Online-Nachricht - Donnerstag, 06.02.2025
Einkommensteuer | Änderung der Gewinnermittlungsart (BFH)
Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht. Der Abschluss ist in dem Zeitpunkt erstellt, in dem der Steuerpflichtige ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht. Der Steuerpflichtige bleibt für den betreffenden Gewinnermittlungszeitraum an die einmal getroffene Wahl gebunden, es sei denn, er legt eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den Wechsel dar (BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 1/23; veröffentlicht am 6.2.2025).
Sachverhalt: Streitig ist, ob es einem Steuerpflichtigen möglich ist, auch nach Bestandskraft der Ursprungsveranlagung im Rahmen der gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einsprüche sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart neu auszuüben, um Mehrergebnisse aus einer Betriebsprüfung zu glätten: Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR). Im Jahr 2012 stellte er die Gewinnermittlung auf den Betriebsvermögensvergleich um. Für das Streitjahr 2016 reichte der Kläger beim FA zusammen mit seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Gewerbesteuererklärung eine auf den 31.12.2016 erstellte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ein. Der danach ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb betrug rund 21.000 €.
Das FA folgte der Erklärung. Es stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 21.000 € gesondert fest und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0 € fest. Beide Bescheide standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Einsprüche gegen die Bescheide legte der Kläger nicht ein.
Nach einer Außenprüfung änderte das FA den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und stellte einen Gewinn für das Streitjahr in Höhe von rund 33.500 € fest. Den Gewerbesteuermessbescheid änderte das FA nach § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 311 € fest.
Der Kläger reichte dagegen Einspruch ein und legte zur Begründung eine geänderte Gewinnermittlung in Form einer EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG für 2016 nebst Übergangsgewinnermittlung auf den 1.1.2016 vor. Aus dieser ergab sich ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von rund 22.000 €.
Das FA wies die Einsprüche zurück. Der Kläger habe sein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Gewinnermittlung mit Einrichtung der entsprechenden Buchführung ausgeübt und sei nach Eintritt der Bestandskraft der Bescheide nicht mehr berechtigt gewesen, die Wahl zu ändern.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (Thüringer FG, Urteil v. 31.8.2022 - 4 K 599/21).
Die Richter des BFH dagegen wiesen die Klage ab:
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Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Kläger seine Gewinnermittlungsart für das Streitjahr ändern konnte.
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Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist der gesetzessystematische Regelfall. Die Gewinnermittlung durch EÜR kommt nur bei Erfüllung der in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen in Betracht.
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Der Kläger hat im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung durch EÜR nicht mehr erfüllt, weil er durch die Aufstellung des Jahresabschlusses sein Wahlrecht bereits ausgeübt hatte. Nach der Erstellung des Jahresabschlusses kommt Wahl der EÜR grundsätzlich nicht mehr in Betracht (u.a. BFH, Urteil v. 19.10.2005 - XI R 4/04, BStBl II 2006, 509, unter II.1.; BFH, Urteil v. 20.4.2021 - IV R 3/20, BStBl II 2023, 703, Rz 60).
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Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht. Der Abschluss ist in dem Zeitpunkt erstellt, in dem der Steuerpflichtige ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht.
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Der Steuerpflichtige bleibt für den betreffenden Gewinnermittlungszeitraum - aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung - an die einmal getroffene Wahl gebunden, es sei denn, er legt eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund für den Wechsel dar (BFH, Urteile v. 9.11.2000 - IV R 18/00, BStBl II 2001, 102, unter 2.c bb und v. 2.6.2016 - IV R 39/13, BStBl II 2017, 154, Rz 27).
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Vorliegend hat der Kläger keinen vernünftigen wirtschaftlichen Grund dargelegt, der es rechtfertigen könnte, die einmal gewählte Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich für dasselbe Jahr wieder zu ändern. Allein der Umstand, dass der Kläger durch den Wechsel zur EÜR eine Gewinnerhöhung infolge der Außenprüfung "glätten" wollte, reicht hierfür nicht aus.
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§ 177 Abs. 1 AO enthält keine selbständige Rechtfertigung, die getroffene Wahl der Gewinnermittlungsart zu ändern.
Quelle: BFH, Urteil v. 27.11.2024 - X R 1/23; NWB Datenbank (il)
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