Online-Nachricht - Donnerstag, 20.02.2025
Umsatzsteuer | Bemessungsgrundlage im Falle strafrechtlicher Einziehung von Taterträgen (BFH)
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur steuerrechtlichen Behandlung strafrechtlich eingezogener Tatentgelte ist umsatzsteuerrechtlich die Bemessungsgrundlage von in strafrechtlicher Hinsicht betroffenen Umsätzen im Wege einer teleologischen Reduktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG auf den um die eingezogenen Beträge geminderten Betrag zu reduzieren. Eine festgesetzte Steuer ist im Zeitpunkt der erfolgreichen Einziehung entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen (BFH, Urteil v. 25.9.2024 - XI R 6/23; veröffentlicht am 20.2.2025).
Sachverhalt: Der Kläger hatte als Diplom-Ingenieur nachhaltig und ohne Anweisung seines jeweiligen Vorgesetzten beziehungsweise Arbeitgebers für Auftragserteilungen von beauftragten Unternehmen kostenlose Leistungen, überwiegend für den privaten Hausbau, erhalten. Dafür wurde er vom Landgericht wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Zusätzlich wurden die Bestechungsgelder auf gerichtliche Anordnung nach §§ 73 ff. StGB eingezogen. Das FA behandelte die "Schmiergeldzahlungen" bzw. die Zuwendungen durch die beauftragten Unternehmen als Entgelte für steuerpflichtige Leistungen und unterwarf sie der Umsatzsteuer. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen an die Landesjustizkasse hinsichtlich der eingezogenen Bestechungsgelder minderten aber nach Ansicht des FA und des FG der ersten Instanz (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.3.2023 - 2 K 2150/21) nicht die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.
Die Richter des BFH folgten dem nicht, hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
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Zwar sind die Bestechungsgelder - obgleich es sich um illegale Zahlungen handelt - neben den sonstigen, dem Kläger für seine Dienstleistungen gewährten Entgelten umsatzsteuerrelevant.
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Jedoch mindern die eingezogenen Beträge die steuerliche Bemessungsgrundlage.
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Nach der Rechtsprechung des BVerfG und des EuGH ist eine Verminderung in diesen Fällen geboten, da ansonsten der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) verletzt wäre. Denn es käme zu einer unzulässigen Doppelbelastung des Täters:
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Zum einen würde der durch die strafbare Handlung erlangte wirtschaftliche Vorteil durch die strafrechtliche Einziehung der Bestechungsgelder abgeschöpft, und zum anderen würden die Bestechungsgelder im selben Umfang der Umsatzsteuer unterworfen.
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Dabei spielt es keine Rolle, dass der strafrechtlich eingezogene Betrag in der Staatskasse verbleibt und nicht an den leistenden Unternehmer zurückgezahlt wird.
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Auch eines Verweises auf das Billigkeitsverfahrens, dessen Zulässigkeit im Umsatzsteuerrecht ohnehin unionsrechtlich zweifelhaft ist, bedarf es nicht.
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Im zweiten Rechtsgang wird das FG weitere Feststellungen zu den vom Kläger hinsichtlich der angeordneten Einziehung geleisteten Zahlungen zu treffen haben.
Quelle: BFH, Pressemitteilung v. 20.2.2025 zu BFH, Urteil v. 25.9.2024 - XI R 6/23 sowie NWB Datenbank (il)
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