Online-Nachricht - Donnerstag, 06.02.2025

Einkommensteuer | Entgelt für die dritt­nützige Ver­pfändung eines Bank­guthabens und die Einräumung eines Abruf­darlehens (BFH)

Bei einer entgelt­lichen dritt­nützigen Ver­pfändung eines Bank­gut­habens erzielt der Siche­rungs­geber als Ver­trags­partner des Siche­rungs­bestel­lers Ein­künfte aus Leistun­gen (§ 22 Nr. 3 EStG) und keine Kapital­einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Einkünfte aus Leistun­gen gemäß § 22 Nr. 3 EStG erzielt auch, wer einem anderen ein (nicht in Anspruch genommenes) Abruf­darlehen für einen bestimm­ten Zeit­raum einräumt und hierfür eine Pauschal­vergütung erhält (BFH, Urteil v. 22.10.2024 - VIII R 7/23; veröf­fent­licht am 6.2.2025).

Hintergrund: Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapital­vermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapital­vermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG unab­hängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.

Sachverhalt: Streitig ist, ob die entgelt­liche Gestellung von Sicher­heiten zu Einnahmen aus Kapital­vermögen oder zu sonstigen Einkünften führt: Die Kläger vereinbarten im Jahr 2015 die Gestellung von Sicher­heiten für die N-GmbH für die Durchführung eines Bauvorhabens. Die Kläger gestatteten der N-GmbH, der X-Bank (sicherungs­nehmende Bank) ein Bankgut­haben der Klägerin bei der Y-Bank (konto­führende Bank) in Höhe von 200.000 € für circa zwei Jahre als Sicherheit zu stellen. Des Weiteren vereinbarten die Kläger mit der N-GmbH, dass diese einen Girokredit bis zur Höhe von 250.000 € in beliebigen Teilbeträgen abrufen könne. Als Gesamtentgelt wurde ein Betrag von 50.000 € vereinbart. Das Entgelt war nach Abschluss des Bauvor­habens sowie der Rechnungs­stellung durch die Kläger von der N-GmbH zu zahlen. Die Kläger waren und sind an der N-GmbH nicht beteiligt.

In Vollzug der Sicher­heiten­gestellung verpfändete die Klägerin das ihr zustehende Guthaben bei der konto­führenden Bank in Höhe von 200.000 € an die sicherungs­nehmende Bank. Nach Freigabe des verpfändeten Betrags durch die sicherungs­nehmende Bank stellte der Kläger im Februar 2017 der N-GmbH "für die zur Verfügungs­stellung von Sicherheiten in Höhe von 450.000 €" eine Rechnung über 50.000 € aus, die ebenfalls noch im Februar 2017 beglichen wurde. Den von den Klägern eingeräumten Girokredit hatte die N-GmbH während der Laufzeit nicht in Anspruch genommen.

In ihrer Einkommen­steuer­erklärung für das Streitjahr 2017 erklärten die Kläger gemäß § 32d Abs. 3 in der im Streitjahr anzu­wendenden Fassung des Einkommensteuergesetzes (EStG) das Entgelt als Einkünfte des Klägers aus Kapital­vermögen, die dem gesonderten Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen. Das FA folgte dem nicht und unter­warf das Entgelt als Einnahme aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG der Besteue­rung. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: FG Münster, Urteil v. 29.12.2021 - 8 K 592/20 E; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.4.2023).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Der von der N-GmbH erhaltene Betrag in Höhe von 50.000 € gehört nicht zu den Einkünften des Klägers aus Kapital­vermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

  • Soweit die Kläger im Interesse der N-GmbH das Bankguthaben der Klägerin an die sicherungs­nehmende Bank verpfändet haben, haben sie der N-GmbH kein Kapital­vermögen zur Nutzung überlassen.

  • In der drittnützigen Verpfändung eines Bankgut­habens an die sicherungs­nehmende Bank (Pfandgläubigerin) liegt bis zum Eintritt des Sicherungsfalls auch bei wirtschaft­licher Betrachtung noch nicht die Über­lassung von Geldvermögen zur Nutzung an die Sicherungs­bestellerin und an die Pfandgläubigerin vor.

  • Gegen die Annahme einer Überlassung von Kapital spricht im Fall der Verpfändung aber die zivilrecht­liche Rechtslage. Die Verpfändung eines Rechts oder Anspruchs führt zivilrechtlich dazu, dass das verpfändete Recht (hier: die Forderung) mit einem beschränkt-dinglichen Recht belastet wird, auf das der Pfandgläubiger im Sicherungsfall zugreifen darf, um sich Befriedigung zu verschaffen. Bis zum Eintritt des Sicherungs­falls bleibt das verpfändete Recht, vorbehaltlich gesetzlicher Beschrän­kungen zugunsten des Pfandgläubigers, beim Verpfänder (Staudinger/Wiegand (2019) BGB, § 1274 Rz 20). Selbst mit dem Eintritt des Sicherungs­falls erlangt der Pfand­gläubiger nicht das Vollrecht, sondern nur das Verwertungsrecht.

  • Auch in wirtschaftlicher Hinsicht liegt in der drittnützigen Verpfändung einer Geldforderung weder im Verhältnis zum Pfand­gläubiger noch im Verhältnis zum Sicherungsbesteller eine Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung vor. Das Absicherungs­potential der Forderung bildet lediglich einen Ausschnitt aus den vielfältigen Nutzungs­möglich­keiten des Kapitals.

  • Soweit das Entgelt für die Einräumung des von der N-GmbH nicht in Anspruch genommen Abruf­darlehens gezahlt worden ist, handelt es sich ebenfalls nicht um einen Ertrag aus der Kapital­forderung für die Überlassung von Kapital.

  • Der von der N-GmbH erhaltene Betrag in Höhe von 50.000 € gehört vielmehr zu den Einkünften des Klägers aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG. Der Anwendung von § 22 Nr. 3 EStG steht auch nicht die Subsidiarität der Vorschrift entgegen. Die in § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG aufgeführten vorrangigen Normen sind im Streitfall nicht einschlägig.

Quelle: BFH, Urteil v. 22.10.2024 - VIII R 7/23; NWB Datenbank (il)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im VIII. Senat des BFH Dr. Christian Levedag gelangen Sie hier (Login erforderlich).