Online-Nachricht - Donnerstag, 20.02.2025

Grunderwerb­steuer | Steuer­begünsti­gung nach § 6a GrEStG bei Aus­gliede­rung eines Einzel­unter­nehmens auf eine neu gegrün­dete Kapital­gesell­schaft (BFH)

Die Ausgliederung eines Einzel­unter­nehmens auf eine zu diesem Zweck neu gegrün­dete Kapital­gesell­schaft kann nach § 6a GrEStG steuer­begüns­tigt sein (BFH, Urteil v. 25.9.2024 - II R 2/22; veröf­fent­licht am 20.2.2025).

Hintergrund: Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögens­über­tragung. Die Nicht­erhebung der Steuer setzt weiter voraus, dass an dem Umwand­lungs­vorgang ausschließlich ein herr­schendes Unter­nehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesell­schaften oder mehrere von einem herr­schenden Unter­nehmen abhängige Gesell­schaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesell­schaft, an deren Kapital oder Gesell­schafts­vermögen das herr­schende Unter­nehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechts­vorgang und fünf Jahren nach dem Rechts­vorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittel­bar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleinige Gesell­schafterin und Geschäftsführerin Eigentümerin eines inländischen Grundstücks war. Das Grundstück befand sich im Betriebs­vermögen ihres Einzel­unter­nehmens. Das Einzel­unter­nehmen übertrug im Jahr 2018 im Wege der Aus­gliederung sein Vermögen als Ganzes auf die zeitgleich neu gegründete Klägerin. Daraufhin setzte das Finanzamt Grund­erwerb­steuer gegen­über der Klägerin fest.

Die hiergegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg (Sächsisches FG, Urteil v. 30.6.2021 – 2 K 121/21, s. hierzu Wischott/Graessner, NWB 7/2022 S. 434). Nach Ansicht des FG unterlag zwar der durch die Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an dem Grundstück von dem Einzelunternehmen auf die Klägerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG in der im Streitjahr geltenden Fassung der Grund­erwerb­steuer. Allerdings seien die Voraussetzungen für die Steuer­befreiung nach § 6a GrEStG erfüllt gewesen. Dagegen richtete sich die Revision des FA. Seiner Ansicht nach ist die Ausgliederung des Unter­nehmens eines Einzelkaufmanns auf eine neu gegründete Gesellschaft nicht nach § 6a GrEStG begünstigt, weil kein Konzern­sachverhalt vorliege. § 6a GrEStG sei auf Vorgänge innerhalb eines bestehenden Konzerns beschränkt.

Die Richter des BFH wiesen die Revision als unbe­gründet zurück:

  • Der durch die Ausgliederung bewirkte Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grund­erwerb­steuer. Es handelt sich somit um einen Umwand­lungs­vorgang i.S.d. § 6a Satz 1 GrEStG.

  • Der BFH hat bereits entschieden, dass auch Umwand­lungs­vorgänge zwischen einem Allein­gesell­schafter und der von ihm beherr­schten Kapital­gesell­schaft von § 6a GrEStG erfasst sind. Der Allein­gesell­schafter einer Kapital­gesell­schaft kann herr­schendes Unter­nehmen i.S.d. § 6a GrEStG sein (vgl. BFH, Urteil v. 21.8.2019 - II R 15/19 (II R 50/13), BFHE 266, 326, BStBl II 2020, 329, Rz 21).

  • Kann die Vorbehaltens­frist des § 6a Satz 4 GrEStG umwandlungsbedingt nicht eingehalten werden, steht dies der Begünstigung nicht entgegen.

  • Die Nachbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG muss insoweit eingehalten werden, als der nach Erlöschen des Einzel­unter­nehmens als Alleingesellschafter an der Kapital­gesell­schaft beteiligte (frühere) Einzel­kaufmann diese Beteiligung in Höhe von mindestens 95 % über weitere fünf Jahre halten muss.

  • § 6a Satz 4 GrEStG ist nach der Recht­sprechung des BFH dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwand­lungs­vorgangs auch eingehalten werden können. Die Vorbehaltens­frist muss bei der Abspaltung oder Aus­gliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuer­begünsti­gung zu erlangen. Denn eine vor der Umwandlung nicht existente Gesell­schaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraus­setzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen (vgl. BFH, Urteil v. 21.8.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BFHE 266, 335, BStBl II 2020, 333, Rz 25).

  • Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass die Grund­erwerb­steuer dem Grunde nach im Streitfall nach § 6a GrEStG nicht zu erheben ist. Die Voraussetzungen für die Steuer­begünstigung sind erfüllt.

  • An dem Umwandlungsvorgang sind, wie § 6a Satz 3 GrEStG voraussetzt, das Einzelunternehmen als herrschendes Unternehmen und die Klägerin als abhängige Gesellschaft beteiligt. Unerheblich für die Anwendung des § 6a GrEStG ist der Umstand, dass das Abhängig­keits­verhältnis zwischen dem Einzel­unter­nehmen und, nach dessen Erlöschen, zwischen der Klägerin und ihrer Allein­gesell­schafterin erst durch den Umwandlungsvorgang begründet wurde.

  • § 6a Satz 4 GrEStG schließt die Steuer­begünstigung nicht aus. Zwar waren weder das Einzelunternehmen noch die Gesell­schafterin als Alleingesellschafterin vor dem Umwand­lungs­vorgang fünf Jahre zu mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt. Dies ist jedoch uner­heblich, da beide aus Rechts­gründen vor dem Umwand­lungs­vorgang nicht an der Klägerin beteiligt sein konnten, da sie erst aufgrund des Umwand­lungs­vorgangs entstanden ist. Nach dem Umwand­lungs­vorgang war die Allein­gesell­schafterin an der Klägerin zu 100 % beteiligt.

Quelle: BFH, Urteil v. 25.9.2024 - II R 2/22; NWB Datenbank (lb)

 
Zur Online-Nachricht mit Anmerkung von Richter im II. Senat des BFH Prof. Dr. Matthias Loose gelangen Sie hier (Login erforderlich).