Online-Nachricht - Donnerstag, 30.01.2025
Einkommensteuer | Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind keine agB (BFH)
Aufwendungen für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio erwachsen dem Steuerpflichtigen nicht zwangsläufig und sind daher nicht nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn die Teilnahme an einem dort angebotenen, ärztlich verordneten Funktionstraining die Mitgliedschaft in dem Fitnessstudio voraussetzt (BFH, Urteil v. 21.11.2024 - VI R 1/23; veröffentlicht am 30.1.2025).
Sachverhalt: Die Klägerin ist körperlich beeinträchtigt. Zur Behandlung der zunehmend schmerzhaften Bewegungseinschränkungen sowie zur funktionellen Verbesserung und Schmerzreduktion wurde ihr im Streitjahr 2018 ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet. Die Krankenkasse der Klägerin übernahm die Kosten hierfür.
Zunächst führte die Klägerin das Training in einem sog. Kneipp Verein durch. Aufgrund der besseren Erreichbarkeit und günstigerer Trainingszeiten wechselte die Klägerin später in ein Fitnessstudio, in dem die Kurse von qualifizierten Übungsleitern mit einer gültigen Übungsleiterlizenz für den Rehabilitationssport geleitet wurden. Voraussetzung für die Teilnahme an den Kursen war allerdings, dass die Klägerin sowohl dem Kneipp Verein als auch dem Fitnessstudio als Mitglied beitrat. Zudem musste die Klägerin im Fitnessstudio ein "Grundmodul" buchen, das z.B. die Nutzung des Schwimmbads für Aqua-Fitnesskurse und des Saunabereichs eröffnete. Die hierfür anfallenden Kosten übernahm die Krankenkasse nicht. Die Klägerin machte die Mitgliedsbeiträge, die Kosten für das Grundmodul sowie Fahrtkosten zu den Kursen als agB geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil v. 14.12.2022 - 9 K 17/21, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 19.1.2023).
Die Richter des BFH wiesen die weitergehende Klage auf Anerkennung der Kosten des Mitgliedsbeitrags für das Fitnessstudio und das Grundmodul als agB ab:
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen (z.B. BFH, Urteil v. 29.2.2024 - VI R 2/22, BStBl II 2024, 514, Rz 12, m.w.N.).
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Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und das Grundmodul nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Die dahingehenden Aufwendungen sind der Klägerin nicht zwangsläufig entstanden.
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Es handelt sich hierbei insbesondere nicht um tatsächlich zwangsläufig entstandene Krankheitskosten, sondern um Kosten für vorbeugende oder der Gesundheit ganz allgemein dienende Maßnahmen, die nicht gezielt der Heilung oder Linderung von Krankheiten dienen.
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Denn das mit der Mitgliedschaft im Fitnessstudio und dem Grundmodul einhergehende Leistungsangebot wird nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten.
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Es handelt sich insoweit um Aufwand, der nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG entsteht, sondern auf einer freien Willensentschließung beruht und deshalb gem. § 12 Nr. 1 EStG den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen ist (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 19.11.2015 - VI R 45/14, Rz 13 und BFH, Urteil v. 3.12.1998 - III R 5/98, BStBl II 1999, 227).
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Die Aufwendungen sind der Klägerin auch nicht deshalb zwangsläufig erwachsen, weil sie dem Fitnessstudio als Mitglied beitreten und das Grundmodul buchen musste, um an dem medizinisch indizierten Funktionstraining teilnehmen zu können.
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Denn die Entscheidung, für ein ärztlich verordnetes Funktionstraining einem Fitnessstudio beizutreten, ist in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens. Daher können weder die "Verknüpfung" von Mitgliedschaft im Fitnessstudio, Zusatzmodul und Funktionstraining noch die von der Klägerin vorgebrachten Praktikabilitätserwägungen (Fahrt- und Parkkostenersparnis, Kurse auch unter der Woche, Nachholung ausgefallener Kurse), die die Klägerin bewogen haben, den Kursanbieter zu wechseln, eine steuererhebliche Zwangsläufigkeit begründen.
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Zudem steht dem Abzug der Kosten für das Fitnessstudio und dem Grundmodul als agB der Umstand entgegen, dass die Klägerin hierdurch die Möglichkeit erhält, das dahingehende Leistungsangebot - jenseits des medizinisch indizierten Funktionstrainings - des Studios, wie die Nutzung der Sauna und des Schwimmbads für (andere nicht verordnete) Aqua-Fitnesskurse, zu nutzen. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin von diesen Nutzungsmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht hat.
Quelle: BFH, Urteil v. 21.11.2024 - VI R 1/23; NWB Datenbank (il)
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