Online-Nachricht - Donnerstag, 19.12.2024
DSGVO | Kein Akteneinsichtsrecht nach der DSGVO (BFH)
§ 2a Abs. 5 Nr. 2 AO ordnet die entsprechende Geltung der Vorschriften der DSGVO für Informationen, die sich auf identifizierte oder identifizierbare Körperschaften beziehen, an. Die DSGVO enthält keinen Anspruch auf Akteneinsicht (BFH, Urteil v. 20.9.2024 - IX R 24/23; veröffentlicht am 19.12.2024).
Sachverhalt: Streitig ist das Bestehen eines Anspruchs auf Akteneinsicht in die bei einer Fachaufsichtsbehörde geführten Akten. Die Klägerin beantragte unter Hinweis auf Art. 15 DSGVO i.V.m. § 2a AO Akteneinsicht bei der Beklagten, einer obersten Landesbehörde. Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Anspruch auf Akteneinsicht weder nach der DSGVO noch nach der AO existiere. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil v. 21.6.2022 - 12 K 34/21).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und verpflichteten die Beklagte, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden:
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Der Klägerin erwächst kein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht aus der AO. Es ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass die AO keine Regelung enthält, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht.
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Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist ein solches Einsichtsrecht weder aus § 91 Abs. 1 AO noch aus § 364 AO beziehungsweise dem jeweils dazu ergangenen Anwendungserlass zur Abgabenordnung abzuleiten (zuletzt BFH, Urteil v. 7.5.2024 - IX R 21/22, Rz 14, m.w.N., s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 4.7.2024 mit Anmerkung Trossen sowie Carlé, NWB 28/2024 S. 1880).
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Ebenso erwächst der Klägerin weder aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG noch aus dem Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht (BFH, Urteil v. 19.3.2013 - II R 17/11, BStBl II 2013, 639, Rz 11, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 29.5.2013).
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Entsprechendes gilt für das Recht auf eine gute Verwaltung nach Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh). Adressat jenes Grundrechts sind nur Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der EU (Art. 41 Abs. 1 EUGrdRCh), nicht aber Behörden der Landesfinanzverwaltung in den EU-Mitgliedstaaten (BFH, Urteil v. 7.5.2024 - IX R 21/22, Rz 17).
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Allerdings geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung (§ 5 AO) der Behörde zusteht (vgl. BFH, Beschluss v. 5.12.2016 - VI B 37/16, Rz 3, m.w.N.). Insoweit hat der Beklagte das ihm zustehende Ermessen nicht ausgeübt.
Quelle: BFH, Urteil v. 20.9.2024 - IX R 24/23; NWB Datenbank (il)
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