Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2024
Umsatzsteuer | Betriebsfortführung zugunsten eines Dritten kein Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung (BFH)
§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG beschränkt sich auf Leistungen, die zwischen dem Übertragenden und dem Übertragungsempfänger erbracht werden. Die Nichtsteuerbarkeit erfasst daher keine Umsätze, die an Dritte ausgeführt werden. Für solche kommt die Anwendung des § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG lediglich dann in Betracht, wenn insoweit eine (weitere) Geschäftsveräußerung vorliegt (BFH, Urteil v. 29.8.2024 - V R 41/21; veröffentlicht am 05.12.2024).
Sachverhalt: Die Klägerin, eine Gebietskörperschaft, übernahm den Betrieb eines Schwimmbades von einem aufgelösten Zweckverband, dem sie zuvor angehörte. Der Zweckverband übertrug alle Vermögensgegenstände des Schwimmbades an die Klägerin für 1 €, die Klägerin übernahm sämtliche Verbindlichkeiten und verpflichtete sich, den Betrieb bis mindestens 2023 aufrechtzuerhalten. Der Landkreis und die Stadt, die ebenfalls Mitglieder des Zweckverbands waren, verpflichteten sich der Klägerin "für die Aufrechterhaltung des Betriebs" des Schwimmbades einen Betrag zu zahlen, der „der bisherigen jährlichen Umlagezahlung für einen Zeitraum von zehn Jahren“ entsprach.
Streitig ist die Frage, ob diese geleisteten Zahlungen einen der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Leistungsaustausch darstellen und ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt.
Die Richter des BFH führten hierzu aus:
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Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. In diesem Fall tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG). Voraussetzung für die Geschäftsveräußerung ist gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.
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Ist das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung zu bejahen, beschränkt sich die sich hieraus ergebende Nichtsteuerbarkeit auf Leistungen, die zwischen dem Übertragenden und dem Übertragungsempfänger erbracht werden. Die Nichtsteuerbarkeit erfasst daher keine Umsätze, die an Dritte ausgeführt werden.
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Das FG hat den Sachverhalt des Streitfalls zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend gewürdigt, dass die Klägerin an den Landkreis und die Stadt gesonderte Leistungen zu erbringen hat, die durch deren Zahlungen als Entgelt vergütet werden. Es ist aber rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass diese von der Klägerin gegenüber Dritten zu erbringende Leistung als Umsatz "im Rahmen einer Geschäftsveräußerung" im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG anzusehen ist, da es die bei Auslegung dieser Vorschrift maßgeblichen Beschränkungen nicht beachtet hat.
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Das FA hat der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr zu Recht die von dem Landkreis und der Stadt erbrachten Zahlungen in voller Höhe als Entgelt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG für die von der Klägerin an den Landkreis und die Stadt zu erbringende und da nicht von § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG erfasste steuerbare sonstige Leistung zu Grunde gelegt.
Quelle: BFH, Urteil v. 29.8.2024 - V R 41/21 (gr)
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