Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2024
Grunderwerbsteuer | Keine Steuerbefreiung bei der Aufhebung einer WEG (BFH)
Die Befreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 GrEStG ist bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) unter Bildung von Miteigentum nicht entsprechend anwendbar (BFH, Urteil v. 31.7.2024 - II R 30/21; veröffentlicht am 5.12.2024).
Hintergrund: Gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG wird für den Fall, dass Miteigentümer ein ihnen gehörendes Grundstück flächenweise teilen, die Steuer insoweit nicht erhoben, als der Wert des Teilgrundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Steuerbegünstigung des § 7 Abs. 1 GrEStG auf einen Tauschvorgang im Falle der Aufhebung einer WEG anzuwenden ist. Die Kläger sind der Meinung, dass hinsichtlich der grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften eine planwidrige Regelungslücke bestehe, die eine analoge Anwendung auf den Streitfall rechtfertige. Die Bereinigung einer verworrenen Miteigentümerstruktur sei vom Gesetzgeber nicht als regelungsbedürftiger Fall erkannt worden. Nach dessen Vorstellung solle die Grunderwerbsteuer nur die sich im Erwerbsvorgang offenbarende Leistungsfähigkeit erfassen. Durch die Neuordnung der Miteigentumsanteile sei der Kläger im Streitfall nicht leistungsfähiger geworden. Daher sei bei der Grunderwerbsteuer die Gesamtplanrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzuwenden.
Dem folgten die Richter des BFH nicht (Vorinstanz: FG Köln, Urteil v. 30.6.2021 - 5 K 2704/18):
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§ 7 GrEStG beruht - wie die §§ 5 und 6 GrEStG - auf dem Rechtsgedanken, dass die Steuer nicht erhoben werden soll, soweit sich nur die Rechtsnatur, nicht aber der Umfang der Berechtigung an einem Grundstück ändert (Viskorf in Viskorf, Grunderwerbsteuergesetz, 21. Aufl., § 7 Rz 11; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 7 Rz 1).
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Die flächenmäßige Aufteilung eines Grundstücks ist zwar nach der Systematik des Grunderwerbsteuergesetzes ein eigenständiger Erwerbsvorgang. Er wird aber vom Gesetz gleichwohl nicht der Besteuerung unterworfen, soweit ein Beteiligter nicht mehr erhält, als es seiner bisherigen Berechtigung entspricht (vgl. BFH, Urteil v. 24.7.1974 - II R 85/67, BStBl II 1975, 148).
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§ 7 Abs. 1 GrEStG ist auf die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch mehrere Miteigentümer entsprechend anzuwenden (gleicher Ansicht Viskorf in Viskorf, Grunderwerbsteuergesetz, 21. Aufl., § 2 Rz 277, § 7 Rz 61, 64; Pahlke in Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 2 Rz 58; Joisten in Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 7 Rz 20; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 2 Rz 40). Denn eine flächenweise Teilung im Sinne des § 7 Abs. 1 GrEStG kann auch dann gegeben sein, wenn das Miteigentum an einem Grundstück in der Weise beschränkt wird, dass jedem Miteigentümer Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumt wird (BFH, Urteile v. 30.7.1980 - II R 19/77, BStBl II 1980, 667, unter II.2.; v. 12.10.1988 - II R 6/86, BFHE 154, 387, unter 2. und v. 16.2.1994 - II R 96/90, BFH/NV 1995, 156, unter II.2.).
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Anders als im Falle der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch mehrere Miteigentümer kommt für den umgekehrten Vorgang der Aufhebung von Wohnungs- und Teileigentum und Bildung von Miteigentum eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 GrEStG nicht in Betracht.
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Grund hierfür ist, dass es zu einer abweichenden Zuordnung der Flächen kommt, die bislang im Sondereigentum standen und nun den Miteigentümern gemeinsam gehören.
Quelle: BFH, Urteil v. 31.7.2024 - II R 30/21; NWB Datenbank (il)
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