Online-Nachricht - Donnerstag, 12.12.2024

Grunderwerbsteuergesetz | Ände­rung im Gesell­schafter­bestand einer grund­besit­zen­den Personen­gesell­schaft (BFH)

Für die Beurteilung der Frage, ob eine un­mittel­bar an der grund­besit­zen­den Per­sonen­gesell­schaft betei­ligte Kapital­gesell­schaft als neue Gesell­schaf­terin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt, weil an ihr min­destens 90 % der Anteile auf neue Gesell­schafter über­gehen, ist nur auf die Beteili­gung an der Kapital­gesell­schaft abzu­stellen. Eine zuvor bereits beste­hende Betei­ligung des neuen Gesell­schafters der Kapital­gesell­schaft an der grund­besit­zenden Personen­gesell­schaft ist uner­heblich (BFH, Urteil v. 31.7.2024 - II R 28/21; veröf­fent­licht am 12.12.2024).

Hintergrund: Gehört zum Vermögen einer Personen­gesell­schaft ein inlän­disches Grund­stück und ändert sich inner­halb von fünf Jahren der Gesell­schafter­bestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % (VZ 2016; aktuell 90 %) der Anteile am Gesell­schafts­vermögen auf neue Gesell­schafter über­gehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Änderung des Gesell­schafter­bestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechts­vorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen (vgl. BFH, Urteil v. 17.6.2020 - II R 18/17, BStBl II 2021, 318, Rz 16). Ein Übergang von Anteilen an der grund­besitzenden Personen­gesell­schaft auf Gesellschafter, die länger als fünf Jahre zuvor unmittelbar oder mittelbar an ihr beteiligt sind (sog. Altgesell­schafter), reicht hingegen nicht aus (vgl. BFH, Urteil v 17.6.2020 - II R 18/17, BStBl II 2021, 318, Rz 18).

Sachverhalt: Streitig ist, ob die Über­tragung von GmbH-Anteilen und einer damit verbundenen mittel­baren Beteiligung an einer grund­besitzenden KG einen nach § 1 Abs. 2a GrEStG grund­erwerb­steuer­pflichtigen Vorgang auslöst:

Die Klägerin ist eine grundbesitzende KG. Die Betei­ligungs­verhältnisse an der Klägerin stellten sich bis zum 31.12.2016 wie folgt dar: Als Komplementär ohne Kapitalbeteiligung war u.a. T beteiligt. Als Kommandi­tisten hielten R 10 % und die R-GmbH 90 % der Anteile an der Klägerin. Allein­gesell­schafter der R-GmbH war R. Er hielt die Anteile an der R-GmbH treuh­änderisch für die in der Schweiz ansässige L-AG.

Am 13.10.2016 übertrug R mit Wirkung zum 31.12.2016 seine 100%ige Beteiligung an der R GmbH auf T. T verpflichtete sich, die Treuhänderstellung des R zu übernehmen, sodass im Anschluss T die Anteile an der R GmbH treu­händerisch für die L-AG hielt. Gleich­zeitig übertrug R mit Wirkung zum 31.12.2016 seine 10%ige Beteili­gung als Kommanditist an der Klägerin auf die M-Verwaltungs-GmbH.

Für die Klägerin als Treugeberin hielt die A AG als Treuhänderin eine 100%ige Beteiligung an der B-GmbH. Dieser nachgeordnet waren über die C-GmbH 100 % Anteile an der jeweils grundbesitzenden E-GmbH und der F-GmbH.

Das FA war der Auffassung, dass die Änderung im Gesell­schafter­bestand der Klägerin aufgrund des Übergangs der 100%igen Beteili­gung an der R-GmbH von R auf T nebst Austausch der Treuhänder hinsichtlich der Beteiligung an der grund­besitzenden Klägerin nach § 1 Abs. 2a GrEStG i.d.F. des StÄndG 2015 der Grunderwerbsteuer unterlag. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, dass T nicht als "neuer Gesellschafter" im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG anzusehen ist, da er seit mehr als fünf Jahren an der Klägerin als Komplementär beteiligt gewesen sei (sog. Altgesell­schafter). Ein Gesell­schafter, der mehr als fünf Jahre an der grund­besitzenden Personen­gesell­schaft beteiligt gewesen sei, sei kein neuer Gesell­schafter der an der Personen­gesell­schaft beteiligten Kapital­gesell­schaft, auch wenn er erstmals Anteile an der Kapitalgesellschaft erworben habe (Niedersächsisches FG, Urteil v. 10.3.2021 - 7 K 101/18).

Auf die Revision des FA hoben die Richter des Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück:

  • Entgegen der Auffassung des FG führt die Übertragung aller Anteile an der R GmbH, die zu 90 % unmittelbar an der Klägerin als Kommandi­tistin beteiligt war, von R auf T dazu, dass die R-GmbH in vollem Umfang als neue Gesell­schafterin der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 und 4 GrEStG anzusehen ist.

  • Dadurch hat sich in Verbindung mit der zeitgleichen Übertragung der 10 % Anteile an der Klägerin von R auf die M-Verwaltungs-GmbH der Gesell­schafter­bestand der Klägerin unmittelbar vollständig im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG geändert.

  • Für die Beurteilung der Frage, ob eine unmittelbar an der grund­besitzenden Personen­gesell­schaft beteiligte Kapital­gesell­schaft als neue Gesell­schafterin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG gilt, ist nur auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft abzustellen.

  • "Neue Gesellschafter" sind danach solche Personen, die zuvor nicht an der Kapital­gesell­schaft beteiligt waren. Eine zuvor schon bestehende Beteiligung eines neuen Gesell­schafters der Kapital­gesell­schaft an der grund­besitzenden Personen­gesell­schaft ist nicht ausschlaggebend.

  • Selbst wenn der neu an der Kapital­gesell­schaft beteiligte Gesellschafter vor seinem Anteils­erwerb bereits Gesell­schafter der grund­besitzenden Perso-nen­gesell­schaft war, wird er für die Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG nicht zum Altgesell­schafter der Kapital­gesell­schaft.

  • Die Gesellschafter der Kapitalgesell­schaft sind nur in Bezug auf die Kapital­gesell­schaft, an der sie beteiligt sind, Alt- oder Neugesell­schafter, nicht jedoch in Bezug auf die grund­besitzende Personen­gesell­schaft (s auch gleich lautende Erlasse der obersten Finanz­behörden der Länder v. 12.11.2018, BStBl I 2018, 1314, Tz. 5.2.3.2).

Quelle: BFH, Urteil v. 31.7.2024 - II R 28/21; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforderlich).