Online-Nachricht - Donnerstag, 06.02.2025
Bewertungsrecht | Ableitung des gemeinen Werts von Kapitalgesellschaftsanteilen aus Verkäufen und Berücksichtigung eines Holdingabschlags (BFH)
Bei der Bewertung eines nicht börsennotierten Anteils an einer Kapitalgesellschaft für Zwecke der Schenkungsteuer kann ein pauschaler Holdingabschlag nicht abgezogen werden (BFH, Urteil v. 25.9.2024 - II R 49/22; veröffentlicht am 6.2.2025).
Hintergrund: Nach § 12 Abs. 2 ErbStG sind Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert anzusetzen. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG ist der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. d. § 11 Abs. 2 BewG gesondert festzustellen (§ 179 AO). Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallen, da sie am Stichtag nicht an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so erfolgt die Bewertung der Anteile nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG darf die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft nicht unterschritten werden.
Sachverhalt: Im Streitfall schenkte der Vater seinen Kindern Anteile an der Klägerin, einer Familienholding-Gesellschaft. Den Wert der Anteile für Zwecke der Schenkungsteuer ermittelte die Klägerin dadurch, dass sie als Grundlage über 60 Verkäufe anderer Geschäftsanteile aus einem Zeitraum von 12 Monaten vor der Schenkung heranzog. Die Verkäufe hatten überwiegend zwischen (entfernter verwandten) Familienangehörigen stattgefunden. Die Kaufpreise richteten sich nach dem durch die Steuerabteilung der Klägerin ermittelten Substanzwert ("Net Asset Value") des Unternehmens. Davon wurde ein pauschaler Abschlag von 20 % vorgenommen. Das Finanzamt erkannte zwar die Wertermittlung nach dem Substanzwertverfahren an, ließ aber den Holding-Abschlag nicht zum Abzug zu.
Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil v. 2.11.2022 – 4 K 1832/20 F).
Die Richter des BFH gaben in der Revision dem Finanzamt Recht und beließen es bei der Bewertung mit dem Substanzwert ohne Holdingabschlag:
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Entgegen der Auffassung des FG kann der Wert der geschenkten Anteile nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten abgeleitet werden, da die Preisbildung nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr - Stichwort "Freier Markt" - stattgefunden hatte.
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Danach ist der durch die Steuerabteilung der Klägerin ermittelte Substanzwert anzusetzen.
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Zudem kann entgegen der Auffassung des FG der Holding-Abschlag nicht angesetzt werden. Bei dem vorgenommenen pauschalen Holdingabschlag handelt es sich um einen preisbildenden Faktor, der mit der Beschaffenheit der Anteile selbst nichts zu tun hat. Dieser wurde im Streitfall rein empirisch und deshalb zu pauschal durch die Klägerin ermittelt.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH müssen zur Ermittlung des gemeinen Werts vorgenommene Abschläge objektiv und konkret auf das jeweilige Bewertungsobjekt angesetzt werden. Im Streitfall bezog sich der Abschlag nicht auf die jeweils verkauften Anteile, sondern blieb pauschal in Höhe von 20 % über einen langen Zeitraum unverändert.
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Zudem sollte er nach Darstellung der Klägerin hauptsächlich die Tatsache abbilden, dass Holding-Anteile aufgrund ihrer internen Beschränkungen schwerer zu verkaufen seien als andere Gesellschaftsanteile.
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Dabei handelt es sich aber um "persönliche Verhältnisse", die nach § 9 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Bewertungsgesetz bei der Bewertung für Zwecke der Schenkungsteuer nicht berücksichtigt werden dürfen.
Quelle: BFH, Urteil v. 25.9.2024 – II R 49/22; NWB Datenbank (lb)
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