Online-Nachricht - Donnerstag, 06.02.2025
Einkommensteuer | Rechtsträgerübergreifende Übertragung stiller Reserven auf die Ermittlung des Kapitalkontos bei der übernehmenden Personengesellschaft (BFH)
Die gesellschafterbezogene und rechtsträgerübergreifende Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG führt durch die (erfolgsneutrale) Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts bei der übernehmenden Personengesellschaft dazu, dass sich das Kapitalkonto i.S.v. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe der übertragenen stillen Reserven reduziert (BFH, Urteil v. 12.12.2024 - IV R 24/22; veröffentlicht am 6.2.2025).
Hintergrund: § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt, dass der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden darf, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht; er darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Der nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge (verrechenbarer Verlust), ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG). Ausgangsgröße für die Feststellung des verrechenbaren Verlustes eines Kommanditisten nach § 15a Abs. 4 EStG ist jeweils der verrechenbare Verlust des Vorjahres (§ 15a Abs. 4 Satz 2 EStG). Diesem Ausgangsbetrag wird der nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust des Kommanditisten aus dem laufenden Jahr hinzugerechnet.
Sachverhalt: Streitig ist, ob im Zusammenhang mit der Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG für einen Kommanditisten eingerichtetes Sonderkonto Bestandteil seines Kapitalkontos im Sinne von § 15a EStG ist (Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.7.2022 – 12 K 33/18).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
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Der im Streitjahr anteilig dem Kläger zuzurechnende Gesamthandsverlust unterfällt der Verlustverwertungsbeschränkung nach § 15a Abs. 1 und Abs. 4 EStG, da dieser ein negatives Kapitalkonto des Klägers i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG erhöhte. Bei der Ermittlung des Kapitalkontos des Klägers hat das FG zutreffend berücksichtigt, dass die Übertragung der stillen Reserven von der A GbR auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks der I KG bei dieser zu einer Minderung des Kapitalkontos des Klägers geführt hat.
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Bei der Bestimmung des Kapitalkontos des Kommanditisten i.S.d.§ 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung neben der Gesamthandsbilanz auch die Ergänzungsbilanz zu berücksichtigen, in der regelmäßig der Mehr- oder Minderaufwand eines Gesellschafters gegenüber dem in der Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Aufwand abgebildet wird.
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Danach führen nicht nur Einlagen oder Entnahmen zu einer Veränderung des steuerlichen Kapitalkontos im Sinne des § 15a EStG, sondern auch der in der Steuerbilanz erfasste Mehr- oder Minderaufwand eines Gesellschafters.
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Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG zutreffend angenommen, dass die kapitalmindernde Wirkung der Übertragung von stillen Reserven, für die eine § 6b EStG-Rücklage gebildet worden ist, bei der Ermittlung des für den Kläger bei der I KG geführten Kapitalkontos i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.
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Die Übertragung der stillen Reserven in den Jahren 2001 und 2002 auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Grundstücks A und des darauf errichteten Gebäudes führte zu einer Kapitalminderung in der Steuerbilanz der I KG, da in dieser Höhe ein Betrag von den Anschaffungskosten des Grund und Bodens sowie von den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes abgezogen worden ist.
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Die aus einer § 6b EStG-Rücklage auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Reinvestitionswirtschaftsguts einer anderen Personengesellschaft übertragenen stillen Reserven stellen bei dieser nichts anderes als gesellschafterbezogene Minderanschaffungskosten dar, die zwangsläufig das dort geführte steuerliche Kapitalkonto reduzieren.
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Die nach § 6b EStG übertragenen stillen Reserven sind nicht (erhöhend) bei der Berechnung des Kapitalkontos i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Die Nichtberücksichtigung von stillen Reserven gilt, wie der Senat bereits mit seinem Urteil v. 18.5.2017 - IV R 36/14 (BFHE 258, 135, BStBl II 2017, 905) zu erkennen gegeben hat, nicht nur für im Betriebsvermögen gebildete und nicht aufgedeckte stille Reserven, sondern auch für aufgedeckte und nach § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG wieder abgezogene stille Reserven.
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Die (einmalige) Erfassung des Minderkapitals auf einem Sonderkonto bei der Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG rechtfertigt es nicht, ausnahmsweise stille Reserven für Zwecke der Ermittlung des Kapitalkontos nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG "außerbilanziell" hinzuzurechnen.
Quelle: BFH, Urteil v. 12.12.2024 - IV R 24/22; NWB Datenbank (lb)
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