Online-Nachricht - Donnerstag, 16.01.2025

Einkommensteuer | Kein Arbeits­lohn bei schenk­weiser Über­tragung von Gesell­schafts­anteilen zur Siche­rung der Unter­nehmens­nach­folge (BFH)

Die schenk­weise Über­tragung von Geschäfts­anteilen auf leitende Mit­arbeiter zur Siche­rung der Unter­nehmens­nach­folge führt nicht ohne Weiteres zu Arbeits­lohn (BFH, Urteil v. 20.11.2024 – VI R 21/22; veröf­fent­licht am 16.1.2025).

Hintergrund: Zu den Einkünften aus nicht­selbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen -auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die "für" eine Beschäf­tigung im öffent­lichen oder privaten Dienst gewährt werden, unab­hängig davon, ob ein Rechts­anspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Sachverhalt: Die Klägerin war mehrere Jahre bei der GmbH als leitende Mitarbeiterin tätig. Die bisherigen Gesell­schafter der GmbH beschlossen zur Sicherung der Unter­nehmens­nachfolge die von ihnen gehaltenen Geschäfts­anteile auf fünf Arbeit­nehmer der GmbH schenkweise zu übertragen. Mit Schließung eines Geschäfts­anteils­über­tragungs- und Abtretungs­vertrags wurde die Klägerin neue Gesell­schafterin der GmbH. Die Über­tragung war weder an Bedingun­gen oder Beschrän­kungen noch an einen Fortbestand des Arbeits­verhält­nisses geknüpft. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außen­prüfung bei der GmbH gelangte der Prüfer zu der Auffas­sung, dass es sich bei dem unent­geltlichen Erwerb der Geschäfts­anteile der Arbeit­nehmer um einen geldwerten Vorteil und somit um Arbeitslohn handelt. Das Finanzamt erhöhte im Rahmen der Veran­lagung die Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit um einen geldwerten Vorteil.

Der hiergegen gerichteten Klage wurde stattgegeben (FG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 27.4.2022 – 3 K 161/21, s. hierzu Rätke, NWB YAAAJ-26395).

Die Richter des BFH wiesen die Revision als unbegründet zurück:

  • Ein geldwerter Vorteil liegt insbesondere im Falle der Übertragung einer Beteiligung nicht in der über­tragenen Beteiligung selbst. Er besteht vielmehr in der Verbil­ligung, also in dem Preis­nachlass (vgl. BFH, Urteil v. 14.12.2023 – VI R 1/21, BStBl II 2024, 387, Rz 22, m.w.N.). Für das Vorliegen von Arbeitslohn muss der geldwerte Vorteil für eine Beschäftigung gewährt werden also durch das individuelle Dienst­verhältnis veranlasst sein, ohne dass ihm eine Gegen­leistung für eine konkrete (einzelne) Dienst­leistung des Arbeit­nehmers zugrunde liegen muss.

  • Eine Veranlassung durch das individuelle Dienst­verhältnis ist zu bejahen, wenn der Vorteil dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienst­verhältnis zufließt und sich als Ertrag der nicht­selbständigen Arbeit darstellt (vgl. BFH, Urteil v. 1.9.2016 – VI R 67/14, BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, Rz 20, m.w.N.).

  • Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu beurteilen istobliegt in erster Linie der tatrichter­lichen Würdigung durch das FG; dies gilt auch für die Zuwendung durch einen oder an einen Dritten. Entscheidend sind die vorge­fundenen objektiven Tatumstände, die vom FG als Tatsachen­instanz eigenständig zu würdigen sind (vgl. BFH, Beschluss v. 26.6.2014 – VI R 94/13, BFHE 246, 182, BStBl II 2014, 864, Rz 23, m.w.N.).

  • Nach diesen Maßstäben hält die vom FG vorgenommene Würdigung rechtlicher Nach­prüfung stand. Die Anteilsübertragung ist nicht maßgeblich durch das Arbeits­verhältnis der Klägerin mit der GmbH veranlasst, da das entschei­dende Motiv der Über­tragung die Regelung der Unter­nehmens­nach­folge war.

  • Die schenkweise Übertragung der Anteile auf die Klägerin durch einen Dritten (die Gesell­schafter der GmbH als Arbeitgeberin) führt nicht zu Arbeitslohn, da die Anteils­über­tragung nicht als Ertrag für die in der Vergan­genheit erbrachten oder in der Zukunft zu erbringenden Dienste anzusehen ist (vgl. BFH, Urteil v. 16.2.2022 – VI R 53/18, Rz 25, m.w.N.), da die Anteils­über­tragung u.a. nicht an den Fortbestand der Arbeits­verhältnisse geknüpft war.

Quelle: BFH, Urteil v. 20.11.2024 – VI R 21/22; NWB Datenbank (lb)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VI. Senat des BFH Dr. Stephan Geserich gelangen Sie hier (Login erforderlich).