Online-Nachricht - Donnerstag, 20.02.2025

Umsatzsteuer | Flugunter­richt ist kein Schul- oder Hoch­schul­unter­richt (BFH)

Der Begriff „Schul- und Hoch­schul­unter­richt“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL um­fasst nicht die Ertei­lung von Flug­unter­richt (BFH, Urteil v. 13.11.2024 - XI R 31/22; veröf­fent­licht am 20.2.2025).

Hintergrund: Steuerfrei sind Vorträge, Kurse und andere Veran­staltun­gen wissen­schaft­licher oder beleh­render Art, die von juristischen Perso­nen des öffent­lichen Rechts, von Verwal­tungs- und Wirt­schafts­akademien, von Volks­hoch­schulen oder von Einrich­tungen, die gemein­nützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufs­verbandes dienen, durch­geführt werden, wenn die Einnahmen über­wiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden, § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG.

Sachverhalt: Streitig ist, ob der Kläger, eine gemein­nützige Flugschule, die Umsatz­steuer aus dem Erwerb eines Flugzeugs sowie die laufenden Kosten für das Flugzeug als Vorsteuer abziehen kann. Finanzamt und Finanz­gericht der ersten Instanz versagten einen Vorsteuer­abzug, da der Flugunterricht steuerfrei sei (FG Baden-Württem­berg vom 24.6.2021 1 K 3047/19).

Auf die Revision des Klägers hoben die Richter des BFH das Urteil auf und wiesen die Sache zur ander­weitigen Verhand­lung und Entscheidung zurück:

  • Der Vorsteuerabzug ist weder nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausge­schlossen noch nach § 15a UStG zu berichtigen. Denn der Flugunterricht ist - anders als das FA und das FG meinen - steuerpflichtig.

  • Nach ständiger Rechtsprechung ist § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL richt­linien­konform auszulegen, wonach nur solche Veranstaltungen von der Steuer zu befreien sind, die als Schul- und Hochschul­unter­richt sowie als Aus- und Fortbildung oder berufliche Umschulung anzusehen sind.

  • Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend der Flugunter­richt nicht als "Schul- oder Hochschul­unter­richt" nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei.

  • Der Begriff des Schul- und Hochschul­unter­richts verweist allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kennt­nissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und viel­fältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Speziali­sierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen" (EuGH, Urteil v. 14.3.2019 -C-449/17 "A & G Fahrschul-Akademie", EuGH, Urteil v. 21.10.2021 - C-373/19 "Dubrovin & Tröger - Aquatics" sowie EuGH, Beschluss v. 7.10.2019 - C-47/19 "Finanzamt Hamburg-Barmbek-Uhlenhorst"). Als spezialisierter Unterricht sind daher z.B. Fahr­schul­unter­richt, Surf- und Segel­unter­richt oder Schwimm­unter­richt nicht erfasst.

  • Gleiches gilt für den Flugunter­richt, der ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht ist, der die Fähigkeit vermittelt, ein Fahrzeug (hier: Luftfahr­zeug, § 1 Abs. 2 des Luft­verkehrs­gesetzes) zu führen.

  • Der Flugunterricht ist auch nicht als Aus- oder Fortbildung oder als berufliche Umschulung steuerfrei, da vorliegend ein direkter Bezug der Flugaus­bildung zu einem Gewerbe oder einem Beruf nicht gegeben ist.

  • Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG liegen eben­falls nicht vor. Es fehlt bereits an dem Tat­bestands­merkmal der „Veranstaltung“.

  • Die Sache war zurückzuweisen. Im zweiten Rechtsgang wird das FG u.a. die Höhe der vom Kläger begehrten abzieh­baren Vorsteuer­beträge zu prüfen haben.

Quelle: BFH, Urteil v. 13.11.2024 - XI R 31/22; NWB Datenbank (il)

 
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