Online-Nachricht - Donnerstag, 09.01.2025

Einkommensteuer | Feststel­lung der Vor­aus­setzun­gen für die Steuer­frei­heit von Sanie­rungs­erträ­gen (BFH)

Für die erfor­der­liche Fest­stel­lung der Sanie­rungs­eig­nung ent­hält das Gesetz keine feste Beweis­regel dahin­gehend, dass ein bestimm­tes Kriterium, aus dem die Sanie­rungs­eig­nung abge­leitet werden kann, unbe­dingt vor­lie­gen müsste. Wesent­liche Indi­zien für das Bestehen von Sanie­rungs­eig­nung sind u.a. das Vor­liegen eines nach­voll­zieh­baren und prüf­baren Sanie­rungs­kon­zepts oder ein rück­blickend erfolg­reicher Ab­schluss der Sanie­rung (BFH, Beschluss v. 9.8.2024 - X B 94/23; nach­träg­lich zur Veröf­fent­lichung bestimmt am 9.1.2025).

Hintergrund: Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebs­vermögens­mehrun­gen oder Betriebs­einnahmen aus einem Schulden­erlass zum Zwecke einer unter­nehmens­bezogenen Sanierung im Sinne des Abs. 2 (Sanierungs­ertrag) steuer­frei. Nach § 3a Abs. 2 liegt eine unter­nehmens­bezogene Sanierung vor, wenn der Steuer­pflichtige für den Zeit­punkt des Schulden­erlasses die Sanierungs­bedürftig­keit und die Sanierungs­fähig­keit des Unter­nehmens, die Sanierungs­eignung des betrieb­lich begründeten Schulden­erlasses und die Sanierungs­absicht der Gläubiger nachweist.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob der Gewinn aus einem im Streitjahr 2014 ausge­sprochenen Forde­rungs­verzicht eines Gläubigers die Voraus­setzungen für die Steuer­freiheit nach § 3a EStG erfüllt: Der Kläger war seit 2001 sowohl einziger Komple­mentär als auch alleiniger Treu­geber der einzigen Komman­ditistin einer KG, die zahlreiche Tank­stellen besaß. Den von ihr vertrie­benen Kraft­stoff bezog die KG von der A-AG. Nachdem die KG in wirtschaft­liche Schwierig­keiten geraten war und diverse Tank­stellen verkauft hatte, schloss sie im Streitjahr 2014 mit der A-AG in Bezug auf deren offene Forde­rungen einen Abfindungs­vergleich. Danach hatte die KG einen Abgeltungs­betrag von 50.000 € zu zahlen. Im Gegenzug stellte die A-AG ihre Zwangs­voll­streckungs­maßnahmen ein, verzichtete auf alle Sicher­heiten für ihre Ansprüche und verpflich­tete sich, die KG und den Kläger von allen even­tuellen Ansprüchen des Warenkredit­versicherers freizu­stellen. Hieraus resul­tierte bei der KG im Jahr 2014 ein Buch­gewinn von rund 3,7 Mio €.

Das FA behandelte den Buchgewinn aus dem Forde­rungs­verzicht im Einkommen­steuer- und Gewerbe­steuer­mess­bescheid 2014 als steuer­pflichtig. Der Kläger begehrte hingegen die Anwen­dung des § 3a EStG und des § 7b GewStG und beantragte die rück­wirkende Anwendung dieser Regelungen (§ 52 Abs. 4a Satz 3 EStG).

Das FG der ersten Instanz wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Nach Auffassung des FG fehle es sowohl an der von § 3a Abs. 2 EStG vorausgesetzten Sanierungs­eignung des Schulden­erlasses als auch an der Sanierungs­absicht der A-AG (Nieder­sächsisches FG, Urteil v. 25.5.2023 - 10 K 182/20).

Die Richter des BFH wiesen die Nicht­zulas­sungs­beschwerde des Klägers ab (s. hierzu Bodden, NWB 36/2024 S. 2454; zum damaligen Zeitpunkt war die Entschei­dung noch nicht zur Veröf­fent­lichung bestimmt):

  • Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestands­merkmale ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Recht­sprechungs­leitlinien zurückzugreifen (vgl. BFH, Beschluss v. 27.11.2020 - X B 63/20, BFH/NV 2021, 531, Rz 7).

  • Für die erforderliche Feststellung der Sanierungs­eignung enthält das Gesetz keine feste Beweis­regel dahingehend, dass ein bestimmtes Kriterium, aus dem die Sanierungs­eignung abgeleitet werden kann, unbedingt vorliegen müsste.

  • Wesentliche Indizien für das Bestehen von Sanierungs­eignung sind u.a. das Vorliegen eines nachvoll­ziehbaren und prüfbaren Sanierungs­konzepts oder ein rück­blickend erfolg­reicher Abschluss der Sanierung.

  • Das Tatbestandsmerkmal der "Sanierungs­absicht der Gläubiger" hat im Rahmen des § 3a Abs. 2 EStG eine eigen­ständige Relevanz (vgl. bereits BFH, Beschluss v. 27.11.2020 - X B 63/20, BFH/NV 2021, 531, Rz 9).

  • Damit wäre es unvereinbar, das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals stets bereits dann zu vermuten, wenn ein einzelner Gläubiger im Zusammen­hang mit einer Sanierung auf eine Forderung ganz oder teilweise verzichtet.

Quelle: BFH, Beschluss v. 9.8.2024 - X B 94/23; NWB Datenbank (il)

 
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