wie auch bedrohlich zugleich: Kann dieses „Wunderwerk“ zukünftig einige Aufgaben von Beratern übernehmen? Was wird sich ändern – positiv wie negativ?

Das ist ChatGPT

Wie andere Software auch ist ChatGPT – laienhaft ausgedrückt – nichts anderes als ein Programm, das sehr gut und sehr schnell rechnen kann und auf diese Weise eine Vielzahl von Rechnungen in unvorstellbar kurzer Zeit anstellen und somit riesige Datenmengen verarbeiten kann. Dabei bedient sich ChatGPT der Wahrscheinlichkeitsrechnung: Die Texte in ChatGPT werden erstellt, indem das Programm errechnet, welches Wort mit der höchsten Wahrscheinlichkeit – auf Basis der Trainingsdaten – auf das gesuchte Wort folgt. Oder genauer ausgedrückt: „bisher gefolgt ist“ – denn Basis sind die historischen (!) Trainingsdaten.

Das Programm ist wie eine Unterhaltung aufgebaut: Der Nutzer stellt eine Frage an das Programm und das Programm schreibt in Sekunden eine textlich ausformulierte Antwort.

Aus welchen Datenbeständen im Internet ChatGPT die konkrete Antwort abgeleitet hat – darüber schweigt sich das Programm aus. Es gibt keine Quellen-Hinweise oder gar -Nachweise. Das Programm schreibt auch selbst nicht z. B. am Schluss, dass und wann dieser Text von ChatGPT geschrieben wurde. Damit ergeben sich zahlreiche urheberrechtliche Fragestellungen. Darüber hinaus ergibt sich eine entscheidende weitere Frage: Wie vertrauenswürdig oder verlässlich sind die Informationen, die ChatGPT aus dem Internet in einem konkreten Text verarbeitet hat?

Auswirkungen auf die Beratung

Mandanten nutzen ChatGPT

Viele Fragen, für die in Unternehmen die Expertise fehlt, werden im ersten Schritt nicht mehr an die Berater gestellt werden, sondern an ChatGPT. Problem dabei: Die Qualität der Antworten können die Unternehmen selbst eben mangels Expertise nicht beurteilen. In den meisten Fällen werden die Unternehmen den Antworten allerdings „glauben“ – getreu dem Motto, „das sagt doch der PC oder das Internet“.

In einigen (nicht allen!) Fällen werden Unternehmen „irgendwann“ im weiteren Prozessmerken, dass die Antwort doch nicht so hilfreich war, wie im ersten Moment gedacht. Jetzt kommt die Anfrage doch beim Berater an. Allerdings mit dem Nachteil, dass bereits – wertvolle (!?) – Zeit vergangen ist. Die Themenstellungen und Probleme werden also oft schwieriger und drängender sein. Und das erschwert i. d. R. die Zusammenarbeit und Problemlösung. Schon heute diskutieren Berater, dass viele Mandanten eigentlich erst sehr spät oder schon zu spät mit ihren Anfragen kommen. Dieser Trend dürfte sich „dank“ ChatGPT weiter verstärken.

Berater nutzen ChatGPT

Wie könnten Berater heute und künftig ChatGPT und ähnliche Programme als Werkzeuge in der Beratungsarbeit nutzen? Nach den bisherigen Kenntnissen über ChatGPT (und weitere ähnliche Programme) sind vielfältige Einsatzmöglichkeiten vorstellbar, wie beispielsweise

  • Themenlisten für Projekte, Beiträge in Medien etc.,
  • Mandanten-Infos,
  • Fachbeiträge z. B. für die eigene Internetseite, LinkedIn etc.,
  • Beratungsberichte oder zumindest (standardisierte) Teile davon,
  • PowerPoint-Foliensätze,
  • erläuternde Grafiken zu einzelnen Themen.

Vermutlich werden im Laufe der Zeit noch viele weitere Möglichkeiten dazu kommen.

Mit Blick auf die angesprochenen Arbeitsweisen dieser Programme (vgl. Abschnitt I) ist es heute wichtig und wird es vermutlich auch weiterhin wichtig bleiben, die Qualität der erstellten Beiträge kritisch zu hinterfragen und zu prüfen – und ggf. zu korrigieren und zu überarbeiten. Dazu bedarf es natürlich beim Berater der jeweils eigenen Expertise und Beratungserfahrung.

Das einfache Übernehmen der Texte von ChatGPT ist also ganz offensichtlich keine „Lösung“. Aber genau darin liegt eine Gefahr für den einzelnen Berater und für die Reputation der Beratungsbranche generell: ChatGPT könnte dazu verleiten, sich auch auf Beratungsfeldern zu „tummeln“, für die keine eigene Expertise und Erfahrung vorhanden ist. Denn es ist ja so einfach, mit ChatGPT zu jedem Thema „kompetent“ rüberzukommen. Damit fehlt aber die Grundlage für das kritische Überprüfen. Es könnten also falsche oder unvollständige oder unpassend gewichtete Informationen weitergegeben werden, die bei Unternehmen zu falschen Schlussfolgerungen und Aktivitäten führen.

Mögliche Konsequenzen für Berater:

  • Reputationsschaden, weil die weitergegebenen Informationen sich als entsprechend ungenügend erweisen.
  • Schadenersatz-Ansprüche, weil durch falsche oder unvollständige Informationen fehlerhafte Handlungenmit negativen wirtschaftlichen Folgen ausgelöst wurden. Spannende Frage am Rande: Wie werden die Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen in solchen Fällen agieren?

Dieser Beitrag geht noch weiter. Den ausführlichen Beitrag inkl. einer Analyse einer ChatGPT-Antwort auf das Thema „Vorbereitung Bankengespräche“ finden Sie im Themenpaket „NWB Betriebswirtschaftliche Beratung“ (NWB-BB) in Ausgabe NWB-BB 5/2023 S. 136 und in der NWB Datenbank.

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